Versicherer: Leichtes Beitragsplus und verhaltener Optimismus

Anzugträger mit Koffer vor Sonnenaufgang

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Die deutsche Versicherungswirtschaft hat sich im vergangenen Geschäftsjahr gut behauptet und blickt verhalten optimistisch auf das laufende Jahr 2024. Die Versicherer verbuchten 2023 über alle Sparten hinweg ein leichtes Beitragsplus von 0,6 Prozent auf 224,7 Milliarden Euro. Für dieses Jahr erwartet der Sektor vor dem Hintergrund steigender Nominallöhne und nachlassender Inflation ein Beitragswachstum von 3,8 Prozent.

„Bedenkt man die schwierigen Rahmenbedingungen wie die globalen Unsicherheiten, können wir mit dem Ergebnis von 2023 durchaus zufrieden sein“, sagte GDV-Präsident Norbert Rollinger auf der Jahresmedienkonferenz des Verbandes. „Für das aktuelle Geschäftsjahr sind wir sogar etwas optimistischer.“

Besseres Umfeld für Lebensversicherung erwartet

Das Geschäft mit Lebensversicherungen wurde 2023 durch die schwierige gesamtwirtschaftliche Lage sowie die schwache Entwicklung der realen Löhne und der damit einhergehenden Konsumzurückhaltung belastet. Vor allem das Einmalbeitragsgeschäft war davon betroffen. Die laufenden Beiträge entwickelten sich robust. Insgesamt gingen die Beitragseinnahmen bei den Lebensversicherern um 5,2 Prozent auf 92,0 Milliarden Euro zurück. 

Im laufenden Jahr erwartet der Verband ein besseres Umfeld für die Lebensversicherung. „Die höheren Zinsen verbessern die Ertragskraft der Unternehmen, die steigende Überschussbeteiligung erhöht die Attraktivität der Produkte und die realen Einkommen dürften weiter anziehen, während die Inflation abnimmt“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Gleichzeitig sei davon auszugehen, dass die Zentralbanken ihre Zinsen zumindest bis Mitte des Jahres auf dem derzeitigen Niveau belassen, womit kurzfristige Anlagen attraktiv gegenüber langfristigen Anlagen wie Rentenversicherungen blieben. 

„Unterm Strich erwarten wir für 2024 ein Ende des Rückgangs und eine stabile Beitragsentwicklung“, so Asmussen. Die Beitragseinnahmen dürften insgesamt bei 91,8 Milliarden Euro liegen. Das ergibt einen sehr leichten Rückgang um 0,2 Prozent. 

Beitragswachstum in der Schaden- und Unfallversicherung

In der Schaden- und Unfallversicherung war das zurückliegende Jahr geprägt von nachgelagerten Anpassungen an Schadensaufwendungen wie zum Beispiel Baukosten oder gestiegene Preise für Autoreparaturen. Zwar verbuchte die Sparte ein Beitragswachstum von 6,7 Prozent auf 84,5 Milliarden Euro. Aber der Schadenaufwand legte mit 12,7 Prozent deutlich stärker zu als die Beitragsentwicklung.

Allein in der Kfz-Versicherung ergibt sich durch die gestiegenen Preise ein versicherungstechnischer Verlust von rund 2,9 Milliarden Euro. „Jedem eingenommenen Euro standen Ausgaben von 1,10 Euro gegenüber“, so Rollinger. Insgesamt ging der versicherungstechnische Gewinn der Sparte um mehr als die Hälfte auf rund 1,5 Milliarden Euro zurück. 

Für dieses Jahr prognostiziert der GDV in der Schaden- und Unfallversicherung Beitragszuwächse von 7,7 Prozent. „Vor allem die Entwicklung in der Kfz-Versicherung wird voraussichtlich von Nachholeffekten geprägt sein“, sagte Rollinger. „Auch steht zu befürchten, dass die Reparaturkosten weiter steigen werden. Daher rechnen wir hier mit einem Beitragszuwachs von zehn Prozent für 2024.“ Wie sich die aktuelle Situation konkret auf die Prämien auswirken wird, liegt in der Verantwortung der einzelnen Versicherer. 

In der Privaten Krankenversicherung erhöhten sich die Beitragseinnahmen 2023 um 2,3 Prozent auf 48,2 Milliarden Euro. 42,6 Milliarden Euro entfielen davon auf die Krankenversicherung (plus 1,3 Prozent). In der Pflegeversicherung stiegen die Beiträge insbesondere wegen Leistungsausweitungen in der gesetzlichen Pflegeversicherung um 10,3 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro.

Deutsche Versicherungswirtschaft 2023
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Politische Forderungen der Versicherungswirtschaft

Im Fokus standen auch zwei zentrale Themen für den Verband: die geplante Reform der privaten und betrieblichen Altersvorsorge und der Schutz vor Wetterextremen.

Nachdem 2023 mit der Fokusgruppe beim Bundesfinanzministerium Bewegung in die Debatte um eine Reform der geförderten privaten Altersvorsorge gekommen ist, wird für diesen Sommer ein Gesetzgebungsverfahren erwartet. „Die echte Altersvorsorge sichert ein ganzes Leben ab – das sollte der Fokus der Reform sein“, sagte Asmussen. „Altersvorsorge ist weitaus mehr als Vermögensaufbau. Es wäre kontraproduktiv, die lebenslange Rente aufzugeben“, so der GDV-Hauptgeschäftsführer. 

Auch bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) sieht der GDV Handlungsbedarf. „Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz hat sich vor sechs Jahren viel getan. Jetzt muss es gezielt weiterentwickelt werden“, sagte Asmussen. So sollten Sozialpartnermodelle für weitere Unternehmen geöffnet werden. Aber auch generell könne man die bAV attraktiver gestalten.

„Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer könnten automatisch in die bAV einbezogen werden – es sei denn, sie wollen das ausdrücklich nicht. Noch besser wäre es, wenn sich die Arbeitgeber zusätzlich zur Entgeltumwandlung an der Betriebsrente beteiligen”, so Asmussen.

Weihnachtshochwasser verursacht Schäden von 200 Mio. Euro  

Mit Blick auf die jüngsten Hochwasserereignisse sagte Asmussen: „Länder und Kommunen haben bei Prävention und Klimafolgenanpassung große Defizite. Viele Probleme vor allem beim Hochwasserschutz sind hausgemacht und hätten durchaus verhindert werden können.” Asmussen nannte erstmals Schadenzahlen zu den Überschwemmungen in Nord- und Mitteldeutschland rund um Weihnachten: „Nach unserer Schätzung liegen die versicherten Schäden bei 200 Millionen Euro.”

Eine Pflichtversicherung für Elementarschäden, wie sie derzeit von vielen politischen Entscheidungsträgern gefordert wird, lehnt der GDV ab. Der Verband befürwortet die Umsetzung eines durchdachten Gesamtkonzepts, das verschiedene gut aufeinander abgestimmte Schritte beinhaltet. 

Drei Maßnahmen hält die Versicherungswirtschaft jetzt für dringend notwendig. Erstens: Keine neuen Gebäude in ausgewiesenen Gefahrengebieten. Zweitens: Prävention und Klimafolgenanpassung gehören in die Landesbauordnungen. „Und drittens: Die öffentliche Hand sollte über ein bundesweites Naturgefahrenportal die Gefahrenlagen klar benennen“, sagte Rollinger. „Nur wenn die Gefahren transparent sind, werden die Verantwortlichen Präventionsmaßnahmen umsetzen. Andere Länder wie Österreich und die Schweiz sind uns hier um Jahre voraus.“ 

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