Privatbanken führen Sozialpartnermodell ein

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Nach über dreieinhalb Jahren haben der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken) sowie die Gewerkschaften Verdi und DBV ihre Verhandlungen über einen eigenständigen Nachwuchskräfte-Tarifvertrag und einen Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell Betriebsrente erfolgreich abgeschlossen.

Dr. Thomas A. Lange, Vorsitzender des AGV Banken: „Das ist ein guter Tag für die Sozialpartnerschaft in der Kreditwirtschaft und ein Meilenstein in der Fortentwicklung der Verbandstarifverträge. Mit diesem Zukunftspaket unterstreichen Arbeitgeber und Gewerkschaften ihren Handlungswillen, wenn es darum geht, die Arbeit im privaten Bankgewerbe zeitgemäß und attraktiv zu gestalten.“ Dafür gelte allen Beteiligten großer Dank, beim Sozialpartnermodell zusätzlich der BVV Pensionsfonds des Bankgewerbes AG als durchführender Versorgungseinrichtung.

Der Nachwuchskräfte-Tarifvertrag sei ein wichtiges Signal an junge Menschen, dass die privaten Banken moderne und verantwortungsvolle Arbeitgeber seien. „Wir haben viele spannende Tätigkeiten zu bieten und verbessern mit unserem neuen Tarifvertrag noch einmal die heute schon sehr guten Arbeitsbedingungen für unsere Nachwuchskräfte“, sagt Dr. Thomas A. Lange.

In der betrieblichen Altersversorgung schlage das private Bankgewerbe durch den Abschluss des Tarifvertrages ein neues Kapitel auf; als eine der ersten Branchen setzten die privaten Banken das Sozialpartnermodell um und stärkten damit ihre Vorreiterrolle in der Alterssicherung von Beschäftigten.

„Wir schaffen die Möglichkeit, das bereits hohe Versorgungsniveau in unserer Branche mit höheren Renditechancen nochmals aufzuwerten und weitere Beschäftigte in betriebliche Altersversorgungs-Systeme einzubeziehen“, so Dr. Thomas A. Lange. Zugleich sende die Branche ein positives Signal an die Politik: „Wir sind uns unserer Verantwortung als Sozialpartner bewusst, eine zukunftsfeste Altersversorgung für möglichst viele Beschäftigte aktiv mitzugestalten – mit maßgeschneiderten branchenspezifischen Lösungen.“

Eckpunkte Tarifvertrag Altersversorgung (Sozialpartnermodell Betriebsrente)

Der neue TV Altersversorgung (Tarifvertrag über die Möglichkeit zur Erteilung einer reinen Beitragszusage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG) erweitert die bereits überdurchschnittlich guten Möglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung im privaten Bankgewerbe um eine zusätzliche Option. Damit können Unternehmen ihren Beschäftigten eine renditestarke Altersversorgung anbieten, ohne das Risiko einer Arbeitgeberhaftung in der Zukunft übernehmen zu müssen.

Dieses neue Modell kann nur durch Tarifvertrag vereinbart werden und setzt zusätzlich voraus, dass sich die Sozialpartner an der Durchführung und Steuerung des Modells beteiligen. Die Eckpunkte im Einzelnen:

Optionsmodell

Die Entscheidung darüber, ob das neue Modell eingeführt wird, liegt bei den Unternehmen. Die Einführung erfolgt in Unternehmen mit Betriebsrat vorrangig durch eine Betriebsvereinbarung, in der bestimmte Einzelheiten (etwa zum anspruchsberechtigten Personenkreis, zum Beitragsanteil der Arbeitnehmer und zu möglichen Finanzierungsformen) geregelt werden; der Beitragsanteil des Arbeitgebers ist bereits abschließend im Tarifvertrag geregelt. Die Tarifparteien haben sich auf eine Muster-Betriebsvereinbarung verständigt, die Anlage zum Tarifvertrag ist.

Keine Arbeitgeberhaftung, höhere Renditechancen

Die reine Beitragszusage verpflichtet den Arbeitgeber zur Abführung der Beiträge an die Versorgungseinrichtung und zur Weitergabe eingesparter Sozialversicherungsbeiträge. Darüber hinaus treffen den Arbeitgeber keine weiteren Pflichten; insbesondere steht er weder für Versorgungsleistungen in bestimmter Höhe ein, noch trifft ihn nach Eintritt des Versorgungsfalles eine Pflicht zur Prüfung oder Anpassung der Versorgungsleistungen. Im Gegenzug für diesen Garantieverzicht ermöglicht die reine Beitragszusage eine chancenorientiertere Kapitalanlage und damit höhere Rentenleistungen. Zur Absicherung dieser Finanzierungsform ist im Tarifvertrag zusätzlich ein Sicherungsbeitrag vereinbart.

BVV als exklusiver Partner

Als Versorgungseinrichtung haben sich die Tarifvertragsparteien auf die BVV Pensionsfonds des Bankgewerbes AG verständigt, einen der Versorgungsträger im BVV-Verbund. Der dazu zählende BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. ist gemessen am verwalteten Vermögen Deutschlands größte Pensionskasse und seit 1909 das Branchenversorgungswerk für Banken und Finanzdienstleister. Der Aufsichtsrat des BVV Pensionsfonds ist mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt und verfügt damit selbst über bewährte sozialpartnerschaftliche Strukturen, wie sie auch in der Steuerung des neuen Modells gefragt sind.

Durchführung und Steuerung 

Die Sozialpartner sind über einen paritätisch besetzten Beirat an der Durchführung und Steuerung der reinen Beitragszusage beteiligt.

Zwei Produktvarianten

Der BVV Pensionsfonds bietet für die reine Beitragszusage zwei Finanzierungsformen an, eine chancen- und eine sicherheitsorientierte Variante. Die chancenorientierte Variante ermöglicht eine höhere Kapitalanlagerendite als die sicherheitsorientierte Variante. In beiden Produktvarianten werden sämtliche Ergebnisse der Kapitalanlage an die Versorgungsberechtigten ausgezahlt; das ermöglicht überdurchschnittlich hohe Rentenleistungen.

Geltung für Unternehmen mit und ohne Tarifbindung

Der Tarifvertrag ermöglicht Unternehmen mit und ohne Tarifbindung die Durchführung einer reinen Beitragszusage. Um auch Belegschaften nicht tarifgebundener Unternehmen im privaten Bankgewerbe eine Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell anbieten zu können, gelten für diese Unternehmen abweichende Arbeitgeber-Beitragssätze.

Auch Unternehmen außerhalb des privaten Bankgewerbes, die an einen anderen bundesweit geltenden Verbandstarifvertrag gebunden sind, können das Sozialpartnermodell nutzen, sofern die in ihrem Bereich tarifvertragschließenden Gewerkschaften der Anwendung des Tarifvertrags zustimmen; für diese Unternehmen gelten die Beitragssätze für tarifgebundene Unternehmen.

Hybride Gestaltung des Arbeitgeberbeitrags

Die Arbeitgeber leisten in das neue System langfristig Beitragssätze oberhalb des heutigen Mindestbeitrags-Niveaus im BVV Versicherungsverein. Um Unternehmen in der Einführungsphase des neuen Modells nicht zu überfordern, steigt der Arbeitgeber-Beitragsanteil deshalb schrittweise in zwei Stufen: In den ersten beiden Jahren nach der betrieblichen Einführung des Sozialpartnermodells leisten tarifgebundene Arbeitgeber einen Gesamtbeitrag in Höhe von 1,75 Prozent des Brutto-Monatsgrundgehalts, in den darauf folgenden zwei Jahren 2,0 Prozent und anschließend 2,25 Prozent (Höchststufe).

In Unternehmen ohne Tarifbindung liegen diese Stufen niedriger (Ausgangsstufe 1,15 / Zwischenstufe 1,4 / Höchststufe 1,65 Prozent); dadurch wird es diesen Unternehmen erleichtert, bislang unversorgten Beschäftigten eine Altersversorgung anzubieten und damit deren Verbreitung insgesamt zu erhöhen. Die Höhe der Arbeitgeberbeiträge ist im Tarifvertrag abschließend geregelt und kann betrieblich nicht verändert werden.

In den Arbeitgeberbeiträgen ist in der chancenorientierten Produktvariante ein Sicherungsbeitrag in Höhe von 0,15 Prozentpunkten enthalten, der zur Bildung eines Puffers dient. Die Beiträge, die der Arbeitgeber bereits in andere Systeme der betrieblichen Altersversorgung leistet, sind – unabhängig von Tarifbindung und gewählter Produktvariante – auf die Beiträge zum Sozialpartnermodell anrechenbar.

Mindest-Arbeitnehmerbeitrag

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten einen Beitrag von mindestens 1,0 Prozent des tarifvertraglichen Brutto-Monatsgehalts beziehungsweise bei außertariflicher Vergütung des vertraglich vereinbarten Brutto-Monatsgehalts.

Sonderregelung für geringere Einkommen

Für Beschäftigte mit geringeren Einkommen (Fälle des § 100 Abs. 3 Ziff. 3 EStG, monatliches Arbeitsentgelt derzeit maximal 2.575 Euro) leistet der Arbeitgeber unmittelbar bei Einführung des Sozialpartnermodells den Höchstbeitrag von 2,25 Prozent (tarifgebundene Unternehmen) beziehungsweise 1,65 Prozent (nicht tarifgebundene Unternehmen). Darüber hinaus können die Betriebsparteien für diesen Personenkreis regeln, dass kein Arbeitnehmerbeitrag geleistet werden muss, dies aber möglich ist.

Der Tarifvertrag liegt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor. Sobald die BaFin die Unterlagen des BVV Pensionsfonds für unbedenklich erklärt hat, kann die neue Altersversorgung starten und der BVV Pensionsfonds Beiträge entgegennehmen.