So werten die Verbände die Reformvorschläge für die Altersvorsorge

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Die von der Bundesregierung eingesetzte „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ legt ihren Abschlussbericht mit Empfehlungen für eine Reform der Altersvorsorge vor. Die Vermittlerverbände sehen viel Licht und etwas Schatten in den Ergebnissen.

Ziel ist laut Fokusgruppe ein einfaches, transparentes und effizientes Angebot zur Lebensstandardsicherung nach Renteneintritt für breite Bevölkerungsgruppen. Für Personen, denen der finanzielle Spielraum für eine eigene Sparleistung fehlt, ist nach wie vor die Absicherung über die gesetzliche Rentenversicherung entscheidend.

Norman Wirth, Vorstand, AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. © AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V.

AfW begrüßt die Ergebnisse

„Was hier vorliegt, ist mehr als zu erwarten war!“ kommentiert der Geschäftsführende Vorstand des Bundesverband Finanzdienstleistung AfW, Norman Wirth. „Riester soll endlich reformiert werden und man verabschiedet sich von der problematischen Idee eines Staatsfonds beziehungsweise eines öffentlich verantworteten Vorsorgefonds in der privaten Altersvorsorge.“

Nach erster Durchsicht des Berichtes begrüßt der Verband, die Vorschläge zur Riester-Rente: die Garantien sollen fallen, es soll keine Verrentungspflicht mehr bestehen und eine Auszahlung soll zum Beispiel auch für die selbstgenutzte Immobilie verwendet werden können, sei es zur Sanierung, zum altersgerechten Umbau oder zur Tilgung einer Immobilienfinanzierung.

Es scheint nach Ansicht des Verbandes sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass risikoorientierter, offensiver vorgegangen werden muss, da ansonsten keine Chance besteht, die Altersvorsorgelücke zu schließen. Der klare Blick auf Großbritannien und die Vereinigten Staaten deuten eine Zeitenwende an.

Der Abschied von der der Pflicht zur Leibrente wird sicherlich ein noch zu diskutierender Punkt sein, wie auch das Minderheitsvotum des GdV hierzu zeigt. Der Vorschlag eines Altersvorsorgedepots, in dessen Rahmen Fonds, aber auch in andere geeignete realwertorientierte Anlageklassen investiert werden könnten, wäre eine zukunftsfähige Neuerung aus Sicht des AfW.

Das beim Thema der geringen Kosten einmal nicht die Vermittlervergütung prominent platziert wird, sondern vielmehr zur Senkung der Kosten Produkt- und Bürokratieanforderungen vereinfacht werden sollen, begrüßt der Bundesverband Finanzdienstleistungen AfW ausdrücklich.

VOTUM Verband fordert zügige Umsetzung

„Diese Hoffnung beruht maßgeblich darauf, dass sich für die zentralen Empfehlungen klare Mehrheiten gefunden haben. Dies berechtigt zu der Annahme, dass man im sich anschließenden Gesetzgebungsverfahren zu Ergebnissen kommt und der seit Jahren andauernde Stillstand aufgelöst wird“, meint Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des VOTUM Verbands. Es sei eine bittere Erkenntnis, dass die Politik die gesamte Dauer der Niedrigzinsphase benötigt habe, um zu diesen Erkenntnissen zu kommen.

Die in den vergangenen Jahren beklagte mangelnde Rendite der Riester-Produkte ist daher auch politisch zu verantworten, kommentiert Klein.

Zu begrüßen ist auch aus VOTUM-Sicht, dass der Forderung nach der Einrichtung eines Staatsfonds mit einer klaren Mehrheit eine Absage erteilt wurde. Hier haben sich insbesondere auch die Vertreter der Wissenschaft für die Beibehaltung eines auf Wettbewerb beruhenden privaten Angebots eingesetzt. Ein klares Signal dafür, dass der Ruf nach dem Staat die Ultima Ratio bleiben muss.

Der Abschlussbericht sende ein klares Signal an die heute bereits aktiven Riester-Sparer, erläutert Klein. Sie sollen in den Reformprozess mit einbezogen werden und ebenfalls die Möglichkeit erhalten, zugunsten von höheren Renditeerwartungen auf Garantien zu verzichten.

Klein lenkt den Blick auch auf die Selbständigen: „Die nun auf den Weg gebrachte Riester-Reform ist auch der längst fällige Startschuss für die Altersvorsorge-Absicherung der Selbständigen. Die Fokusgruppe hat deutlich hervorgehoben, dass die neue Produktwelt als Opt-out-Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung für Selbständige offen sein muss. Dies war immer auch eine Forderung des VOTUM Verbands“, so Klein.

BVK sieht Vorschläge zur Altersvorsorgereform skeptisch  

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) sieht Licht und Schatten: „Die Vorschläge sind für die Versicherungswirtschaft eher enttäuschend. Die Besetzung der Fokusgruppe ohne die Expertise der Vermittlerverbände hat die Zielsetzung von Anfang an bestimmt“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz.

„Unsere außerhalb der Arbeitsgruppe eingebrachten konstruktiven Vorschläge wurden dennoch teilweise berücksichtigt. Begrüßenswert ist die Beibehaltung des 3-Schichten-Modells und der Bestandsschutz für laufende Riester-Verträge sowie eine stärkere Flexibilisierung in der Auszahlungsphase. Skeptisch beurteilen wir die Pläne, die Altersvorsorge über sogenannte Altersvorsorgedepots den volatilen Kapitalmärkten zu überlassen.“

Laut BVK sind Renten und Mindestgarantien für die Absicherung des Langlebigkeitsrisikos bei der Altersvorsorge für die Planbarkeit der Bürger enorm wichtig. Offenbar ist es der Versicherungswirtschaft innerhalb der Fokusgruppe nicht gelungen, dies zu verdeutlichen.

GDV hält an Kapital-Garantien fest

Die Fokusgruppe habe sich klar gegen einen Staatsfonds ausgesprochen. Das sei ein erfreuliches Votum für Vielfalt und Wettbewerb zum Vorteil der Verbraucher*innen, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Der Bericht verkenne jedoch, dass Alterssicherung viel mehr ist als nur Vermögensaufbau. „Die Bedeutung lebenslanger Renten und Mindestgarantien für die Menschen wird leider unterschätzt.“

Die Flexibilisierung der Kapitalgarantie ermögliche es Versicherern, rentablere und dennoch sichere Produkte anzubieten, so Asmussen. Damit werde das Produktangebot wieder steigen, nachdem sich in der Niedrigzins-Phase viele Anbieter aus dem Geschäft mit der geförderten privaten Altersvorsorge zurückgezogen hatten.

Ganz aufgegeben werden sollten Kapital-Garantien aus Sicht der Versicherer jedoch nicht. Die Fokusgruppe hat sich mehrheitlich für einen völligen Garantieverzicht ausgesprochen. Der GDV, der bei der Ausarbeitung beteiligt war, hat sich dieser Empfehlung nicht angeschlossen: „Die Menschen erwarten bei der geförderten Altersvorsorge Verlässlichkeit. Die gäbe es bei einem kompletten Garantieverzicht nicht“, sagte Asmussen. Das von den Versicherern vorgeschlagene einheitliche Garantieniveau von 80 Prozent sei ein guter Kompromiss zwischen Sicherheit und Rendite. „Es verhindert, dass Anbieter zu hohe Risiken eingehen – zu Lasten der Kundinnen und Kunden.”

Nachbesserungsbedarf sieht der GDV auch bei der Ausgestaltung der Auszahlungsphase: „Es ist gut, wenn die Sparer freier über ihr Vermögen verfügen können. Es wäre aber bei einen Altersvorsorgeprodukt kontraproduktiv, die lebenslange Rente aufzugeben“, sagte Asmussen. Nur so sei sichergestellt, dass die Ersparnisse nicht vor dem Lebensende aufgebraucht sind. „

Von der Bundesregierung erwarten sich die Versicherer nun rasch eine Gesetzgebungsinitiative. „Das Wichtigste ist, dass die Vorarbeit der Fokusgruppe nicht versandet, sondern noch in dieser Legislaturperiode in eine Reform mündet“, sagte Asmussen. Die Menschen müssten wieder Vertrauen in die geförderte Altersvorsorge fassen.

Bild (2): © AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V.