VOTUM fordert Verschiebung des Inkrafttretens der Abfragepflicht

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Als Vorsitzender des europäischen Dachverbands der Anlageberater FECIF setzt sich VOTUM-Vorstand Martin Klein bei der Europäischen Kommission für eine Verschiebung des für August 2022 geplanten Inkrafttretens der Abfragepflicht von Nachhaltigkeitspräferenzen im Beratungsprozess ein.

Nach dem jüngsten Entschluss der Kommission, das Inkrafttreten der technischen Regulierungsstandards (RTS) für die Bestimmung der Nachhaltigkeitsfaktoren und der diesbezüglichen verpflichtenden Berichterstattung für Unternehmen auf den 01. Januar 2023 könne die Kommission schlicht und ergreifend nicht am aktuell geplanten Start der Nachfragepflicht im Beratungsprozess festhalten, so VOTUM-Chef Martin Klein in seinem offenen Brief an den innerhalb der Europäischen Kommission für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion zuständigen Generaldirektor John Berrigan. Klein vertieft:

Martin Klein, Vorstand, VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V. © VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V.

Die Unternehmen und Vermittler haften für die von ihnen erteilten Empfehlungen in der Versicherungs- und Anlageberatung. Eine rechtssichere Produktempfehlung im Anschluss an die Ermittlung der Nachhaltigkeitspräferenzen kann nur dann erteilt werden, wenn verbindliche technische Regulierungsstandards bestehen – und genau diese werden am 2. August 2022 nun fehlen.

Gemäß der Delegierten Verordnungen sind die betroffenen Berater nicht nur verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden festzustellen, sondern es besteht darüber hinaus ein gesetzliches Verbot, dem Kunden ein Produkt zu empfehlen, welches nicht seinen Nachhaltigkeitspräferenzen entspricht.

Der ursprüngliche Ablaufplan der erforderlichen Gesetze zur Umsetzung der Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage sah vor, dass die RTS bereits zum 01. Januar 2022 in Kraft treten und daher die Beratungspflicht erst zu einem Zeitpunkt gelten sollte, in dem bereits verbindliche standardisierte Informationen in Bezug auf die Taxonomie zur Verfügung stehen.

Nur auf Basis der RTS gibt es für Berater ein gesetzlich abgesichertes Fundament für die Beurteilung und Einordnung der jeweils am Markt angebotenen Kapitalanlagen und Versicherungsanlageprodukte. Klein stellt in seinem Brief an die Komission heraus:

Durch die erneute Verschiebung der RTS um ein Jahr ist diese sinnvoll aufeinander aufbauende Gesetzgebung komplett auf den Kopf gestellt worden. Jetzt tritt erst die Beratungspflicht zur Nachhaltigkeit in Kraft und dann erst mehrere Monate später die verbindlichen technischen Standards für die Taxonomie und der Berichterstattung zu den Nachhaltigkeitsfaktoren, das funktioniert in der Praxis nicht.

Die Anlageberater und Versicherungsvermittler werden dadurch dazu gezwungen, verbindliche Empfehlungen zu Kapitalanlagen und dem Grad, inwieweit diese den Nachhaltigkeitspräferenzen des Anlegers entsprechen, auszusprechen – ohne dass zu dem Zeitpunkt ihrer Empfehlung verbindliche Standards dafür bestehen, auf welcher Grundlage sie diesen Rat erteilen können. Kleins Fazit:

Dies ist eine Situation, die durch den europäischen Gesetzgeber nicht gewollt sein kann. Sie setzt die Berufsgruppe der Anlageberater und Versicherungsvermittler einer unangemessenen Unsicherheit und Haftungsproblematik aus, die sie nicht zu verantworten hat und die sie selbst auch selbst nicht beeinflussen kann.

Aus diesem Grund setzt sich der geschäftsführende Vorstand des Branchenverbands VOTUM in seiner Rolle als Vorsitzender des europäischen Dachverbands der Anlageberater FECIF bei den entsprechenden Stellen der Europäischen Kommission für eine entsprechende Verschiebung ein. „Ich kann an meine Branchenkollegen nur appellieren, sich ebenso für diese Forderung stark zu machen. Gerne stehen wir für weitere Gespräche bereit“, so Klein zum Abschluss.

Bild: © VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V.