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Der Handelsvertreterausgleich, auch als Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB (Handelsgesetzbuch) in Deutschland bekannt, ist ein Anspruch, der einem Handelsvertreter nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses zustehen kann. Dieser Anspruch ist darauf ausgerichtet, die Leistungen des Handelsvertreters zu entschädigen, insbesondere wenn dieser neue Kunden geworben hat, von denen das Unternehmen auch nach Vertragsende weiterhin profitiert.
Der Ausgleichsanspruch soll die Arbeit und den Einsatz des Handelsvertreters anerkennen, insbesondere die Akquise neuer Kunden, von denen das Unternehmen auch nach der Vertragsbeendigung profitiert. Er dient auch dazu, einen fairen Interessenausgleich zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmen herzustellen.
„Der Handelsvertreterausgleich ist ein wichtiger Bestandteil des Handelsrechts, der darauf abzielt, die Leistungen von Handelsvertretern, die zum Erfolg eines Unternehmens beitragen, angemessen zu würdigen und zu kompensieren“, sagt Dr. Tim Banerjee, Partner der auf Vertriebs- und Arbeitsrecht in der Finanzdienstleistung spezialisierten Kanzlei Banerjee & Kollegen aus Mönchengladbach.
Voraussetzungen für die Geltendmachung des Anspruchs sind unter anderem, dass der Handelsvertreter neue Kunden geworben oder bestehende Geschäftsbeziehungen wesentlich erweitert hat, sodass das auftragsgebende Unternehmen auch nach Vertragsende daraus erhebliche Vorteile zieht. Die Beendigung des Vertragsverhältnisses darf nicht auf einem vertragswidrigen Verhalten des Handelsvertreters beruhen, und der Handelsvertreter muss durch die Beendigung des Vertragsverhältnisses Ansprüche auf Provisionen verlieren, die er bei Fortsetzung des Vertrags hätte erwarten können.
Dr. Tim Banerjee, der Finanzdienstleister unter anderem auch gesellschaftsrechtlich berät, weist dabei auf einen Sonderaspekt hin, den viele freie Handelsvertreter übersehen. „Bei wachsendem Geschäft entsteht häufig der Wunsch, eine Kapitalgesellschaft zu gründen, um das Handelsvertretergeschäft in der Rechtsform der GmbH zu führen, beispielsweise aus haftungsrechtlichen Gründen. Das ist auch erstmal nicht problematisch, denn das Handelsgesetzbuch macht keine Vorschriften, welche Rechtsform ein freier Handelsvertreter nutzen dürfen oder eben auch nicht. Aber es ist durchaus möglich, dass eine Gesellschaft den Handelsvertreterausgleich bei einer Kapitalgesellschaft versagt.“
Das könne vor allem dann passieren, wenn der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis selbst gekündigt hat, und zwar in den Fällen, in denen dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann. Der Hintergrund: „Es wird schwierig zu begründen sein, den Ausgleichsanspruch für den Gesellschafter einer GmbH, UG oder AG nach der Selbstkündigung aufgrund von Krankheit oder Alter durchzusetzen, da die Kapitalgesellschaft in diesem Falle als Handelsvertreterin Vertragspartnerin der auftraggebenden Gesellschaft ist. Und eine Kapitalgesellschaft kann eben nicht als juristische Person von Krankheit oder Alter betroffen sein“, warnt Dr. Tim Banerjee.
Dieser Aspekt dürfe bei der gesellschaftsrechtlichen Unternehmensplanung nicht vernachlässigt werden. Gerade mit Blick auf den Ruhestand sollten Handelsvertreter das Risiko finanzieller Nachteile bestmöglich vermeiden. Schließlich bestünden in der Regel nach vielen Jahren Tätigkeit Ansprüche auf hohe Ausgleichszahlungen.
„Handelsvertreter sind gefordert, bei der langfristigen Ausrichtung umfassendes Risikomanagement zu betreiben. Das gilt auch für solche handels- und gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen im Rahmen der Asset Protection und Unternehmensnachfolge. Eine Möglichkeit zur Lösung wäre beispielsweise, über die finanziellen Regelungen bei der Übergabe des Handelsvertreterunternehmens mit dem Nachfolger einen Ausgleich für die künftig entgangenen Geschäfte zu vereinbaren, ohne den Handelsvertretervertrag kündigen zu müssen. Dann profitieren Senior-Unternehmer und Nachfolger gleichermaßen“, stellt Dr. Tim Banerjee heraus.
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