Vom Trend zur Norm: ESG in der Vorstandsvergütung der DAX-Unternehmen fest etabliert

Bäume spiegeln sich in Glasfassade von Bürogebäude

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Die Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kennzahlen (ESG) in die Incentive-Pläne von Vorständen börsennotierter Unternehmen gewinnt weiter an Bedeutung, wie eine aktuelle Studie von WTW zeigt. Deutschland und Frankreich führen dabei den internationalen Vergleich an: 100 Prozent der gelisteten deutschen DAX-40- und französischen Top-Index-Unternehmen verknüpfen bereits jetzt ESG-Ziele mit der Vorstandsvergütung. Umweltbezogene Kriterien verzeichnen dabei das größte Wachstum.

ESG in der Unternehmensführung etabliert sich zunehmend. Das unterstreicht die aktuelle WTW-Studie, die zeigt, dass Unternehmen die Integration von ESG-Zielen an die Vorstandsvergütung kontinuierlich ausbauen. Vor allem in Europa ist der Einsatz bereits weit verbreitet. Hier nutzen inzwischen 93 Prozent der Unternehmen ESG-Kennzahlen in Anreizsystemen, ein Plus von drei Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Zum internationalen Vergleich: In Kanada sind es 80 Prozent, in den USA 76 Prozent.

„In Europa sehen wir zwar insgesamt einen moderaten Anstieg, was daran liegt, dass die Integration von ESG-Kriterien in die Vorstandsvergütung bei europäischen Unternehmen bereits weit verbreitet ist. Spannend ist jedoch, dass wir anhand der Ergebnisse unserer Studie erkennen, dass ESG-Ziele zum einen immer langfristiger betrachtet werden. Zum anderen werden sie klarer definiert und messbarer“, sagt Ralph Lange, Senior Director Executive Compensation bei WTW.

Deutschland und Frankreich weltweite Spitzenreiter

Im europäischen Vergleich sind Frankreich und Deutschland weiterhin führend: Nach der Auswertung der Implementierungen im Jahr 2022 haben 100 Prozent der Top-Index-Unternehmen in Frankreich und 98 Prozent der DAX 40-Unternehmen ESG-Kriterien in ihre Vorstandsvergütungssysteme integriert. Nach den jüngsten Systemänderungen auf der letzten Hauptversammlungssaison in 2023 liegt der Wert auch in Deutschland bei 100 Prozent.

Trotz des sehr hohen Gesamtniveaus haben die Unternehmen in diesen beiden Ländern die Verwendung von ESG-Kriterien in ihren langfristigen Bonusplänen (LTI) weiter ausgebaut: Waren es im Jahr 2022 in Deutschland noch 55 Prozent, so sind es nach den Anpassungen in 2023 bereits knapp 70 Prozent der DAX 40-Unternehmen, die mindestens eine ESG-Kennzahl in ihren LTI-Plänen verwenden.

„Gerade in Europa und Deutschland sehen wir eine beeindruckende Entwicklung hin zur Nutzung von ESG-Zielen in langfristigen Bonusplänen. Mit einer Laufzeit von drei bis vier Jahren haben sie einen nachhaltigen Einfluss auf die Unternehmenssteuerung – ganz im Sinne der Investoren und der Öffentlichkeit“, sagt Ralph Lange, Senior Director Executive Compensation bei WTW.

Umweltrelevante Ziele wachsen am stärksten

Dem Trend des letzten Jahres folgend, haben auch in diesem Jahr ökologische Faktoren am stärksten zugenommen: Inzwischen nutzen 88 Prozent der DAX-Unternehmen ökologische Kriterien in ihren Vergütungssystemen, 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Ziele zur Reduktion von CO2-Emissionen stehen dabei mit 78 Prozent dabei deutlich im Fokus der deutschen Unternehmen.

Soziale Faktoren sind nach wie vor am stärksten in der Vorstandsvergütung verankert. Insbesondere Ziele zu Diversity & Inclusion haben europaweit massiv an Dynamik gewonnen und liegen bei 57 Prozent. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren waren es noch 25 Prozent.

„Gerade bei den klimarelevanten Zielen gibt es bereits Initiativen, die insbesondere Emissionsreduktionsziele entlang des Pariser Abkommens vorgeben, denen sich Unternehmen freiwillig verpflichten können“, so Lange. „Während somit ökologische und soziale Faktoren besser messbar sind, werden weniger quantifizierbare Ziele aus dem Bereich Governance bei der Zielsetzung der Vorstandsvergütung vernachlässigt.“

ESG-Kriterien werden quantitativ messbar

ESG-Kriterien werden zunehmend als gewichtete Einzelkennzahl in Anreizsysteme integriert. Bei den europäischen Top-Unternehmen ist dies bei knapp der Hälfte der ESG-Kriterien der Fall (49 Prozent). Zudem messen 76 Prozent der europäischen Unternehmen und 87 Prozent der DAX 40-Unternehmen mit ESG-Kriterien mindestens eine dieser Kennzahlen quantitativ. Dabei werden ESG-Kennzahlen in LTI-Plänen häufiger quantitativ gemessen.

„Der regulatorische Einfluss nimmt zu. Strengere europaweite Vorschriften sowie Investoren und Stimmrechtsberater drängen Unternehmen zu mehr Transparenz und Messbarkeit von ESG in der Vorstandsvergütung. Nachdem sich ESG-Kennzahlen in den letzten Jahren in Incentive-Plänen bei europäischen und deutschen Unternehmen etabliert haben, zeigt die diesjährige Studie, dass die Unternehmen die Anforderungen aufgreifen und konkretisieren“, analysiert Ralph Lange.

Über die Studie: Das vierte Jahr in Folge hat WTW eine Studie zur globalen Nutzung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kennzahlen (ESG) in Incentive-Plänen für Vorstände durchgeführt. Dabei werden sowohl die kurzfristig (STI) als auch die langfristigen (LTI) variablen Vergütungssysteme betrachtet. Die Grundlage der Analyse sind öffentlich zugängliche Informationen wie Vergütungsberichte von mehr als 1.000 Unternehmen, darunter Unternehmen des S&P 500, FTSE 100, TSX 60 sowie aller wesentlichen Top-Indizes in Westeuropa und APAC. Die Studie bietet nicht nur Einblicke in die allgemeine Prävalenz von ESG-Kennzahlen in der Vorstandsvergütung, sondern auch eine detaillierte Analyse von Branchentrends und Messmethoden.