Photo credit: depositphotos.com
Seit Anfang 2022 gibt das German Sustainability Network (GSN) mit seiner halbjährlichen Befragungen einen regelmäßigen Überblick über den Stand der Nachhaltigkeitsbemühungen der Versicherer und identifiziert aktuelle Themenschwerpunkte sowie Herausforderungen. An der fünften Befragung (Q1 2024) haben 35 Versicherungsunternehmen teilgenommen.
Die nun vorliegenden Ergebnisse zeigen unter andere, dass die regulatorischen Anforderungen, die insbesondere in der Kapitalanlage viele Handlungserfordernisse mit sich bringen, weiterhin als zu hoch empfundenen werden.
Die meisten To-dos weiterhin in der Kapitalanlage
Die Ergebnisse aus Q1/2024 bestätigen insgesamt die anhaltend hohe Bedeutung von Nachhaltigkeit in den verschiedenen Wertschöpfungsaktivitäten der Unternehmen. Trotz einer leichten Abnahme im Vergleich zum vorherigen Quartal hat Nachhaltigkeit weiterhin Einfluss auf alle abgefragten Bereiche. Die Kapitalanlage bleibt führend: 80 Prozent der Unternehmen sehen hier viele bzw. sehr viele Aufgaben, gefolgt von der Unternehmenskommunikation und dem Risikomanagement (jeweils 60 Prozent) sowie der Produktentwicklung (50 Prozent). Die Einschätzung der Befragten hinsichtlich der Unternehmenskommunikation ist im Zeitablauf sehr volatil.
Ausbau personeller Ressourcen nur gering
Generell lässt sich feststellen, dass die Anzahl der Personen, die sich – ausschließlich oder im Schwerpunkt – mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen, steigt. So sind es bspw. nur noch 8 Unternehmen, die entweder keine oder lediglich eine Person mit diesem Themenfeld betraut haben; zuvor waren es noch 10 Versicherer. Gleichzeitig hat sich die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter:innen, die sich mit Nachhaltigkeit befassen, von 4,6 Personen (Q3/2023) auf 6,5 erhöht. Weiterhin plant etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen, die personellen Ressourcen auszubauen.
Leichte Fortschritte in der Unternehmenstransformation: Personelle Engpässe dominieren weiterhin
In der aktuellen Befragung zeigt sich ein zumindest leichter Anstieg im wahrgenommenen Transformationsfortschritt. Zudem gab erstmals ein Versicherer einen Fortschritt von über 70 Prozent an. Knapp die Hälfte der Unternehmen verharrt jedoch bei einem mittleren Transformationsgrad von 50 bis 70 Prozent. Hinsichtlich einer umfassenden Transformation sind personelle Ressourcen weiterhin der dominierende Engpass. Finanzielle Ressourcen, Know-how und das Mindset werden nach wie vor als weniger kritisch bewertet, bleiben jedoch auf einem stabil hohen Niveau.
Einschätzungen zur ESG-Regulatorik verbessern sich, bleiben aber anspruchsvoll
In Einem stimmen die teilnehmenden Unternehmen überein: Die regulatorischen Anforderungen im Bereich ESG sind nach wie vor zu hoch. Im Vergleich zum vorherigen Quartal ist der Anteil der Unternehmen, der die Anforderungen als zu umfangreich betrachtet, um 10 Prozentpunkte gestiegen. Auch die inhaltliche Ausgestaltung steht stark in der Kritik: Empfand in Q3/2023 nur knapp die Hälfte der befragten Versicherer (47 Prozent) die aktuelle ESG-Regulatorik als praxisuntauglich, waren es im Rahmen der aktuellen Umfrage mit 79 Prozent deutlich mehr.
Top-Nachhaltigkeitsthemen 2024
Die Aktivitäten im Bereich der Unternehmenskommunikation gewinnen, getrieben durch die Regulatorik und das nahende erste Berichtsjahr, an Bedeutung. Dementsprechend wurde von 24 der 35 befragten Unternehmen die CSRD – einschließlich der Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse – als das wichtigste Nachhaltigkeitsthema für das Jahr 2024 genannt. Damit liegt das TOP 1 Thema deutlich vor den zweit und drittplatzierten Themenfeldern: dem CO2-Management (Messung und Reduktion von CO2-Emissionen) mit neun Nennungen sowie der EU-Taxonomie-Verordnung, die immerhin noch von sieben Unternehmen genannt wurde.
Herausforderungen eines nachhaltigen Schadenmanagements
Bei allen sechs vorgegebenen Herausforderungen eines nachhaltigen Schadenmanagements waren sich die befragten Versicherer in einem sicher: Keiner der Aspekte zählt nicht als Herausforderung. Die Datenverfügbarkeit und leistungsgerechten Bepreisung werden von 72 Prozent als die wesentliche (sehr große und große) Herausforderung angesehen. Dicht gefolgt von den Fragen der Prozessgestaltung (67 Prozent) und möglichen Hürden bei der Einbindung des Vertriebs (61 Prozent). Mit jeweils 45 Prozent – und damit von noch immer fast der Hälfte der Versicherer – wird der Aufbau eines nachhaltigen Dienstleisternetzwerks sowie die Logistik rund um nachhaltige Materialien als geringste Herausforderung eingeschätzt.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Versicherer investieren weiter in Atomkraft
Im GSN-Blitzlicht auf die Nachhaltigkeitsaktivitäten der Versicherungsbranche zeigt sich, dass rund 2 von 3 Unternehmen ihre Nachhaltigkeitstransformation für abgeschlossen halten. 50 Prozent planen mit Investitionen in Gas- und Atomkraft und nutzen so die taxonomiekonforme Einstufung.
German Sustainability Network ist gestartet
Vermittler brauchen weniger Bürokratie, nicht weniger Klarheit
CSRD, ESRS, CSDDD – die geplanten EU-Reformen im Rahmen der Omnibus-Initiative sollen Bürokratie abbauen. Doch aus Sicht vieler Vermittlerverbände droht ein gefährlicher Rückschritt: Weniger Berichtspflichten könnten die Grundlage für ESG-konforme Finanzberatung untergraben. Der AfW hat daher das „Joint Statement on the Omnibus Initiative“ mitunterzeichnet – gemeinsam mit über 275 weiteren Organisationen.
Nachhaltigkeitskonferenz des BVI: ESG im Spannungsfeld zwischen Praxis, Politik und Performance
Über 150 Teilnehmende aus Fondsindustrie, Finanzaufsicht, Wissenschaft und Realwirtschaft diskutierten am 3. Juli 2025 in Frankfurt am Main auf Einladung des Bundesverbands Investment (BVI) über aktuelle Herausforderungen nachhaltiger Kapitalanlagen. Im Mittelpunkt standen Fragen der Regulierung, Transparenz – und der Umgang mit Gegenwind für ESG-Investments.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Vermittler gegen Rüstung in ESG-Fonds
Konventionelle Rüstung als nachhaltige Geldanlage? Eine deutliche Mehrheit der Vermittler sagt Nein. Warum der AfW vor einem Vertrauensverlust bei ESG-Produkten warnt.
AfW kritisiert Nachhaltigkeitspräferenzabfrage
Die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage hat sich aus Sicht vieler Vermittlerinnen als praxisfern erwiesen. Das aktuelle AfW-Vermittlerbarometer zeigt: Der Beratungsaufwand ist hoch, das Interesse der Kundinnen gering – und die Produktqualität lässt zu wünschen übrig.
Nachhaltigkeit in der Beratung: VOTUM fordert Aussetzung der Präferenzabfrage
Der VOTUM Verband begrüßt die EU-weite Verschiebung der CSRD – und fordert jetzt auch eine Aussetzung der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage. Die derzeitige Regelung sei für Vermittler weder praktikabel noch haftungssicher.
Bidirektionales Laden: Neuer Meilenstein für die Energiewende und Elektromobilität
Mit dem Start eines ambitionierten Pilotprojekts zum netzdienlichen bidirektionalen Laden setzt Deutschland einen entscheidenden Schritt in Richtung smarter Energienutzung.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.