Mangelnde Transparenz der Hochrechnungen bei Rentenversicherungen

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Hybride Tarife kommen bei Lebensversicherungen zum Tragen, die aus verschiedenen Beitragstöpfen gespeist werden. So wird häufig ein Anteil des Versicherungsbeitrags in einen oder mehrere Investmentfonds eingezahlt. Ein weiterer Anteil wird ‚klassisch‘ im Sicherungsvermögen des Versicherers investiert. Die unterschiedliche Wertentwicklung der beiden Anteile kann für Verwirrung bei den Versicherten sorgen.

André Disselkamp, Co-Founder & CEO, Finsurancy – Finance & Insurance UG © Finsurancy – Finance & Insurance UG

Beim Abschluss solcher Versicherungstarife werden meist unverbindliche Wertentwicklungen dargestellt. Diese Hochrechnungen berufen sich auf Zinsprognosen, die den Anteilen des jeweiligen Beitragsanteils zugeordnet sind. Für den Verbraucher ist diese Darstellung manchmal intransparent und schlecht kontrollierbar. 

Oft wird bei diesen Darstellungen nicht danach differenziert, dass eine Verzinsung auf das Guthaben im Sicherungsvermögen regelmäßig geringer ist als die Verzinsung des Fondsguthabens. Stattdessen wird häufig der gesamte Sparanteil pauschal mit bis zu sechs Prozent Verzinsung pro Jahr hochgerechnet. 

Das entspricht etwa dem Zuwachs, der mit den Fondsanteilen erzielt werden kann. Dem Kunden wird durch diese Darstellung aber eine Ablaufleistung suggeriert, die mitunter als „völlig unrealistisch“ bezeichnet werden kann. Das hat jetzt ein Anwaltsbüro im Auftrag der Bayerischen Beamten Lebensversicherung A.G. festgestellt. 

Welche Dimensionen eine fehlerhafte Berechnung der Hochrechnungen haben kann, zeigt dieses Beispiel. Die durchschnittliche Fondsquote über die Laufzeit liegt oft nicht höher als 30 bis 40 Prozent. 60 bis 70 Prozent der Beiträge für die hybride Lebensversicherung landen also im Sicherungsvermögen, das eine deutlich geringere Verzinsung aufweist.

Der Kunde sieht aber die Hochrechnung mit einem Zinssatz 6 Prozent, der auch für das Sicherungsvermögen als Grundlage angenommen wird. Tatsächlich liegt die Verzinsung des Sicherungsvermögens aber im Schnitt bei nur etwa bei 2 bis 3 Prozent. Schon eine um einen Prozentpunkt geringere Wertentwicklung reduziert die zu erwartende Ablaufleistung bei einer Laufzeit von im Schnitt 30 Jahren aber erheblich.

Juristische Risiko-Einschätzung

Juristen sollten jetzt prüfen, ob rechtliche Risiken bestehen, wenn Versicherungen derartige Wertentwicklungen gegenüber ihren Kunden darstellen. Und sie haben beleuchtet, wie Versicherer, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler sich in solchen Beratungen zu verhalten haben. 

Das Ergebnis ist relativ klar. Alle drei Gruppierungen, die Kunden eine solche Versicherung anbieten, sollten die von Versicherern dargestellte Wertentwicklungen bei hybriden Tarifen im Sinne einer Plausibilitätskontrolle nachvollziehen: „Sie dürften dazu verpflichtet sein, ihre Kunden darüber aufzuklären, wenn diese Darstellung aus ihrer Sicht nicht plausibel ist. Schadenersatzansprüche könnten drohen, wenn Kunden trotz einer vermeidbaren Fehlvorstellung einen solchen Tarif abschließen, der sich als nachteilig herausstellt und den Kunden dadurch Vermögensschäden entstehen”, heißt es in dem Gutachten. 

Besondere Verantwortung der Versicherungsmakler

„Gerade uns Versicherungsmaklern kommt im Verhältnis zu den Kunden eine besondere Rolle zu”, urteilt auch André Disselkamp, Co-Founder von Insurancy. Versicherungsmakler wie Insurancy, die ja bekanntermaßen im Lager des Kunden stehen, haben per Gesetz weitreichende Beratungspflichten. Sie sollten nach Disselkamp auf gegebenenfalls unrealistische Zinsprognosen hinweisen, aber: „Nach unseren Erfahrungen wissen nur die wenigsten Versicherungsmakler über die Problematik bei den Hochrechnungen Bescheid.“ 

Das Gutachten stellt die Frage, ob sie nicht verpflichtet sind, von Versicherern dargestellte Wertentwicklungen bei hybriden Tarifen im Sinne einer Plausibilitätskontrolle nachzuvollziehen. Die Hauptleistungspflicht der Versicherungsmakler besteht vor allen Dingen darin, eine Deckungsanalyse vorzunehmen, die richtige Versicherung und eine bedarfsgerechte Versicherungssumme zu ermitteln. Seine Beratung soll sich nicht nur an der Komplexität der Versicherung, sondern auch an den Vorkenntnissen des Kunden orientieren. 

Er ist dazu verpflichtet, den Kunden über Umstände aufzuklären, die für eine Entscheidung wichtig sind, und irrige Vorstellungen des Versicherungsnehmers richtigzustellen. Dafür kann es sogar nötig sein, die Solvenz der angebotenen Versicherung zu prüfen, bei ausländischen Versicherungen auch mit Blick auf das dortige Insolvenzrecht und dadurch entstehende Nachteile.

Ähnliche Beratungspflichten wie bei Versicherungsmaklern werden in dem Gutachten auch bei Direktabschluss von Kunden mit Versicherungen oder mit Versicherungsvertretern vermutet. Schließlich ist Versicherern vorgeschrieben, „stets ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichen Interesse” zu handeln.

Konkurrenz und Beratungspflichten

Allerdings sind deren Beratungspflichten nicht so weitreichend wie die des Versicherungsmaklers. Das liegt auch daran, dass Versicherungen und Versicherungsvertreter nur zu solchen Produkten beraten, die von ihnen selbst angeboten oder vermittelt werden. Die Juristen stellen klar: „Beide müssen ihre eigenen Positionen nicht dadurch schwächen, dass sie konkurrierende Versicherungstarife empfehlen.” 

Im Übrigen müssten aber auch sie ihre Beratung nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden ausrichten und sie müssen, ähnlich wie ein Versicherungsmakler, die jeweilige Risikosituation des Kunden erfragen und prüfen, welche der von ihnen angebotenen beziehungsweise vermittelbaren Versicherungstarife am besten geeignet sind.

Fazit

Das Gutachten stellt fest, dass es hohe Ansprüche an die Arbeit der Versicherungsmakler gibt, wenn es um hybride Lebensversicherungen und die Berechnung der Wertentwicklung geht. Das schützt die Kunden und stärkt auf der anderen Seite die Position und Glaubwürdigkeit der Versicherungsmakler.

Bild (2): © Finsurancy – Finance & Insurance UG