Wie viel ist Lebensversicherungskunden die Beratung wert?

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Die Frage „Vermittlerprovision oder Honorarberatung?“ wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Dies war Anlass für Aeiforia, genauer nachzufragen, welche Erwartungen aktuelle und potenzielle Versicherungskunden an eine Lebensversicherungsberatung stellen und was sie bereit sind, für eine individuelle Beratung zu zahlen.  

Aeiforia beauftragte hierzu im Juni 2023 das Hamburger Marktforschungsunternehmen Appinio mit einer Online-Umfrage. Die Ergebnisse der Umfrage sind von besonderer Relevanz für den Versicherungsvertrieb und die Gestaltung der Beratung.

Ein Versicherungsabschluss ist Vertrauenssache

44 Prozent der aktuellen und potenziellen Versicherungskunden verlassen sich auf die persönliche Beratung durch eine Fachfrau/einen Fachmann. (Bei den über 45-Jährigen ist dieser Anteil deutlich höher als bei den 18- bis 24-Jährigen.)

25 Prozent hören auf Empfehlungen von Freunden und Bekannten, wenn es um den Abschluss einer Lebensversicherung geht. Ebenso viele geben an, Vergleichsportale und Tests zu nutzen und sich dann direkt an die Versicherungsunternehmen zu wenden. Lediglich fünf Prozent der aktuellen und potenziellen Versicherungskunden verzichten bewusst auf Vermittlung und Beratung durch Dritte und nutzen zum Beispiel die Möglichkeit des Online-Abschlusses.

Berater oder Beraterin?

Ein Drittel der männlichen aktuellen und potenziellen Kunden bevorzugt die Beratung durch einen Fachmann; nur 15 Prozent der weiblichen aktuellen und potenziellen Kunden die Beratung durch eine Fachfrau. Das ist nicht einmal ein Fünftel der befragten Frauen. 66 Prozent der befragten Frauen und 52 Prozent der befragten Männer haben keine Präferenzen hinsichtlich des Geschlechts der beratenden Person.

Wo sollte die Beratung stattfinden?

Nahezu altersunabhängig geben fast 60 Prozent der Befragten an, dass die Beratung im Büro des Vermittlers/der Vermittlerin stattfinden sollte. 40 Prozent bevorzugen die Beratung zu Hause. Ein Drittel zieht eine Online-Beratung vor und ein Fünftel der befragten aktuellen und potenziellen Versicherungskunden gibt an, dass die Beratung per Telefon stattfinden sollte. (Hier ist eine höhere Präferenz bei Jüngeren erkennbar.)

Wie viel ist Kunden eine unabhängige individuelle Beratung wert?

60 Prozent der befragten aktuellen und potenziellen Versicherungskunden würden für eine persönliche Beratung und finanzielle Analyse durch einen unabhängigen Honorarberater auch dann zahlen, wenn es nicht zum Abschluss einer Versicherung kommt.

Fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) ist bereit, hierfür bis zu 50 Euro zu bezahlen. Hinsichtlich der Kriterien ‚Haushaltsnettoeinkommen‘ und ‚Bildungsabschluss‘ sind hier alle Gruppen vom Geringverdiener bis zum Besserverdienenden und vom niedrigsten bis zum höchstmöglichen Bildungsabschluss vertreten.

Ein Viertel der befragten aktuellen und potenziellen Kunden ist bereit, zwischen 51 und 100 Euro zu zahlen. 3,6 Prozent ist die Beratung zwischen 600 und 1000 Euro wert und fast vier Prozent der Befragten würden über 1000 Euro für eine individuelle Beratung zahlen. Je höher das Einkommen desto eher steigt die Bereitschaft, mehr Geld für die Beratung auszugeben. So sind 35 Prozent derjenigen Befragten, die über ein Haushaltsnettoeinkommen von 7000 Euro und mehr verfügen, bereit, mehr als 1000 Euro für eine individuelle Beratung zu zahlen.

Um die Abschlusskosten niedrig zu halten, würden sich 40 Prozent der Befragten für ein kostengünstiges Standardprodukt entscheiden. Rund 50 Prozent sind der Meinung, dass sich die Abschlusskosten eines Versicherungsvertrages nicht nach dem Beratungsaufwand richten sollten, und 10 Prozent geben an, für eine individuelle und bedarfsgerechte Versicherung höhere Abschlusskosten aufzubringen.

Vermittler bleibt für viele erster Ansprechpartner

Etwa 35 Prozent der Befragten wenden sich bei Fragen zu ihrem Vertrag während der Vertragslaufzeit ausschließlich an ihren Vermittler. 30 Prozent gehen auf den Ansprechpartner in der Direktion ihrer Versicherung zu.

Ein Viertel gibt an, sich während der Vertragslaufzeit je nach Anliegen an den Vermittler oder direkt an die Direktion des Versicherers zu wenden. Zehn Prozent der Befragten ziehen den Kontakt über ein Portal oder eine App vor.

Wie lange sollten Provisionen gezahlt werden?

60 Prozent der Befragten geben an, dass nur einmal eine Provision beim Abschluss des Vertrags gezahlt werden sollte. Fast ein Drittel meint, dass ausschließlich laufende Provisionen während der Vertragslaufzeit gezahlt werden sollten. 8 Prozent der Befragten sagen, dass eine Vergütung sowohl bei Vertragsabschluss als auch während der Vertragslaufzeit erfolgen sollte.

Fazit

Die Umfrage zeigt, dass der Vermittler für viele der Kunden immer noch erster Ansprechpartner ist – sowohl bei Vertragsabschluss als auch während der Vertragslaufzeit. Nicht ganz ein Drittel der Befragten geht aber auch auf Ansprechpartner in der Direktion einer Versicherung zu. Damit Vermittler erste Ansprechpartner bleiben, müssen sie Tag für Tag Überzeugungsarbeit leisten.

Das Marktforschungsteam der Aeiforia hat sich gefragt, welche Kriterien für eine gute und nachhaltige Beratung gelten sollten und hat vier Erfolgsfaktoren herausgearbeitet.

Eine gute und nachhaltige Beratungsleistung überzeugt,

  • wenn sie sich an der tatsächlichen und der zu erwartenden Situation des Kunden orientiert und nachvollziehbar erkennbar ist, dass alle vorliegenden Fakten berücksichtigt werden und zukünftige Szenarien beispielhaft aufgezeigt werden. (Hier kann zukünftig die Digitale Rentenübersicht hilfreich sein.)
  • wenn eine Auswahl an Versicherungsprodukten zur Verfügung gestellt wird, die der Kunde im Hinblick auf seine eigene Situation bewerten kann
  • wenn das Kleingedruckte im Gespräch erläutert wird, denn nur knapp ein Drittel derjenigen, die bereits eine Lebensversicherung abgeschlossen haben, geben an, die Vertragsunterlagen eingehend studiert zu haben. Bei allen anderen muss – auch wenn sie eine entsprechende Erklärung zur erhaltenen Information abgegeben haben – damit gerechnet werden, dass sie irgendwann auf etwas aufmerksam werden, was sie sich so in ihrer Vertragsgestaltung nicht vorgestellt hatten – und so etwas ist immer ärgerlich
  • wenn die Beratung jährlich wiederholt wird und in Art einer Längsschnittbetrachtung neue Erkenntnisse einfließen lässt

Thorsten Keil, Mathematiker und Leiter des Geschäftsfelds Produktentwicklung & Aktuariat bei Aeiforia, erklärt dazu: „Grundsätzlich gilt, dass wir alle nur für die Leistung bezahlen möchten, die uns etwas wert ist. Wenn Menschen eine Beratungsleistung gar nicht oder nur gering wertschätzen, dann sollten diejenigen, die die Leistung erbringen, alles dafür tun, dass die Leistung für ihre Kunden sichtbar und von Nutzen ist.“

Zudem sollte die Leistung die Erwartungen der Kunden erfüllen, rät Keil. Nach Abschluss einer Versicherung und während der gesamten Vertragslaufzeit sollte der Kunde das Gefühl haben, einen guten und bedarfsgerechten Vertrag zu einem fairen Preis abgeschlossen zu haben.

Über die Umfrage

Über Appinio GmbH in Hamburg hat Aeiforia in einer Online-Umfrage zum Thema ‚Beratungsleistung in der Lebensversicherung‘ vom 14. Juni bis 16. Juni 2023 1.000 Berufstätige und Rentner in Deutschland befragt, die national repräsentativ nach Alter (18 – 65) und Geschlecht quotiert wurden. Die Respondents wurden über eine mobile Online-Befragung rekrutiert. Durchschnittsalter der Befragten: 41,7 Jahre.

815 Personen, die bereits eine Versicherung abgeschlossen hatten oder planen, eine Versicherung abzuschließen, haben ihre Meinung mitgeteilt. 185 weitere befragte Personen hatten kein Interesse an einer Lebensversicherung und planen auch keinen Versicherungsabschluss. Diese Gruppe wurde in der Auswertung nicht berücksichtigt.

Der Zweck der Umfrage besteht darin, grundlegende Tendenzen zu erkennen, die Aufschluss über die Wertschätzung von Beratungsleistungen geben und die Zahlungsbereitschaft der Lebensversicherungskunden erkennen lassen, um Konsequenzen für die Beratung zu ziehen. Eine detaillierte Abfrage von qualitativen, auf den Inhalt bezogenen Bewertungskriterien für eine Beratungsleistung ist nicht Gegenstand der Umfrage gewesen.