Allianz Autotag: Europa muss für autonomes Fahren fit gemacht werden

© lassedesignen – stock.adobe.com

Der 9. Allianz Autotag beschäftigte sich am 22. September 2021 mit den rechtlichen und technischen Risiken des autonomen Fahrens. In Europa wird das automatisierte und führerlose Fahren bereits in den kommenden Jahren zur Realität.

Neben der Dekarbonisierung des Verkehrs bedeutet dies eine große Herausforderung für die europäische Wirtschaft und wird neue Formen der Mobilität eröffnen.

Bei der internationalen Allianz Veranstaltung wurde deutlich, wieso sich beim autonomen Fahren der Blick nicht nur auf ein einzelnes Land richten darf. Neue Mobilitätskonzepte können für die Gesellschaft nur dann sinnvoll und wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn sie länderübergreifend gedacht werden. Denn die Menschen werden künftig auch mit automatisierten Fahrzeugen reisen und dabei Ländergrenzen überschreiten.

Klaus-Peter Röhler, Vorstandsvorsitzender der Allianz Deutschland AG, sagte auf dem 9. Allianz Autotag:

Wir müssen unsere Straßen und Regeln europaweit fit machen für autonomes Fahren. Hierfür sehen wir die Notwendigkeit einer europäischen Harmonisierung. Denn bei einem Grenzübertritt müssen diese Autos nicht nur Beschilderungen und Markierungen erkennen und Verkehrsregeln einhalten, sondern es muss auch klar sein, wer bei einem Unfall haftet.

Erste Gesetze zum autonomen Fahren in Europa

Die UNECE (United Nations Economic Commission for Europe) hat zwischenzeitlich weltweit die notwendigen Voraussetzungen für die Zulassungen erster automatisierter Fahrfunktionen geschaffen. Der deutsche Gesetzgeber hat sogar als erstes Land der Welt in diesem Jahr mit dem Gesetz zum autonomen Fahren den regulatorischen Rahmen für führerloses Fahren ermöglicht.

Während beim automatisierten Fahren der Fahrer weiterhin in der Pflicht bleibt, überwacht beim autonomen Fahren eine technische Aufsicht das Fahrzeug. Diese kann das Fahrzeug von außen deaktivieren und in schwierigen Situationen Fahrmanöver freigeben.

Versicherungsschutz kein Problem

Neue Technologien bergen immer auch neue Risiken. Autonome Fahrzeuge werden am Anfang ihrer Entwicklung einem Fahranfänger gleichen, der dazulernt. Kein Problem sieht die Allianz beim Versicherungsschutz. Sie möchte auch den „autonomen Fahranfängern“ und der „technischen Aufsicht“ Versicherungsschutz bieten und sie in der Kfz-Haftpflichtversicherung versichern, sagte Röhler.

Unfallaufklärung muss weiterhin möglich sein

Da gerade eine neue Technik nicht fehlerfrei ist, wird es auch künftig Unfälle, vor allem im Mischverkehr mit anderen Fahrzeugen, geben. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in automatisierte und autonome Systeme ist nur gewährleistet, wenn Unfallursachen – und auch Beinahe-Unfälle – korrekt aufgeklärt werden können.

Laut Röhler liege es in der Verantwortung von Europa, eine vernünftige Lösung zu finden, die es erlaubt, auch künftig Verkehrsunfälle unkompliziert aufklären zu können. So können Verkehrsopfer schnell entschädigt und das Vertrauen der Bevölkerung in die neue Technologie nicht zerstört werden.

Zur Unfallaufklärung werden künftig auch Sensordaten wie Radar, Lidar und Kameraaufzeichnungen benötigt. Nur so können zum Beispiel Unfälle oder Beinahe-Unfälle mit Fußgängern erfasst und bewertet werden. Die Forderung hier der Allianz: Es muss eine einheitliche europaweite Regelung geben, was den Datenschutz betrifft. Sie fordern einen unabhängigen Datentreuhänder, der prüft, ob ein berechtigtes Interesse an der Unfallaufklärung besteht.

Dieser soll die Daten mittels eines standardisierten und diskriminierungsfreien Datenzugangs den Berechtigten zur Verfügung stellen. In anonymisierter Form sollen diese auch der Unfallforschung und der Automobilindustrie zur Verfügung gestellt werden, damit Fehler schnell korrigiert und die Systeme verbessert werden können.

Wie wird der Halter eines automatisiert fahrenden Autos geschützt?

Die Gefährdungshaftung des Halters stellt auch bei automatisierten Fahrsystemen sicher, dass das unschuldige Verkehrsopfer vollumfänglich geschützt ist. Es wird aber in Zukunft vorkommen, dass der Halter selbst in seinem automatisiert fahrenden Fahrzeug sitzt und verletzt wird.

Da der Halter nach aktueller Rechtslage keine Ansprüche gegen sich selbst stellen kann, bliebe ihm nur ein Anspruch aus dem Produkthaftungsrecht gegen den Hersteller. Die Allianz ist der Auffassung, dass auch der Kfz-Halter in seinem Fahrzeug bei Fahrten im automatisierten Modus rechtlich geschützt sein muss, wenn er den Unfall nicht durch einen eigenen Fehler, zum Beispiel durch Missachtung einer Fehlermeldung, selbst mit verursacht hat.

Die Allianz diskutiere für Deutschland zum Beispiel eine solche Produktlösung. Bei dieser sollte künftig auch der Fahrzeughalter bei einem vom Fahrzeug im automatisierten Modus verursachten Unfall in den Schutz der Kfz-Versicherung integriert werden.