Änderungen der gesetzlichen Grundlagen für die betriebliche Altersversorgung

Änderungen der gesetzlichen Grundlagen für die betriebliche Altersversorgung
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Nachdem zuvor im Bundestag beschlossen und vom Bundesrat genehmigt, wurde am 12. Juni 2020 das Siebte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGB IV-ÄndG) verkündet. Dies ist bereits zum 1. Juli 2020 in Kraft getreten (Bundesgesetzblatt Teil I 2020 Nr. 28 23.06.2020 S. 1248). Der darin enthaltene Artikel 8a bringt einigen Änderungen des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG), die auch für die Beratungspraxis von Relevanz sind.

Wesentlicher Auslöser der Reform des BetrAVG war die zunehmend schwieriger werdende wirtschaftliche Situation infolge der Niedrigzinsphase gerade von Pensionskassen. Da gerade regulierte Pensionskassen, die nicht zu Versicherungskonzernen gehören, in der Vergangenheit häufig höher verzinste Garantieleistungen zugesagt haben, bekommen diese nun immer mehr Probleme, ihre (retrospektiv zu) großzügigen Leistungsversprechen zu halten. Dies führte zuletzt immer häufiger zu notwendigen Eingriffen der BaFin in die Geschäftspläne der Pensionskassen mit dem Ergebnis, dass die garantierten Leistungen für den Anwärterbestand und auch für laufende Renten abgesenkt wurden.

1. Insolvenzsicherung bei Zusagen über Pensionskassen

Generell hat der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG eine Einstandspflicht für derartige Leistungskürzungen (sogenannte „Erfüllungshaftung“). Was ist jedoch, wenn der Arbeitgeber selbst insolvent wird? Bislang unterlagen Pensionskassen als einziger Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung nicht der Regelungen zum Insolvenzschutz nach den §§ 7 – 15 BetrAVG, somit hatte der Arbeitnehmer auch keinen Insolvenzschutz durch den Pensionssicherungsverein (PSVaG) und blieb auf Kürzungen sitzen. Mit der Reform werden künftig Pensionskassenzusagen gegen Insolvenz des Arbeitgebers gesichert (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BetrAVG bzw. § 7 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG n.F. i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG).

Jedoch hat der Gesetzgeber die Insolvenzsicherungspflicht und somit auch den Schutz der Arbeitnehmer beschränkt auf Pensionskassen, die nicht dem Sicherungsfonds Protektor angehören (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 2. Halbsatz BetrAVG n.F.). Protektor ist die von den deutschen Lebensversicherungsgesellschaften gegründete Sicherungseinrichtung, die bei Notlage einer Versicherungsgesellschaft einspringt.

Der Insolvenzschutz erstreckt sich also insbesondere auf Firmenpensionskassen und einige wenige „freie“ Pensionskassen. Die Ausnahme für Protektor-geschützte Pensionskassen (zur Mitgliederliste) mag auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, jedoch hat die Praxis gezeigt, dass auch bei Mitgliedern von Protektor Leistungskürzungen erfolgen können (und auch schon erfolgt sind). Zugleich besteht keinerlei Zusammenhang zwischen der Sicherungsfunktion von Protektor und der Insolvenz eines Arbeitgebers. Insofern ist das durch die Gesetzesreform angestrebte Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer nur bedingt gegeben.

Ebenfalls nicht insolvenzsicherungspflichtig (und nicht gegen Insolvenz geschützt) sind Pensionskassen in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 des Tarifvertragsgesetzes (z.B. SOKA Bau). Dort sollen die Tarifvertragsparteien selbst für ausreichende Schutzvorkehrungen sorgen. Ob und inwieweit dies möglich ist und auch umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Konsequenterweise sind auch die öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungskassen (ZVK und VBL) vom Schutz durch den PSVaG ausgenommen (§ 18 Abs. 7 Satz 1, 2. Halbsatz BetrAVG), da deren Anwärter im Wesentlichen aus Angestellten des öffentlichen Diensts stammen, nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO aber weder die Bundesrepublik Deutschland noch Bundesländer insolvenzfähig sind. Ebenso werden juristische Personen des öffentlichen Rechts (zum Beispiel Körperschaften, Anstalten) grundsätzlich als nicht insolvenzfähig eingestuft (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Hier existieren eigene staatliche Mittel, um bei mangelnder Zahlungsfähigkeit für einen Ausgleich zu sorgen.

Arbeitgeber mit sicherungspflichtigen (unverfallbaren) Pensionskassenzusagen müssen sich bis spätestens 31. März 2021 beim PSVaG anmelden. Die PSV-Beitragspflicht beginnt erstmalig im Jahr 2021 und beläuft sich zunächst auf 3 Promille der Beitragsbemessungsgrundlage. Zusätzlich zum – jedes Jahr durch den PSVaG neu festzulegenden Beitragssatz – wird für die Jahre 2022 bis 2025 ein Beitrag in Höhe von 1,5 Promille der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben. Beitragspflichtig ist der Arbeitgeber, es ist aber auch möglich, dass der Versorgungsträger (Pensionskasse) die Beiträge für den Arbeitgeber übernimmt werden (§ 10 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG).

Beitragsbemessungsgrundlage ist dabei bei Anwartschaften auf lebenslange Altersleistungen (gegebenenfalls in Kombination mit Invaliditäts- und/oder Hinterbliebenenleistungen) die Höhe der jährlichen Versorgungsleistung, die im Leistungsfall, spätestens zum Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung, erreicht werden kann, also ebenso wie bei der rückgedeckten Unterstützungskasse die garantierte Rentenleistung zuzüglich der tatsächlich zugewiesenen Überschussanteile. Bei Kapitalleistungen gelten 10 Prozent der Kapitalleistung (Garantieleistung zuzüglich zugewiesene Überschüsse), bei Auszahlungsplänen 10 Prozent der Ratensumme zuzüglich des Restkapitals als Höhe der lebenslangen jährlichen Versorgungsleistung.

Bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung richtet sich davon abweichend die Beitragsbemessung in der Anwartschaftsphase nach der Höhe der zugesagten Mindestleistung (Summe der Beiträge abzüglich biometrischer Risikoanteile) nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG.

Bei lebenslang laufenden Leistungen beträgt die Bemessungsgrundlage 20 Prozent des Deckungskapitals nach § 4 d EStG.

Abgesichert sind Zusagen, bei denen der Sicherungsfall (Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, außergerichtlicher Vergleich zur Abwendung eines Insolvenzverfahrensmit Zustimmung des PSVaG oder bei vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit ohne Insolvenzantrag, wenn dieses offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt) nach dem 31.12.2021 eingetreten ist. Bei Eintritt des Sicherungsfalls schon vor dem 01.01.2022 ist der Insolvenzsicherungsschutz sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nur eingeschränkt vorhanden.

2.    Insolvenzsicherung bei Zusagen über Pensionsfonds

Überraschend wurde auch die Grundlage der Ermittlung für PSV-Beiträge bei Pensionsfondszusagen geändert (§ 10 Abs. 3 Nr. 4 BetrAVG). Bisher betrug der PSV-Beitrag 20 Prozent des Teilwerts nach § 6a EStG, den man auch für die Ermittlung von Pensionsrückstellungen heranzieht.

Es erfolgt Umsetzung der Beitragsberechnung analog der Pensionskasse und in Anlehnung an das schon lange praktizierte Verfahren bei Unterstützungsassen. Bei Anwartschaften auf lebenslange Altersrenten ist die Beitragsbemessungsgrundlage also auch hier die Höhe der jährlichen Versorgungsleistung, die im Versorgungsfall erreicht werden kann, Anwartschaften auf Kapitalleistungen sind es 10 Prozent der Kapitalleistung. Bei lebenslang laufenden Leistungen beträgt die Bemessungsgrundlage 20 Prozent des Deckungskapitals nach § 4 d EStG.

Nach § 30 Abs. 4 BetrAVG gilt für die Änderung der Berechnung der PSV-Beiträge bei Pensionsfondszusagen eine Übergangszeit: Für die Beitragsjahre 2021 und 2022 kann der Arbeitgeber die Beitragsbemessungsgrundlage auch noch nach der alten Regelung ermitteln.

3.    Keine Willenserklärung mehr erforderlich bei versicherungsvertraglicher Lösung

Scheidet ein Arbeitnehmer mit unverfallbaren Anwartschaften aus eine Direktversicherungs- oder Pensionskassenzusage bei seinem Arbeitgeber aus, so wird üblicherweise die Höhe seiner Ansprüche auf Versorgungsleistung in der Höhe auf die im Zeitpunkt des Ausscheidens finanzierten Leistungen der Versicherung begrenzt, indem dem Mitarbeiter die Versicherungsnehmereigenschaft übertragen wird (§ 2 Abs. 2 Satz 2 bzw. Abs. 3 Satz 2 BetrAVG).

Diese sogenannte „versicherungsvertragliche Lösung“ (auch Ersatzverfahren genannt) war zwar gängige Praxis, jedoch gab es aufgrund der gesetzlichen Anforderung an dieses Verfahren immer wieder Probleme in der rechtswirksamen Umsetzung. Bisher musste der Arbeitgeber ausdrücklich eine entsprechende Willenserklärung gegenüber dem Versicherer und vor allem auch dem Arbeitnehmer abgeben. Diese (empfangsbedürftige) Willenserklärung musste im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausschieden, spätestens jedoch 3 Monate nach Ausscheiden des Arbeitnehmers erfolgt sein. Eine Voraberklärung zum Beispiel über eine Betriebsvereinbarung reichte hierfür nicht aus.

Jetzt wurde durch Änderung des § 2 BetrAVG die versicherungsförmige zum Standardfall, ohne dass der Arbeitgeber eine explizite Erklärung hierfür abgeben muss binnen einer Frist. Die Umsetzung kann nunmehr auch wesentlich später noch erfolgen. Ob diese Regelung deshalb aber auch für bereist vor dem Inkrafttreten der Neuregelung ausgeschiedene Arbeitnehmer gilt, darf zumindest angezweifelt werden. Denn üblicherweise sind, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt, die rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Ausscheidens maßgeblich.

Zu beachten ist auch noch, dass die dem Arbeitgeber als Voraussetzung für die Umsetzung der versicherungsvertraglichen Lösung erforderlichen sozialen Komponenten nach wie vor bestehen. Auch darin ist eine Frist enthalten und nach wie vor gültig.  Bei Pensionskassen (vor allem bei regulierten) ist zudem zu prüfen, ob der Geschäftsplan oder die übrigen Geschäftsunterlagen die Voraussetzungen der versicherungsvertraglichen Lösung überhaupt erfüllen.

Insgesamt ist diese Änderung ein Schritt in die richtige Richtung, leider jedoch erneut nicht die finale Lösung für alle Zusagen über Direktversicherungen und Pensionskassen. Denn für die Beitragszusage mit Mindestleistung bleibt leider alles beim Alten.

4.    Erhöhung des Förderbeitrags nach § 100 EStG

Am 2. Juli 2020 hat der Deutsche Bundestag das Grundrentengesetz verabschiedet (Drucksache 19/18473), am darauffolgenden stimmte der Bundesrat dem Gesetzesvorhaben zu (Drucksache 387/20). In Artikel 6 Nr. 2 dieses Nominalgesetzes werden dabei auch Änderungen an der bisherigen Förderung für Geringverdiener nach § 100 EStG vorgenommen. So wird dies bisherige Einkommensgrenze von 2.200 Euro bei monatlichem Lohnzahlungszeitraum auf nunmehr 2.575 Euro angehoben, bei kürzeren oder längeren Lohnzahlungszeiträumen dem entsprechend.

Ebenfalls angehoben wird der maximal förderfähige Beitrag von bisher 480 Euro p.a. auf nunmehr 960 Euro p.a., die Untergrenze (Mindestbeitrag für steuerliche Förderung) bleibt unverändert bei 240 Euro p.a. Auch die bisher schon bestehenden Voraussetzungen für die steuerliche Förderung bleiben unverändert.

Die Änderung beim BAV-Förderbetrag tritt am Tag nach der Verkündung dieses Änderungsgesetzes in Kraft und gilt infolge der Anwendungsregelung in § 52 Abs. 1 EStG für alle Lohnzahlungszeiträume des Jahres 2020 (bei Arbeitgeberbeiträgen, die laufender Arbeitslohn sind) und für alle Zuflusszeitpunkte in 2020 (bei Arbeitgeberbeiträgen, die sonstige Bezüge sind). Hat der Arbeitgeber in der Zeit zwischen dem 1. Januar und dem Inkrafttreten im Laufe des Jahres 2020 zusätzliche, im Rahmen des § 100 EStG begünstigte Arbeitgeberbeiträge von mehr als 480 Euro erbracht, kann er höhere BAV-Förderbeträge über geänderte Lohnsteuer-Anmeldungen geltend machen.

Auch diese Änderung ist grundsätzlich positiv zu bewerten, ob sie jedoch dazu führt, die aufgrund anderer Aspekte bislang mangelnde Akzeptanz der Förderrente deutlich zu verbessern, bleibt abzuwarten.

Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex steht der Experte Markus Kirner ([email protected]) zur Verfügung.