„Unser Leitbild: begeisterte Kunden und starke Vertriebe.“

Dr. Rainer Reitzler
Dr. Rainer Reitzler, CEO Münchener Verein Versicherungsgruppe © Münchener Verein Versicherungsgruppe

„Die globale Konjunktur dürfte auch zum Jahresende 2019 kraftlos geblieben sein. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften schwächte sich das Wirtschaftswachstum sogar etwas ab […]“, titelte die Deutsche Bundesbank in ihrem Monatsbericht Februar 2020. Kurz danach stellte die Corona-Krise die Wirtschaft vor neue Herausforderungen, zwei Jahre später verschärften die Folgen des Ukraine-Kriegs den Krisenmodus. Bis heute.

In diesen schwierigen Jahren meldete der Münchener Verein jedoch kontinuierlich Wachstumsrekorde. Ebenfalls bis heute. Dabei nimmt die private Krankenversicherung einen hohen Stellenwert ein: durch die konsequente Zielgruppenstrategie, die angestammten Geschäftsfelder mit starken Zuwächsen bei den Zusatzversicherungen sowie bei den Vollversicherten mit einem Ergebnis im Markttrend. Wir sprechen mit CEO Dr. Rainer Reitzler über Stärken, Erfolge und Ziele.

Herr Dr. Reitzler, wie gelingt es dem Münchener Verein, diese Erfolgsgeschichte zu schreiben?
Das sehr starke Geschäftsjahr in unserem Jubiläumsjahr 2022 toppen wir aktuell mit einem historischen Rekordergebnis für das Geschäftsjahr 2023. Fast 840 Millionen Euro Beitragseinnahmen, der Anstieg der Versicherungsverträge auf über eine Million, ein Rekordneugeschäft mit 30 Prozent Wachstum über alle Sparten sind nur einige der Erfolgszahlen, die für sich sprechen. Weitere Erfolgsfaktoren sind unser klares Bekenntnis, absolut zuverlässig und auf Augenhöhe an der Seite unserer Vertriebspartner zu stehen, die hohe Spezialisierung auf die Kernzielgruppe Handwerk – das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – sowie die erfolgreich geführten Kooperationen mit einigen der GKVs.

Für dieses großartige Ergebnis bedanke ich mich bei unseren Mitarbeitenden und Vertriebspartnern ganz ausdrücklich, denn nur gemeinsam kann Erfolg vertrauensvoll reifen und wachsen. Hinzu kommt unsere Kapitalstärke mit einer Solvency-II-Quote von 1.184 Prozent in der Lebensversicherung zum Stichtag 31. Dezember 2022, die unter Berücksichtigung der Übergangsmaßnahmen deutlich über dem Vorjahresniveau lag. In der Krankenversicherung übertrafen wir mit 794 Prozent ebenso wie in der Allgemeinen Versicherung mit 300 Prozent die regulatorischen Anforderungen ebenfalls deutlich. Das sind Top-Zahlen, deren Fundament unsere Kapitalanlagestrategie, der Produkt- und Bestandsmix sowie eine angemessene Eigenkapitalbasis bilden.

Im Jahr 2023 stellte der Münchener Verein mit GemeinsamGesund eine betriebliche Krankenversicherung an die Rampe, die vom Start weg überzeugte. Was war dafür ausschlaggebend?
Unser Ziel war, mit GemeinsamGesund und den sieben bkV-Tarifen ein perfektes, komplett digitales Gesamtpaket zu präsentieren, das sich klar vom Markt abhebt und sofort als erlebbarer Mehrwert wahrgenommen wird. Health Benefits für alle Beteiligten und Anforderungen, die Betriebe schon ab fünf Mitarbeitern anbieten können. Das ist uns gelungen, wie die vielfachen Auszeichnungen bestätigen.

Betriebliche Benefits für den Gesundheitsschutz werden immer beliebter. Warum sollten Betriebe nicht zögern und jetzt in diese Arbeitgeberfürsorge investieren?
Zwei Aspekte beschleunigen die betriebliche Vorsorge: Durch die Corona-Jahre wurde das Bewusstsein für die Gesundheitsvorsorge gefördert und der verschärfte Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. Bis 2036 werden rund 30 Prozent der Erwerbstätigen den Arbeitsmarkt verlassen, weil die Generation der Babyboomer in Rente gehen wird. Die junge Generation kann die Lücke nicht schließen, selbst wenn Fachkräften aus dem Ausland der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert wird. Qualifizierte und vor allem ausreichend Mitarbeiter werden somit immer mehr zum ausschlaggebenden Faktor für den zukünftigen Unternehmenserfolg.

Leistungen, die keinen medizinisch belegbaren Nutzen haben, dürfen nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden“, lautet eine Aussage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Wie sehr befeuert dies den bKV-Markt kurz- und mittelfristig?
Die Finanzierungsprobleme und Leistungskürzungen der gesetzlichen Krankenkassen führen zu einer höheren Bereitschaft, privat oder betrieblich in die eigene Gesundheit zu investieren. Auch der Arbeitgeberwettbewerb um die besten Talente sorgt für weiteren Druck. Derzeit profitieren 1,97 von
46 Millionen Erwerbstätigen mit einem Wohnort in Deutschland von den Leistungen einer betrieblichen Krankenversicherung. Das ist ein Plus von 11,6 Prozent. Bezogen auf die Unternehmen, die im Jahr 2023 eine bKV einführten, sprechen wir von einem Plus von 33,2 Prozent. Diese Zahlen belegen das große Potenzial der bKV. Lassen Sie es uns gemeinsam heben.

GemeinsamGesund wurde als „Win-win-win-Lösung für alle“ im Markt eingeführt. Welche USPs erfüllen die Bedarfe der Arbeitgeber und -nehmer sowie der Vertriebspartner?
In erster Linie sollen Health Benefits für alle sofort erlebbar und vorteilhaft sein. Gleichzeitig ist Arbeitgeberfürsorge so individuell wie der Betrieb selbst. Flexibilität ist deshalb unverzichtbar, um Lösungen für jede Unternehmensgröße anzubieten. Arbeitgeber wünschen sich positive Einflüsse auf das Betriebsklima und ein Kostensenkungspotenzial.

Zum Beispiel, um das staatlich geförderte soziale Engagement mit bis zu 50 Euro steuer- und sozialversicherungsfreien Sachbezügen zu nutzen. Der sehr preiswerte Kompakttarif mit einem Monatsbeitrag unter sechs Euro ist die günstigste Eintrittskarte in das Universum der bKV und bietet den steuerbegünstigten Abzug als Betriebsausgabe. Unsere vier Budgettarife mit jährlichen Budgets von 300, 600, 1.000 und 1.500 Euro beinhalten eine große Auswahl ambulanter und zahnmedizinischer Leistungen. Zudem sichern die beiden stationären Tarife in der Klinik ein Ein- oder Zweibettzimmer sowie die Chefarztbehandlung ab. Von allen Leistungen profitieren Mitarbeitende sofort. Somit kann die bKV mit interessanten Monatsbeiträgen günstiger als eine Gehaltserhöhung sein. Und Mitarbeitende und deren Familienangehörige können die Zusatzleistungen für ihre Gesundheit sofort nutzen, ohne Belastung für den eigenen Geldbeutel.

Die bKV ist ein Must-have in der Arbeitgeberfürsorge: Wie geht der Münchener Verein hier mit gutem Beispiel voran?
Unsere Mitarbeitenden zu unterstützen, ist eine Selbstverständlichkeit. Für ein höheres Einkommen im Alter bieten wir eine betriebliche Altersversorgung an. Die betriebliche Krankenversicherung wurde für alle zu unserem 100-jährigen Firmenjubiläum eingeführt. Alle Mitarbeitenden bekommen eine bKV – die Beiträge übernehmen wir. Darüber hinaus investieren wir seit geraumer Zeit in Smart Working für eine bessere Work-Life-Balance. Dazu zählt für uns auch Workation sowie modernste Arbeitsplätze in einer offenen und angenehmen Arbeitsumgebung, zum Beispiel im neuen Bürogebäude „das max“.

Die ideale Form der Kundenberatung ist B2B sowie B2C digital und persönlich. Wie digital positioniert sich der Münchener Verein – auch mit Blick auf den Einsatz von KI?
Ende 2023 zum zwölften Mal in Folge zum „Versicherer des Jahres“ gewählt zu werden, macht uns stolz und motiviert uns als der führende Serviceversicherer in Deutschland zu weiteren Bestleistungen. „Begeisterte Kunden und starke Vertriebe“ sind die Leitsätze unserer Strategie „Wachstum25“. Modernste Prozessautomatisierungen im Innendienst, fehlerfreie digitale Abschlussmöglichkeiten für den Vertrieb und Serviceangebote, die Endkunden begeistern, stehen auf der Prioritätenliste ganz oben. Unser Motor läuft dafür auf Hochtouren. Leerlauf oder Stillstand gibt es nicht. Als Gründungsmitglied des InsurTech Hub Munich im Jahr 2017 scannen wir im Rahmen unserer Kooperation stetig neue digitale Services und werden künftig unser Engagement erweitern. Mein Vorstandskollege Dr. Stefan Lohmöller sowie der Fachbereichsleiter der Allgemeinen Versicherung, Dr. Joachim Ziegler, übernehmen zentrale Positionen im Führungskreis. Darüber hinaus arbeiten wir mit vielen Start-ups zusammen und profitieren von diesem Spirit, indem sukzessive KI-Technologien implementiert und die rasante Entwicklung von ChatGPT sehr genau gescreent verfolgt werden – auch mit Blick auf rechtliche Belange im betrieblichen Einsatz.

2023 war für den Münchener Verein ein historisches Jahr mit Rekordergebnissen, einem Feuerwerk an Auszeichnungen. Wie hoch liegt die Messlatte für 2024?
Das historische Rekordneugeschäft im Geschäftsjahr 2023 spornt an, um unser Jahresergebnis 2024 nochmals zu übertreffen. Eine signifikante Steigerung sehen wir durch den Ausbau des Online-Neugeschäfts sowie durch strategische Kooperationen. Geplant ist, den Absatz des Deutschen
HandwerkerSchutzes zu forcieren und mit GemeinsamGesund in der betrieblichen Vorsorge noch mehr Gas zu geben. Dafür wird in Kürze ergänzend zur obligatorischen beziehungsweise arbeitgeberfinanzierten Variante auch die fakultative arbeitnehmerfinanzierte Lösung zur Verfügung stehen. Zudem arbeiten wir in allen Sparten an Produktoptimierungen. Zum Beispiel in der Lebensversicherung mit dem Fokus auf weiteren Fonds- und Biometrie-Produkten.

Herr Dr. Reitzler, Sie sprechen auch bei kritischen Themen Klartext. Zwei Fragen: Wie könnte die Schieflage des Gesundheitssystems und dessen Finanzierung stabilisiert werden? Was wäre zu tun, um einem Kollaps der sozialen Sicherungssysteme etwas entgegenzusetzen?
Dr. Rainer Reitzler: Die laufenden Ausgaben für die Gesundheitsversorgung steigen kontinuierlich an. So hat das Statistische Bundesamt für das Jahr 2022 insgesamt Gesundheitsausgaben von 498,1 Milliarden Euro ermittelt. Davon hat die gesetzliche Krankenversicherung für die Gesundheitsversorgung ihrer Versicherten 289,2 Milliarden ausgegeben. Das deutsche Gesundheitssystem ist seit Langem ein Intensivpatient, der künstlich am Leben gehalten wird. Daran änderte auch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz nichts. Um das deutsche Gesundheitssystem nachhaltig zu stabilisieren und einem Kollaps der sozialen Sicherungssysteme etwas entgegenzusetzen, bedarf es grundsätzlicher Reformen mit einem ganzheitlichen Ansatz. Doch die Ampel-Regierung zeigt wenig Motivation, das Ruder herumzureißen, und bittet dafür die GKV-Versicherten zur Kasse. Große politische Reformen und Änderungen bleiben unrealistisch. Zwangsläufig sind durch das duale Gesundheitssystem und die Überalterung der Bevölkerung regelmäßige Beitragsanpassungen in der GKV und PKV zu erwarten. Umso wichtiger sind deshalb eine effektive Kostendämpfungspolitik, die verstärkte Nutzung digitaler Technologien und mehr Präventionsangebote. Leistungskürzungen in der GKV werden trotzdem unvermeidbar sein.

Mit Blick auf die angekündigte Reform der privaten Altersvorsorge fällt auf, dass die Ampel-Regierung dem Langlebigkeitsrisiko wenig Aufmerksamkeit schenkt. Verfolgt sie die Empfehlung für mehr Flexibilität bei der Verwendung des Altersvorsorgevermögens und die Abkehr von der Leibrente, besteht die Gefahr, dass das angesparte Vermögen bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 85 Jahren zu früh verbraucht ist. Was, wenn am Ende der Rente dann noch 10 bis 20 Jahre Leben übrig sind? Weitblick und nachhaltiges Handeln sind gefragt. Attribute, die die Verantwortlichen derzeit vermissen lassen – auch das 2023 eingeführte Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz ist ein gutes Beispiel dafür.

Herr Dr. Reitzler, vielen Dank für das Gespräch.