Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt Zunahme von Sexualdelikten

Polizeischild an Wache
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Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) verzeichnete für das Jahr 2023 insgesamt 39.029 Fälle von sexueller Nötigung und Vergewaltigung, ein Anstieg gegenüber den 37.076 Fällen des Vorjahres. Eine bemerkenswert hohe Aufklärungsquote von 80,9 Prozent bleibt bestehen. Unter den 29.727 erfassten Tatverdächtigen sind 97,8 Prozent Männer, einschließlich 4.065 Minderjähriger. Die Opferzahlen belaufen sich auf 40.674, wovon 91,9 Prozent Frauen waren.

Mehr als die Hälfte der Opfer hatten vorherige Bekanntschaften mit den Tatverdächtigen, sei es durch familiäre Bindungen, Freundschaften oder flüchtige Begegnungen. Insgesamt 15.221 Opfer standen in keiner Beziehung zu den Tatverdächtigen, und bei 3.338 Fällen blieb das Verhältnis ungeklärt.

Jörg Kachelmann und Co. – Falsche Verdächtigen bei Sexualdelikten

Laut Nikias Roth, Anwalt für Sexualstrafrecht aus Mülheim an der Ruhr, hat leider nicht nur die Anzahl realer Sexualdelikte zugenommen, sondern auch die Anzahl falscher Beschuldigungen. Dies belegen auch Daten des Bayerischen Landeskriminalamts (BLKA), laut denen mehr als die Hälfte der angezeigten Sexualstraftaten vorgetäuscht sind. Bei Sexualdelikten kommt es somit mit deutlichem Abstand am häufigsten zu Falschanzeigen.

In der jüngeren Vergangenheit hat besonders der Fall Jörg Kachelmann Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeiten und tiefgreifenden Konsequenzen gelenkt, die falsche Beschuldigungen in Sexualdeliktsverfahren mit sich bringen. Kachelmann wurde zwar freigesprochen, litt jedoch lange unter den Folgen der Anschuldigungen. Dieser Fall illustriert die Komplexität der Ermittlungen und die gravierenden Auswirkungen auf das Leben der fälschlicherweise Beschuldigten.

Die negativen Folgen betreffen nicht nur die persönliche Existenz und das Privatleben, sondern können das Opfer auch finanziell ruinieren, auch wenn eine Rechtsschutzversicherung besteht. Hinzu kommt das Risiko langjähriger Haftstrafen bei einer ungerechtfertigten Verurteilung, was die Dringlichkeit einer genauen und gerechten Prozessführung unterstreicht.

Anwaltliche Hilfe bei falscher Verdächtigung

Roth empfiehlt den Opfern einer falschen Verdächtigung umgehend einen spezialisierten Anwalt für Sexualstrafrecht zu konsultieren, weil sich das Verfahren grundlegend von anderen Strafverfahren, besonders im Hinblick auf die Bedeutung der Vorverfahrensphase, unterscheidet. Es ist essenziell, frühzeitig aktiv zu werden, indem man etwa das mutmaßliche Opfer mehrfach befragen lässt, psychologische Gutachten initiiert und Nachforschungen im Umfeld des Opfers anstellt.
Die Ernsthaftigkeit eines Sexualdeliktvorwurfs muss stets anerkannt werden, auch wenn man sich der eigenen Unschuld sicher ist. Schon die bloße Behauptung eines Opfers kann schwerwiegende Folgen haben, einschließlich Untersuchungshaft, ohne dass eine Schuldfrage bereits gerichtlich geklärt ist. Oftmals kann eine gut begründete Verteidigungsschrift das Verfahren noch vor Erreichen des Gerichtssaals beenden, indem sie Aussagen entkräftet und rechtliche Mängel aufdeckt. Laut erfahrenen Anwältin für Sexualstrafrecht enden etwa 70 Prozent der Fälle nach dem Einreichen einer solchen Schrift in einer Einstellung.

Die Erstellung der Verteidigungsschrift durch den Anwalt

Ein spezialisierter Strafrechtsanwalt beginnt seine Arbeit in der Regel mit der Einsichtnahme in die Ermittlungsakten. Vor dieser Akteneinsicht ist es entscheidend, dass der Beschuldigte keine Aussagen macht und die Details des Falles nicht mit Dritten bespricht, um das Risiko zu vermeiden, dass diese als Zeugen vernommen werden können. Im weiteren Verlauf der Verteidigung wird der Anwalt die Akten auf Widersprüche prüfen und die Aussagen seines Mandanten sorgfältig dokumentieren, um diese an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten. Ein weiterer Schritt umfasst die Anregung zusätzlicher Vernehmungen des vermeintlichen Opfers und die Einholung psychologischer Gutachten.

Die Recherche im Umfeld des Opfers kann ebenfalls entlastende Beweise zutage fördern, beispielsweise durch die Untersuchung von Kommunikationsverläufen in sozialen Medien oder Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur des Opfers. Basierend auf den gesammelten Informationen erstellt der Anwalt einen Verteidigungsschriftsatz, der die Fakten und rechtlichen Argumente zusammenfasst, welche die Darstellung des Opfers infrage stellen.

Sollte das Verfahren nicht eingestellt werden, besteht im Zwischenverfahren die Möglichkeit, das Gericht auf alle relevanten entlastenden Umstände hinzuweisen. Im Falle einer Anklage bleibt nur die umfassende Nutzung aller rechtlichen Mittel, um einen Freispruch zu erreichen, inklusive der Beantragung von Glaubwürdigkeitsgutachten und der Aufdeckung von Widersprüchen in den Aussagen.