Die Konsolidierung in der Finanzindustrie gewinnt weiter an Relevanz

Die Konsolidierung in der Finanzindustrie gewinnt weiter an Relevanz
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Die Tendenz auf dem Finanzmarkt zu Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions) schreitet weiter voran und lässt eine sich in Zukunft noch verstärkende Konsolidierung erkennen. Gründe dafür gibt es genug: Wachsende regulatorische Vorgaben, Kostendruck und Relation von Aufwand und Erträgen (cost-income-ratio), die Niedrigzinspolitik der EZB und damit eingehender wachsender Konkurrenzdruck und nicht zuletzt die zunehmende Digitalisierung fordern ihren Tribut.

Um sich zukunftssicher aufzustellen, gehen viele Akteure daher lieber gemeinsame statt getrennte Wege – doch gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht. Denn viele Übernahmen führen mittel- bis langfristig nicht zu dem erwünschten Erfolg. Um dies zu gewährleisten, müssen die Akteure wichtige Hürden bewältigen, Faktoren für den Erfolg erkennen und ihre Übernahme umsichtig angehen. Dabei spielt vor allem ein Hindernis eine wichtige Rolle: die Post-Merger-Integration (PMI).

Die Konsolidierung in der Finanzindustrie ist mehr als ein vielbeachtetes strategisches Thema, viele sprechen gar von einem Megatrend: Auch wenn die Fusionsgespräche zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank vorerst ad acta gelegt wurden, beflügeln verschiedene Commerzbank-Übernahme-Gerüchte die Fantasien, sind die Ambitionen der ING und UniCredit und zahlreicher anderer ausländischer Investoren (zum Beispiel die französische Privatbank Oddo & Cie., Investoren aus China wie Fosun, aus den USA wie C. C. Flowers, Apollo und so weiter) nicht zu überhören und nicht zu übersehen.

Traditionsreiche Privatbanken wie Hauck&Aufhäuser, BHF und das Bankhaus Lampe wurden an ausländische Investoren verkauft. Der US-amerikanische Finanzinvestor Apollo Global Management hat die Bremer Kreditbank die Oldenburgische Landesbank AG gekauft und sie mit dem Bankhaus Neelmeyer und der Wüstenrot Bank zusammengeführt.

Eine weitere wichtige (vornehmlich nationale) Dynamik nimmt die Konsolidierung in der genossenschaftlichen Bankengruppe ein: Die Fusion der WGZ und der DZ Bank sowie Hunderter von Volks- und Raiffeisenbanken. Gleiches gilt für die Sparkassen-Finanzgruppe mit der Fusion zahlreicher Sparkassen, der Integration der LBB in die Deka, Verhandlungen um eine Zusammenführung von Deka und Landesbank-Thüringen. Vor wenigen Jahren wurden die verbleibenden Bereiche der WestLB in die Landesbank Hessen-Thüringen integriert. Erstmalig wurde mit der HSH Nordbank eine Landesbank an private Investoren unter Führung der Firma Cerberus und des Investors Christopher C. Flowers verkauft; die „alte“ Landesbank wurde nun in Hamburg Commercial Bank (HCB) umbenannt und revitalisiert. Die Frankfurter Volksbank eG, die fünftgrößte Gewerkschaftsbank hinter der DZ Bank, der Deutschen Ärzte- und Apothekerbank, der Sparda Bank und der Berliner Volksbank, ist seit 1998 an 15 M & A-Transaktionen mit anderen Genossenschaftsbanken beteiligt.

Die Liste der Beispiele ließe sich fortführen. Es sind fürwahr nicht nur Medienberichte oder die Gerüchteküche, sondern tatsächlich eindeutige Fakten: Gab es zum Beispiel 2016 ausweislich dem Bankstellenbericht der Deutschen Bundesbank noch rund 2.000 Banken (exklusive Börsen, Clearinghäuser, Asset Manager und sonstiger Financial Services Provider), so ist dies im internationalen Vergleich „over-banked“ und bemerkenswert fragmentiert, auch wenn es im Laufe der Jahrzehnte bereits eine gewisse Konsolidierung auch in Deutschland gab.

Die Bain Banking-Studie prognostiziert für 2025 eine Anzahl von noch lediglich 1.200 Banken. [1]

Übernahmen und Fusionen nehmen in der Finanzindustrie zu

Wachsende regulatorische Vorgaben, Kostendruck und Relation von Aufwand und Erträgen (cost-income-ratio), die Niedrigzinspolitik der EZB und damit eingehender wachsender Konkurrenzdruck und nicht zuletzt die zunehmende Digitalisierung führen zu immer mehr Übernahmen und Fusionen in der Finanzindustrie.

Gerade die zunehmenden regulatorischen Vorgaben, die digitale Transformation und die aktuelle Marktsituation, gekennzeichnet durch Kosten- und Margendruck und die Niedrigzinsphase, erlauben es vielen Kreditinstituten nur noch wettbewerbs- und überlebensfähig zu bleiben, wenn sie sich durch gut durchdachte und durchgeführte Fusionen und Übernahmen langfristig gut aufstellen. [2]

Andreas Dombret, der mit einer Arbeit über M&A-Transaktionen promoviert hat, machte bei seiner Abschiedsrede als Bundesbank-Vorstandsmitglied [3] deutlich, dass er in den kommenden Jahren noch mehr Fusionen und Übernahmen im Bankensektor sehe und dies der Branche helfe, sich „gesundzuschrumpfen“ und sich für die Zukunft zu formen.

Die Banken-Studie 2019 von Bain [4] schlägt in die gleiche Kerbe. Die Cost-Income-Ratio in Höhe von 73Prozent sei im internationalen Vergleich höher als bei europäischen, asiatischen oder US-amerikanischen Wettbewerbern. Die Eigenkapitalrendite sei historisch niedrig. Demzufolge stellt die Banken-Studie die die These auf, dass die deutschen Banken „ohne anorganische Maßnahmen“ (sprich Übernahmen und Fusionen) nicht zu wettbewerbsfähigen Renditen zurückkehren.

Resultate der M&A

M&A-Ergebnisse sind in der Praxis häufig nicht erfolgreich: Wachstum, neue Märkte, mehr Ertrag, bessere Cost-Income-Ratio, Stabilität, Kundenzufriedenheit sind alles andere als Selbstläufer.

Die klassische M&A-Literatur nennt unterschiedliche Motive für Übernahmen und Fusionen, wobei die Realisierung von Synergien als besonders relevant eingestuft werden darf.[5] Es werden dabei Synergien unterschieden, um den Umsatz zu steigern, die Kosten zu reduzieren, die Marktstellung auszubauen, die Rendite von Investments zu verbessern und z.B. auch die Erforschung von neuen Technologien zu erforschen. [6]  Gerade letzteres, die Nutzung neuer Technologien und die digitale Transformation, spielen eine immer größere Rolle. PMI-Vorhaben in diesem Umfeld benötigen aber auch passende Vorgehensmodelle. [7]

Ex-Bundesbanker Dombret mahnt an, dass „langfristig“ stabile Institute bei der Konsolidierung zu etablieren seien und weist darauf hin, dass M&A-Ergebnisse in der Bankenbranche bezüglich Ertrag, Stabilität, Marktmacht und Kundenzufriedenheit „gemischt“ seien: Positiven Skaleneffekten stünden auch negative Effekte gegenüber, mehr Konzentration und weniger Wettbewerb können zu höheren Preisen und weniger Qualität führen. [8]

Und die Liste der gemischten Ergebnisse und negativen Auswirkungen ließe sich fortsetzen mit nicht realisierten möglichen Kaufpreisen, Verlagerung von Kaufpreisanteilen in einen unsichereren variablen Kaufpreis („Earn-out“), strengeren Gewährleistungsauflagen bis hin zu abgebrochenen Deals oder nicht den Erwartungen entsprechenden Synergierealisierungen und Geschäftsentwicklung.

Dass Übernahmen und Fusionen gemessen an ihren realisierten Synergien und mittel- und langfristigen Ergebnissen häufig nicht als wirklich erfolgreich eingestuft werden können, bestätigen viele Fachartikel und wissenschaftliche Studien.[9]

Es gilt also verschiedene Hindernisse zu überwinden, Erfolgsfaktoren zu verstehen, vorausschauend und umsichtig zu planen. Dabei geht es u.a. darum, wie die Realisierung von Synergien in Übernahmen und Fusionen in der deutschen Finanzindustrie verbessert werden kann. Dies beginnt mit der Auswahl der richtigen Übernahme- und Fusionspartner, der Durchführung der eigentlichen Übernahme-/Fusions-Transaktion, dem Change-Management im Hinblick auf die Mitarbeiter und Kultur sowie insbesondere der Post-Merger-Integration (Konsolidierung der Prozesse, Daten, Systeme und Methoden, Integration und Migration).

Angesichts der zunehmenden Konsolidierung, auch der deutschen Finanzindustrie, und wissenschaftlich belegter eher mäßiger Erfolgsquoten, haben entsprechende Studien hohe praktische Relevanz. So führt der Autor diese periodisch mit mehreren Tausend Adressaten aus dem Finanzsektor durch. Die Ergebnisse sollen Rückschlüsse darauf ermöglichen, wie bevorstehende Übernahmen und Fusionen gerade in der Finanzindustrie in Deutschland erfolgreicher gestaltet werden können.

M&A-Transaktionen erfolgreich durchführen

M&A-Vorhaben müssen gründlich und professionell durchgeführt und die „richtigen“ Banken müssen zusammengebracht werden. Außerdem spielen Business Plan, Unternehmensbewertung, Due Dilligence sowie PMI gewichtige Rollen.

In der Literatur finden sich verschiedene Phasen und Erfolgsfaktoren, wie man M&A-Transaktionen, Übernahmen und Fusionen, strukturieren und erfolgreich durchführen kann. Diese lassen sich für einen Überblick wie folgt darstellen:

Author/Study M&A phases / success factors
Jansen (2008) Pre-merger Merger Post-merger
Carpenter & Saunders (2007) idea justification (due diligence & deal negotiation) acquisition integration results analysis
Epstein (2005) strategic

vision & fit

deal structure due diligence pre-merger planning external factors post-merger integration
DiGeorgio (2002) Front-end success (selection of right target incl. cultural fit and transition structure based on type of combination) Integration success (integration plan, communication plan, people management, retaining people)
Galpin & Herndon (2000) Formulate Locate Investigation Negotiate Integration
Haspeslagh & Jameson (1991) Idea Justification Integration Results
Kazemak & Grauman(1989) Assessment Joint planning Issues analysis Structure selection Securing approvals Final planning Implementation
Salus (1989) Pre-merger Merger Post-merger
Farley & Schwallie (1982) Integration with Strategic plan Intelligent screening Evaluation of targets Understanding value & price Anticipating post-acquisition phase Efficient implementation

 

Auch durch die Praxis zahlreicher eigener durchgeführter M&A-Transaktionen und PMI-Projekte legt der Autor Wert auf die strukturierte und gewissenhafte Durchführung der folgenden Schritte:

Schritt 1: Festlegung der Strategie

  • Festlegung der Motive und Ziele, die mit der Übernahme beziehungsweise Fusion verfolgt werden sollen, zum Beispiel Realisierung spezifischer umsatz-, kosten- oder investmentbasierter Synergien, Marktsynergien, Empire-Building-Konzept und so weiter
  • Berücksichtigung einer sinnvollen weitgehenden Übereinstimmung der strategischen Orientierung der in Rede stehenden Unternehmen inklusive Märkten, Produkten und Kundengruppen [10] sowie ihrer Unternehmenskultur und Managementstile. [11]
  • Festlegung der Dealstruktur (zum Beispiel Asset Deal: Form der Unternehmensübernahme, bei der nur die Aktiva und nicht das Unternehmen selbst den Besitzer wechselt; Share Deal: Übernahme bzw. Zusammenschluss durch Übernahme von Aktien bzw. Unternehmensanteilen im Gegensatz zum Asset Deal).
  • Festlegung der Form der Transaktion basierend auf den Diversifikationskriterien (zum Beispiel vertikale Fusion, horizontale Fusion, hybride konzentrische/generische Fusion, gemischte konglomerate Fusion oder Ähnliches) und des Typs der Transaktion auf Basis der Integrationsambition (Erhaltung des Zielunternehmens, Symbiose, Absorption, Transformation und so weiter) [12]
  • Festlegung der Größe und des Ausmaßes der Transaktion [13]
  • Festlegung von Kriterien und Leitplanken für das Target Screening auf Basis der oben genannten Festlegungen.

Schritt 2: Marktbeobachtung und Identifizierung potenzieller Kandidaten (Target Screening):

  • Suche nach geeigneten Zielunternehmen entsprechend der definierten Kriterien (Buy-Side: Übernahmekandidaten, Sell-Side: Identifikation von Investoren), wobei neben der betriebswirtschaftlichen Passung aber auch „weiche“ Faktoren, wie die gewachsene Firmen-Kultur, der Managementstil und so weiter, von Bedeutung sind
  • Durchführung eines Scoring und Erstellung und Würdigung einer Target Short List

Schritt 3: Due Diligence

  • Kontaktaufnahme mit den Eigentümern des Zielunternehmens (Buy-Side) bzw. Investoren (Sell-Side)
  • Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung (Non-Disclosure-Agreement, NDA)
  • Sammeln von Detailinformationen über identifizierte geeignete Unternehmen
  • Durchführung weitergehender Datenanalysen mit dem Ziel, alle möglichen Einflussfaktoren auf den tatsächlichen Wert des Unternehmens und auch Risiken wie versteckte Haftungen, latente Steuerlasten usw. zu identifizieren
  • Unternehmensbewertung als Grundlage für die Preisverhandlung und Kaufpreisfindung. Die wichtigsten Einflussfaktoren sind der Ertrag, teilweise auch der der Umsatz, des zu bewertenden Unternehmens, und schließlich der betriebliche Gewinn (zum Beispiel Earnings before Interest and Taxes, EBIT). Klassischerweise werden eine Summe aus den erwarteten Gewinnen über mehrere Jahre hinweg gebildet mit Hilfe verschiedener Bewertungsverfahren (zum Beispiel Substanzwert-, Ertragswert- oder Discounted-Cashflow- Verfahren, Misch- und Vergleichsverfahren und so weiter) der Unternehmenswert errechnet. Branchenspezifisch haben sich unterschiedliche Verfahren bewährt, und es werden Mischformen bzw. Bewertungen mit weiteren Einflussfaktoren herangezogen.
  • Wer beabsichtigt, allein oder im Zusammenwirken mit anderen Personen oder Unternehmen eine bedeutende Beteiligung an einem Institut in Deutschland zu erwerben (interessierter Erwerber) oder eine bestehende bedeutende Beteiligung so zu erhöhen, dass die Schwellen von 20 Prozent, 30 Prozent oder 50 Prozent der Stimmrechte oder des Kapitals erreicht oder überschritten werden oder dass das Institut unter seine Kontrolle kommt, hat dies gemäß § 2c KWG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Ziel der Vorschrift ist, die Aufsicht frühzeitig über Veränderungen in der Inhaberstruktur eines Instituts zu informieren. [14]
  • Erstellung eines Business Plans gemäß §15 Inhaberkontrollverordnung mit Angaben zur geplanten strategischen Entwicklung, zur geplanten Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie zu Auswirkungen auf die Unternehmensstruktur und -organisation des Zielunternehmens
  • Gründliche Analyse des Ausmaßes der technologischen und operationellen Übereinstimmung, der Deckungsgleichheit der IT- und Prozessinfrastruktur, zwischen Akquisiteur und akquiriertem Unternehmen [15]

Schritt 4: Vertragsverhandlung und -abschluss (Transaction execution & closing)

  • erste Verhandlungsrunde klärt, ob gemeinsames Interesse an der Übernahme vorhanden ist und diese sinnvoll wäre.
  • weitere Verhandlungen machen die Eckpunkte der geplanten Transaktion fest, ggf. können auch schon frühzeitig Deal Breaker identifiziert und ausgeräumt werden
  • Absichtserklärung („Letter of Intent“ beziehungsweise „Memorandum of Understanding“) wird als eine rechtlich nicht bindende Grundsatzvereinbarung unterzeichnet, in der
  • beide Partner der zukünftigen Transaktion ihre Absichten dokumentieren.
  • Kaufpreisfestlegung oder zum Beispiel auch Festlegung der Anteilsverhältnisse der Eigentümer an einem neuen gemeinsamen Unternehmen, das durch Fusion ihrer Unternehmen entsteht
  • Im sogenannten „Term Sheet“ werden die wesentlichen Punkte (Kaufpreis, Deal Structure, Transaction Body, Closing Conditions, Garantien, Haftung, sonstige Financial Covenants usw.) detailliert ausformuliert.
  • Würdigung von Risiken für Käufer und Verkäufer
  • Vertragsunterzeichnung („Signing“)
  • sofern erforderlich: Antitrust Compliance – Anmeldung der Transaktion bei den nationalen oder EU-Wettbewerbsbehörden, Durchführung Erlaubnis- und Inhaberkontrollverfahren
  • Einhaltung etwaiger Geheimhaltungsgebote
  • Erfüllung etwaiger Bekanntmachungspflichten
  • Vertragserfüllung („Closing“): Inkrafttreten aller Vereinbarungen, notarielle Übertragung der Anteile am Unternehmen (wo erforderlich) und so weiter

Schritt 5: Post-Merger-Integration (PMI)

  • Erstellung Masterplan für die Post Merger Integration (PMI)
  • Wahl zur Strategie passender angemessener Integrationsansätze (zum Beispiel Ausmaß und Dominanz der IT-Koexistenz, partielle IT-Integration) und Integrations-/Migrationsmethoden (zum Beispiel Erneuerung, Übernahme, Standardisierung, Synchronisation) [16]
  • Etablierung eines professionellen M&A-Projekt- und Changemanagements inklusive flexibler Iterationen und Interaktionen sowie inkrementelle Integration-/Migrationsphasen, vertretbares Maß an Administration und Bürokratie angewendet
  • Ausarbeitung des Integrationsplans für die IT-Architektur und der Informationssysteme im Hinblick auf die folgenden Charakteristika: strukturiert, vollständig und transparent, kohärent mit der IT-Integrationsmethode, frühzeitig genug gestartet und konsequent und stringent abverfolgt und umgesetzt.
  • Erstellung des Migrationskonzeptes
  • Durchführung von Migrationstests und Generalproben
  • Durchführung der Migration und des Cut-Covers auf Basis eines minutiös geplanten Drehbuches

Wie Übernahmen und Fusionen auch die Hürde der Post Merger Integration (PMI) meistern

Zwar gibt es in der Literatur durchaus viel akademische M&A-Forschung mit fundierten theoretischen Grundlagen in bestimmten Bereichen, doch scheint Post-Merger-Integration PMI einschließlich der Integration von IT- und Informationssystemen als Forschungsschwerpunkt noch relativ wenig erforscht zu sein.[17] Auch in der Praxis wird PMI gerne vernachlässigt und steht in der Priorität hintenan. Dabei kann man gerade bei Fehlern im Projekt- und Change-Management, in der Wahl der IT-Architektur und der Integration der Informationssysteme und der Prozesse folgenschwere Fehler machen: PMI-Vorhaben verzögern sich um Jahre, die geplanten Kosten werden um ein Vielfaches überschritten, die Infrastruktur für des geschaffenen gemergten Unternehmens oder des akquirierten Unternehmen erlaubt nicht die Realisierung der erwarteten Synergien.

In Literatur[18] und Praxis findet sich wiederholt bestätigt, dass das Integrationsergebnis maßgeblich von der Beziehung zwischen Integrationszielen und dem entsprechenden Integrationsziel und der Art der Fusion sowie deren Eignung für die IT-Integrationsmethode abhängt. Es finden sich Beweise dafür, dass hohe Integrationsambitionen mit Absorption, moderierte Integrationsambitionen mit Symbiose und niedrige Integrationsambitionen mit Erhaltung harmonieren.

Angesichts der Folgenschwere bei Defiziten in der Integration der Informationssysteme (Kostenexplosionen, mehrjährige Projektverzögerungen, Neutralisierung des Business Case und so weiter) ist es außerordentlich wichtig, auf Informationssysteme und organisatorische Zusammenhänge zu achten und die Integration als komplexen und evolutionären Prozess zu verstehen und zu behandeln.[19]

Durchgeführte Studien zeigen, dass ein besseres Management von PMI-Prozessen das Potenzial einer Akquisition verbessern kann, zur strategischen Erneuerung beizutragen, und dass bei vielen M&A-Transaktionen die Integration von Informationssystemen entscheidend für die Erreichung der angestrebten Ziele ist, dass ein angemessenes Design und eine IS-Integration eine Voraussetzung dafür sind, dass ein Großteil der erwarteten Synergien aus M&A-Transaktionen realisiert werden kann.[20]

Studien und Praxis belegen zudem, dass das Ausmaß der technologischen und operativen Ähnlichkeit zwischen dem Erwerb und den erworbenen Unternehmen mit der Realisierung von Synergien zusammenhängt.

Informationssysteme sind in der Finanzindustrie häufig wie folgt organisiert:[21]

  • vertikale IT-Infrastruktur entlang der Wertschöpfungskette, die auf bestimmte Geschäftszweige oder Produkte oder ähnliches spezialisiert ist (Orders, Verarbeitung von Transaktionen, Ertrags- und Kosten-Controlling und so weiter)
  • oder horizontale IT-Infrastruktur, bei der Funktionen entlang der Wertschöpfungskette durch horizontale Schichten gebildet werden (zum Beispiel nachgelagerte oder funktionsübergreifende Funktionen wie Abwicklung, Risikocontrolling, Bilanzierung und so weiter)

Die Praxis in der Finanzbranche beinhaltet häufig komplexe hybride Infrastrukturen mit Middle Layern und  externen Verbindungsdaten und -prozessen. Es gibt auch verschiedene Ansätze zur Verbindung von IT-Infrastruktur- (Sub-) Plattformen und Informationssystemen sowie zur IT-Integration. [22]

Übernahmen und Fusionen, die vornehmlich durch die Digitalisierung getrieben werden, brauchen andere Vorgehensmodelle als die klassischen.[23] Der Einsatz moderer Technologie eröffnet auch in der PMI neue Möglichkeiten: Data Leaks, Middle Layer, Clead Solutions.

Autor: Frank Thole, Partner WEPEX Unternehmensberatung

 

Quellen:

[1] Sinn, W. & Schmundt, W. (2016). Bain Banking Study. Deutschlands Banken 2016: Die Stunde der Entscheider. Munich, Germany.

[2] White&Case: Fintech M&A – From threat to opportunity, September 2016. Retrieved from: https://www.whitecase.com/ publications/insight/fintech-ma-threat-opportunity.

[3] Dombret, A.R. (2018): Das richtige Maß – Konsolidierung im Bankensektor. Rede am Center for Financial Studies. Frankfurt am Main.

[4] Sinn, W. & Thoben, S. (2019): Deutschlands Banken 2019: Erst sanieren, dann konsolidieren. Bain & Company Germany Inc., München.

[5] Wadhwa, K. & Syamala, S.R. (2015). An Empirical Examination of Efficiency Theory of Mergers in Emerging Market India. Theoretical Economics Letters. 5, 757-774.

[6] Altunbas, Y., & Ibanez-Marquez, D. (2008). M&A and bank performance in Europe: The role of strategic similarities. Journal of Economics and Business, 6 (1), 5-26.

Carretta, A., Farina, V., & Schwizer, P. (2007). M&A and PMI in banking industry: The missing link of corporate culture. Paper No. 8300. Munich, Germany: Munich Personal RePEc, 1-14.

Huyghebaert, N., & Luypaert, M. (2013). Sources of Synergy Realization in M&A: Empirical Evidence from Non-Serial Acquirers in Europe. International Journal of Financial Research. 4(2), 49-67.

Wijnhoven, F., Spil, T., Stegwee, R., & Tjang, R. (2006). Post-merger IT integration strategies: An IT alignment perspective. Journal of Strategic Information Systems. 15 (2006), 5-28.

[7] Shacklady, J., & Neely, J., & Dawson, D. (2018) “M&A: From Art to Science”. Accenture Strategy.

[8] Dombret, A.R. (2018): Das richtige Maß – Konsolidierung im Bankensektor. Rede am Center for Financial Studies. Frankfurt am Main.

[9] Rothenbücher, J., Niewiem, S., & Bovermann, J. (2012). Maßgefertigt: M&A-Synergien mit Augenmaß. M&A Review. 1 (2012), 6-12.

Lau, R.Y.K., Liao, S.S.Y., Wong, K.F., Chiu, D.K.W. (2012). Web 2.0 Environmental Scanning and Adaptive Decision Support for Business M&A. MIS Quarterly. 36 (4), 1239-1268.

Papadakis, V., & Thanos, I. (2010). Measuring the Performance of Acquisitions: An Empirical Investigation Using Multiple Criteria. British Journal of Management. 21, 859–873.

[10] Homburg, C., & Bucerius, M. (2006). Is speed of integration really a success factor of M&A? An analysis of the role of internal and external relatedness. Strategic Management Journal. 27(4), 347-367.

[11] Larsson, R., & Finkelstein, S. (1999). Integrating Strategic, Organizational, and Human Resource Perspectives on M&A: A Case Survey of Synergy Realization. Organization Science. 10(1), 1-26.

[12] Wijnhoven, F., Spil, T., Stegwee, R., & Tjang, R. (2006). Post-merger IT integration strategies: An IT alignment perspective. Journal of Strategic Information Systems. 15 (2006), 5-28.

[13] Homburg, C., & Bucerius, M. (2006). Is speed of integration really a success factor of M&A? An analysis of the role of internal and external relatedness. Strategic Management Journal. 27(4), 347-367.

[14] https://www.bundesbank.de/de/aufgaben/bankenaufsicht/einzelaspekte/erlaubnisverfahren-inhaberkontrolle-governance/inhaberkontrolle/inhaberkontrolle-598344

[15] Colombo, M., & Rabbiosi, L. (2014). Technological similarity, post-acquisition R&D reorganization, and innovation performance in horizontal acquisitions. Research policy. 43, 1039-1054.

[16] Wijnhoven, F., Spil, T., Stegwee, R., & Tjang, R. (2006). Post-merger IT integration strategies: An IT alignment perspective. Journal of Strategic Information Systems. 15 (2006), 5-28.

[17] Vieru, D., & Rivard, S. (2015) Knowledge Sharing Challenges during Post-Merger Integration: The Role of Boundary Spanners and of Organizational Identity. International Journal of Business and Management. 10(11), 1.

Kovela, S., & Skok, W. (2012). M&A in Banking: Understanding the IT Integration Perspective. International Journal of Business and Management. 7 (18), 69-81.

[18] Wijnhoven, F., Spil, T., Stegwee, R., & Tjang, R. (2006). Post-merger IT integration strategies: An IT alignment perspective. Journal of Strategic Information Systems. 15 (2006), 5-28.

[19] Alaranta, M., & Kautz, K. (2012). Framework for Understanding Post-Merger Information Systems Integration. Journal of Information Technology Theory and Application. 13(1), 5-29.

[20] Henningsson, S., & Carlsson, S. (2011). The DySIIM model for managing IS integration in M&A. Information Systems Journal. 21(5), 441-476.

Henningsson, S., & Kettinger, J. (2017). Understanding Information Systems Integration Deficiencies in M&A: A Configurational Perspective. Journal of Management Information Systems. 33(4), 942-977.

[21] Kovela, S., & Skok, W. (2012). M&A in Banking: Understanding the IT Integration Perspective. International Journal of Business and Management. 7 (18), 69-81.

[22] Henningsson, S., & Carlsson, S. (2011). The DySIIM model for managing IS integration in M&A. Information Systems Journal. 21(5), 441-476.

[23] Shacklady, J., & Neely, J., & Dawson, D. (2018) “M&A: From Art to Science”. Accenture Strategy. https://www.accenture.com/_acnmedia/PDF-69/Accenture-AS-Tech-Led-M-A-From-Art-to-Science-POV.pdf#zoom=50, p. 2-9.