InsurTechs: Deutschland nicht mehr Europameister

Anzugträger steht vor digitalen Diagrammen
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Das Wachstum der InsurTech-Branche der vergangenen zehn Jahren liest sich beeindruckend. Doch mit dem steigenden Marktvolumen erhärtet sich auch der Wettbewerb. Der Blick nach Deutschland offenbart, dass von dem wirtschaftlichen Wachstum bisher nur einige wenige Unternehmen profitieren.

Eigentlich befindet sich die deutsche InsurTech-Branche auf einem guten Weg. Zwar konnten InsurTechs in den letzten Jahren ein stetiges Wachstum verzeichnen, laut einem Report von Capgemini nimmt die Zahl an Unternehmen jedoch wieder ab[1]. Auffällig ist die historisch niedrige Neugründungsrate mit nur vier Startups in 2022[2]. In den vorangegangen beiden Jahren betrug die Anzahl noch 35.

Vergleicht man die Gesamtzahl der InsurTechs und Investitionen, so liegt Deutschland im Vergleich zu Großbritannien und Frankreich auf dem dritten Platz. Auch in Bezug auf InsurTech Unicorns verpasst Deutschland die Pole Position.[3] Laut dem InsurLab-Report fließen zwar große Investitionssummen in deutsche InsurTechs, diese sind aber begrenzt auf einige wenige Unternehmen.[4]

Die Konkurrenz wächst

So konnte sich das Berliner Unternehmen WeFox in den letzten Jahren einen Großteil an Finanzierungen sichern und hat somit den Unicorn-Status erreicht. Clark und GetSafe hingegen sind etablierte Verwaltungs- und Vergleichstool. Als einer der wenigen Risikoträger kann die Element Insurance AG in allen EU-Ländern operieren und ist ein unabhängiges Versicherungsunternehmen ohne Einschränkungen durch Konzernzugehörigkeit.

Die meisten deutschen InsurTechs fokussieren sich auf die Distribution innerhalb der Wertschöpfungskette der Versicherungsindustrie. Als „Enabler“ richten sie ihre Produkte und Dienstleistungen an etablierte Versicherer. Beliebt sind Tools zur Digitalisierung oder Automatisierung sowie Datenanalysen und die Integration von KI.

Viele deutsche InsurTechs stehen damit in direkter Konkurrenz zueinander. Wer sich durchsetzen möchte, muss sein Angebot diversifizieren. Trends, wie die Digitalisierung der Kundenschnittstelle, könnten der Schlüssel sein. Versicherungen müssen auf allen Kanälen erreichbar sein. Im Idealfall erfolgt die Kommunikation in Echtzeit, um den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden.

Customer Journey der Zukunft

Das macht den Weg für innovative Geschäftsmodelle frei. Ein aufstrebendes Feld ist Embedded Insurance. Allein in Europa wird für diesen Markt bis 2029 ein jährliches Wachstum von 19,4 Prozent erwartet, samt Einnahmen von 28,5 Mrd. US-Dollar, so die Studie „Europe Embedded Insurance Business and Investment Opportunities“. Das Rostocker InsurTech hepster unterstreicht mit seiner erfolgreichen Finanzierungsrunde von 10 Mio. Euro im vergangenen Jahr das Potenzial von Embedded Insurance.

Christian Range, CEO und Mitgründer von hepster, betont den Fokus auf das Kundenerlebnis: „Der Bedarf für mehr Customer Centricity, Loyalty und wachsende Kundenbindung ist nachhaltig spürbar. Am Markt zeigt sich diesbezüglich ein kontinuierlicher Wandel und ist ein wichtiger Indikator dafür, ob die Branche mit dem richtigen Fokus hierauf nachhaltig wachsen und sich weiterentwickeln kann.“

Denn stand vor ein paar Jahren die Digitalisierung von Versicherungsprodukten im Vordergrund, gilt es heute als „unsichtbarer Versicherer“ überall dort zu sein, wo der Kunde kauft. InsurTechs wie hepster haben erkannt, dass Verbraucher sich nicht mit Versicherungen auseinandersetzen wollen. Viele Kunden wünschen sich, einzelne Produkte wahlweise zu versichern, ohne sich direkt mit den jeweiligen Anbietern zu beschäftigen. Embedded Insurance wäre dann nahtlos in die Customer Journey eingebunden – und der Kunde muss sich um nichts kümmern.

Quellen:

[1] Die deutsche InsurTech Landschaft 2022, Capgemini, S.7.

[2] Die deutsche InsurTech Landschaft 2022, Capgemini, S.7.

[3] 10 Years of InsurTech Germany, InsurLab, S. 9-11.

[4] 10 Years of InsurTech Germany, InsurLab, S. 23-24.