„Die Versicherer müssen die Kosten senken – auch im Vertrieb“

Die Kompositversicherer stehen vor enormen Herausforderungen: Die Schaden-Kosten-Quote lag 2023 im Durchschnitt über 100 Prozent – ein Verlustgeschäft. Besonders betroffen sind Kfz- und Wohngebäudeversicherungen. Experten von Simon-Kucher fordern nun eine radikale Optimierung im Vertrieb, mehr Automatisierung und eine durchdachte Rabattstrategie.

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Dirk Schmidt-Gallas, Senior-Partner und Leiter der globalen Insurance-Practice bei Simon-KucherDirk Schmidt-Gallas, Senior-Partner und Leiter der globalen Insurance-Practice bei Simon-KucherSimon-Kucher

Die Kompositversicherer stehen unter erheblichem wirtschaftlichem Druck. „Im Schnitt über alle Versicherer reichten die Einnahmen nicht mehr, um die Kosten zu decken“, erklärt Dirk Schmidt-Gallas, Senior-Partner und Leiter der globalen Insurance-Practice bei Simon-Kucher. Die Schaden-Kosten-Quote lag 2023 laut aktuellen Zahlen bei 100,65 Prozent. Besonders angespannt ist die Situation in der Kfz-Versicherung, wo die Branche im vergangenen Jahr bis zu zwei Milliarden Euro Verlust verbucht haben dürfte. Auch die Wohngebäudeversicherung bleibt ein defizitäres Geschäft.

Extremwetter und steigende Reparaturkosten treiben Verluste in die Höhe

Laut Schmidt-Gallas sind die Ursachen klar: „Neben gestiegenen Kosten für Reparaturen und Instandsetzungen sind es vor allem Schäden durch Extremwetterereignisse infolge des Klimawandels, die die Situation verschärfen.“ Doch Beitragserhöhungen allein seien keine Lösung mehr. Stattdessen müsse die Branche vor allem die Vertriebskosten senken. Schmidt-Gallas schlägt dazu drei konkrete Maßnahmen vor.

  • Mehr Automatisierung in den Agenturen
    Laut Schmidt-Gallas müssen Versicherer insbesondere in den teuren Vertriebskanälen wie den Agenturen ansetzen. „Es kommt jetzt darauf an, die Effizienz auf ein neues Level zu heben.“ Sein Lösungsansatz: KI-gestützte Automatisierung für die Lead-Weiterleitung, Verwaltungsabläufe und das Reporting. Das spare Kosten und Zeit und erlaube es Vermittlern, sich stärker auf die Beratung und den Verkauf passender Versicherungslösungen zu konzentrieren. „KI-gestützte Analysetools können Vermittlern helfen, schnell die Produkte und Dienstleistungen zu identifizieren, die für den jeweiligen Kunden am sinnvollsten sind“, so Schmidt-Gallas.
  • Zentrale Steuerung der Vertriebsprozesse
    Trotz zunehmender Digitalisierung bleiben Vermittler der wichtigste Vertriebskanal – insbesondere für jüngere Kunden. Laut Studien von Simon-Kucher wählen knapp 50 Prozent der Millennials und Gen Z einen Vermittler für den Abschluss ihrer ersten Versicherung. Vergleichsportale und Webseiten liegen mit 36 bzw. 15 Prozent deutlich dahinter.
    Allerdings gibt es in der Zusammenarbeit mit Agenturen noch erhebliches Optimierungspotenzial. „Versicherer können diesen wichtigen Vertriebskanal wesentlich effizienter nutzen. Viele Kundeninteraktionen müssen nicht zwingend über die Agentur erfolgen – vieles kann zentral schneller und kostengünstiger abgewickelt werden“, so Schmidt-Gallas. Eine gezieltere Aufgabenverteilung zwischen zentralen und dezentralen Einheiten könnte nicht nur Kosten senken, sondern auch die Kundenzufriedenheit steigern.
  • Rabatte neu ausrichten
    Ein weiteres Problemfeld sieht Philipp Kaupke, Partner bei Simon-Kucher, in der Rabattvergabe: „Rabatte werden von Vermittlern oft zu großzügig und ohne klare Strategie gewährt.“ In Zeiten hoher Verluste könne sich das kein Versicherer mehr leisten.
    Kaupke empfiehlt ein drei-stufiges Modell:
    • Kurzfristig sollten Versicherer Transparenz in ihre Rabattstrukturen bringen und veraltete Vergünstigungen streichen.
    • Mittelfristig müsse geprüft werden, welche Rabatte den Absatz tatsächlich fördern.
    • Langfristig sollten Anreizsysteme für Vermittler so gestaltet werden, dass eine strategische Rabattvergabe belohnt wird. „Boni für eine zurückhaltende Rabatthandhabung bei gleichzeitiger stabiler Neukundengewinnung könnten ein effektives Steuerungsinstrument sein“, so Kaupke.
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