Kundenmanagement im Wandel: Wie Versicherer Vertrauen schaffen

Beim Messekongress „Kundenmanagement in Versicherungen“ der Versicherungsforen Leipzig diskutierten Branchenexperten, wie Versicherer den Erwartungen ihrer Kunden gerecht werden können. Im Mittelpunkt: die Rolle von Mitarbeitenden, Daten und Unternehmenskultur – sowie die Frage, ob mutiges Handeln wichtiger ist als perfekte Planung.

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Am 23. und 24. Juni 2025 kamen Entscheidungsträger und Praktiker aus dem Versicherungsbereich in Leipzig auf dem Messekongress „Kundenmanagement in Versicherungen“ der Versicherungsforen zusammen, um sich intensiv mit der Frage zu beschäftigen, wie Versicherer den digitalen Erwartungen ihrer Kunden gerecht werden, ihre Bedürfnisse besser verstehen und eine langfristige Bindung erzielen können.

Es fand eine moderierte Diskussionsrunde statt, in der zentrale Herausforderungen und Perspektiven des Kundenmanagements von Branchenstimmen beleuchtet wurden.

Unter der Moderation von Justus Lücke (Geschäftsführer der Versicherungsforen Leipzig GmbH) diskutierten Susanne Herschung (Head of Customer Experience & Operations, andsafe AG), Prof. Dr. Heiko Auerbach (Professor für Marketing & Sales, Hochschule Stralsund) und Prof. Dr. Matthias Beenken (Professor für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Versicherungswirtschaft, Fachhochschule Dortmund).

Treiber von Kundenzufriedenheit - Was wirkt am stärksten?

Ausgangspunkt der Diskussion war ein „Kleeblatt“-Modell mit den vier Dimensionen: Kunde, Mitarbeitende, Daten und Technologie. Susanne Herschung betonte, dass der Kunde immer an erster Stelle stehen müsse, flankiert durch passende Prozesse und Unternehmenskultur. Sie hob hervor, dass „der Fisch vom Kopf glänzt“ – also Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen müssen, um eine kundenorientierte Kultur zu etablieren.

Prof. Dr. Auerbach rückte die Mitarbeitenden in den Fokus: Sie seien der Anfang jeder Wertschöpfungskette. Engagierte, zufriedene Mitarbeitende führten zu besseren Kundenerlebnissen. Technologie sei zwar unterstützend, aber letztlich entscheidend seien die Menschen – „Am Ende des Tages sind es Menschen, die Business machen“, so Auerbach. Auch in der Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb seien persönliche Beziehungen ausschlaggebend, nicht die technischen Mittel allein.

Prof. Dr. Beenken ergänzte, dass eine gemeinsame Botschaft innerhalb des Unternehmens notwendig sei, um Veränderungen erfolgreich zu tragen. Es komme darauf an, miteinander zu lernen und geeignete Werkzeuge gemeinsam zu entwickeln.

Kundendaten als Schlüsselelement

Ein zentraler Diskussionspunkt war der partnerschaftliche Umgang mit Kundendaten. Justus Lücke warf die Frage auf, wie Versicherer zum vertrauenswürdigen Partner werden können, dem Kunden bereitwillig Daten anvertrauen. Prof. Beenken sprach sich für mehr Transparenz im Umgang mit Kundendaten aus und verwies auf die Rolle der Vermittler als wichtige Wissensquelle, deren Informationen besser strukturiert nutzbar gemacht werden müssten.

Susanne Herschung kritisierte, dass viele Daten in der Praxis verloren gingen, weil deren Nutzen nicht transparent vermittelt werde. Prof. Auerbach sprach von einer in Deutschland „anerzogenen Skepsis“ gegenüber Datennutzung und betonte: „Der konkrete Nutzen muss für den Kunden unmittelbar erkennbar sein.“

Systematisch oder mutig? Wie Versicherer den Wandel gestalten können

Die Diskussion schloss mit der Frage, ob es zielführender sei, bestehende Strukturen radikal neu zu gestalten oder pragmatisch anzufangen. Herschung plädierte für mutigere, iterativere Ansätze.

Beenken wies darauf hin, dass insbesondere in regulatorisch sensiblen Bereichen wie der Produktgestaltung und BaFin-konformen Prozessen keine Schnellschüsse erlaubt seien.

Auerbach verwies auf das Prinzip der ‚Effectuation‘ aus der Startup-Welt: Mut zur Neuausrichtung und unternehmerischer Geist seien entscheidend für eine zukunftsfähige Versicherungsbranche.

Die Diskussion beim Messekongress machte deutlich: Kundenzentrierung in der Versicherungsbranche braucht mehr als digitale Tools – sie erfordert eine klare Haltung, vertrauensvolle Kommunikation und unternehmerischen Mut. Wer Kundenorientierung ernst nimmt, muss nicht nur Prozesse neu denken, sondern auch Kultur und Führung konsequent weiterentwickeln. Der Weg dorthin ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Lernprozess – getragen von Menschen, die Veränderung aktiv gestalten.

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