Widerrufsbelehrung: Urteil zugunsten von AXA – Verbraucherschützer prüfen nächste Schritte
Der Bund der Versicherten (BdV) und die Verbraucherzentrale Hamburg haben vor dem Oberlandesgericht Köln eine Niederlage erlitten. Die Klage gegen die Widerrufsbelehrung der AXA Relax PrivatRente Chance wurde abgewiesen (Az. 20 UKl 1/24). Das Gericht entschied, dass die Belehrung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Verbraucherschützer sehen dies anders. BdV-Vorstand Stephen Rehmke kritisiert die Entscheidung als Rückschlag für Verbraucherrechte. „Dieses Recht wird zur Makulatur, wenn man Unternehmen erlaubt, durch episch langes und komplexes Juristendeutsch Verwirrung zu stiften.“
Besonders problematisch sei die Gleichsetzung von Widerruf und Kündigung. Bei einem Widerruf steht dem Versicherungsnehmer der volle Rückkaufswert einschließlich Überschussbeteiligungen zu – ohne Abzug von Abschluss- und Vertriebskosten. Bei einer Kündigung hingegen dürfen diese Kosten einbehalten werden. Die Widerrufsbelehrung von AXA verweist auf §169 VVG, wodurch der Eindruck entsteht, dass sich die Widerrufsfolgen nicht von einer Kündigung unterscheiden. Dies könne Versicherungsnehmer vom Widerruf abhalten, obwohl ihnen ein finanziell vorteilhafteres Recht zusteht.
Auch der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hält es für unzulässig, wenn das Widerrufsrecht dem Kündigungsrecht faktisch gleichgestellt wird. Eine solche Praxis unterwandere die Rückabwicklung des Vertrags und sei nicht im Sinne des Verbraucherschutzes. Zudem sei die vierseitige Widerrufsbelehrung von AXA unverhältnismäßig lang und unverständlich und damit nicht konform mit den europarechtlichen Anforderungen an eine klare und verständliche Kundeninformation.
AXA-Produkt seit Jahren umstritten
Die Relax-Rente von AXA sorgt nicht zum ersten Mal für Diskussionen. 2016 verlieh der BdV dem Produkt den Negativpreis „Versicherungskäse des Jahres“. Bereits damals bemängelten Verbraucherschützer die mangelnde Transparenz der Fondskonstruktion und die schwer nachvollziehbare Indexbeteiligung.
Ob der BdV und die VZ Hamburg den Weg in die nächste Instanz antreten, bleibt abzuwarten.
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