Verfassungsbeschwerde im Dieselstreit abgewiesen – Bundesverfassungsgericht bestätigt Revisionsurteil eines Hilfssenats
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 29. April 2025 (Az. 2 BvR 1440/23) eine Verfassungsbeschwerde eines Autoherstellers gegen ein Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem sogenannten Dieselverfahren nicht zur Entscheidung angenommen. Die Entscheidung wurde am 27. Mai 2025 per Pressemitteilung veröffentlicht.
Hintergrund: Deliktische Haftung wegen EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung
Im Zentrum des Verfahrens stand die erstmals vom BGH bejahte Möglichkeit, dass Fahrzeughersteller bei Verstößen gegen die EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung deliktisch haften und auf Ersatz des sogenannten Differenzschadens verklagt werden können. Dies wurde im angegriffenen Urteil des VIa. Zivilsenats – einem eigens für Dieselfälle eingerichteten Hilfssenat – festgestellt. Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das dem BGH in der rechtlichen Bewertung folgte, die Klage jedoch aufgrund einer Vorteilsausgleichung zurückwies.
Keine Grundrechtsverletzung erkennbar
Die Verfassungsbeschwerde richtete sich insbesondere gegen die Errichtung und Besetzung des VIa. Zivilsenats, die laut Beschwerdeführerin gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoße. Das Bundesverfassungsgericht sah weder eine unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit durch das Urteil noch eine hinreichend dargelegte Grundrechtsverletzung. Die Kammer stellte klar, dass sich die Verfassungsbeschwerde nicht in der nötigen Tiefe mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben oder der einfachrechtlichen Grundlage der Hilfssenatsbildung auseinandergesetzt habe.
Bedeutung für die Dieselverfahren
Die Entscheidung ist auch ein Signal an die Automobilindustrie: Die Argumentation gegen die Zuständigkeit des VIa. Zivilsenats bleibt ohne verfassungsrechtliches Echo. Das Bundesverfassungsgericht stärkt damit nicht nur die institutionelle Flexibilität des BGH angesichts der Vielzahl der Dieselverfahren, sondern auch dessen zentrale Rolle in der Rechtsfortbildung. Die Entscheidung verdeutlicht zudem, dass verfassungsgerichtliche Kontrolle nur dort greift, wo substanzielle Grundrechtsverstöße plausibel dargelegt werden.
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