Pflichtversicherung gegen Elementarschäden rückt näher – Union und SPD mit konkreten Plänen

Eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden rückt näher. Was CDU, CSU und SPD jetzt konkret planen – und warum der Staat dabei mit in die Pflicht soll.

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Der nun gefundene Vorschlag ähnelt dem Modell des Gesamtverbands der Deutschen VersicherungswirtschaftDer nun gefundene Vorschlag ähnelt dem Modell des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaftgrok

Im Rahmen der laufenden Koalitionsverhandlungen haben sich die Rechtspolitiker von CDU, CSU und SPD offenbar auf ein zentrales Reformvorhaben im Bereich der Wohngebäudeversicherungen verständigt. Wie aus einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Papier hervorgeht, soll künftig eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden wie Hochwasser und Starkregen eingeführt werden. In dem Papier heißt es wörtlich:

„Wir führen ein, dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit Elementarschadenabsicherung angeboten wird, und im Bestandsgeschäft sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden.“

Konkret sieht das Konzept vor, dass Wohngebäudeversicherungen künftig nur noch in Kombination mit einer Elementarschadenabsicherung vertrieben werden dürfen. Für Bestandsverträge ist eine flächendeckende Ergänzung zum Stichtag vorgesehen. Als möglicher Kompromiss wird zudem eine „Opt-out-Lösung“ geprüft – Versicherungsnehmer könnten demnach den Zusatzschutz aktiv abwählen.

Staatliche Rückversicherung zur langfristigen Absicherung

Zur Sicherstellung der langfristigen Rückversicherbarkeit wollen die potenziellen Koalitionspartner eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden einführen. Ergänzend sollen die Versicherungsbedingungen weitgehend gesetzlich reguliert werden. Darüber hinaus nimmt das Papier auch die Bauleitplanung in den Blick: Planungsbehörden in den Ländern könnten künftig stärker in die Verantwortung genommen werden, insbesondere bei der Ausweisung von Neubaugebieten in hochwassergefährdeten Regionen. Im Raum steht eine mögliche Staatshaftung bei mangelnder Vorsorge durch öffentliche Stellen.

Langer Streit um Pflichtversicherung – jetzt mit Rückenwind

Die Diskussion um eine Elementarschadenpflichtversicherung ist nicht neu: Bereits 2021 wurde sie infolge der Flutkatastrophe im Ahrtal (Schaden: ca. 8,5 Mrd. Euro) intensiv geführt. Damals waren lediglich 46 Prozent der Wohngebäude gegen derartige Naturgefahren versichert. Trotz wachsender Naturgefahren – inzwischen sind rund 54 Prozent der Gebäude entsprechend abgesichert – scheiterte eine bundeseinheitliche Lösung bisher am Widerstand des Bundesjustizministeriums unter FDP-Führung.

Der nun gefundene Vorschlag ähnelt dem Modell des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), der sich für eine Opt-out-Lösung in Kombination mit verstärkter Prävention und Risikoteilung zwischen privaten Versicherern und dem Staat ausgesprochen hatte. Auch die Ministerpräsidentenkonferenz hatte sich bereits 2024 für eine Pflichtversicherung ausgesprochen – getrieben von zunehmenden Extremwetterereignissen.

Politischer Prozess noch nicht abgeschlossen

Die Vorschläge stammen aus den Papieren der 16 fachpolitischen Arbeitsgruppen, die am Montag eingereicht wurden. Die finale Entscheidung liegt nun bei den Spitzenvertretern der verhandelnden Parteien. Anpassungen am Konzept sind daher noch möglich.

Einordnung: Der Vorstoß stellt einen Paradigmenwechsel dar – weg vom freiwilligen Versicherungsschutz, hin zu einer strukturellen Vorsorgepflicht für alle Immobilieneigentümer. Angesichts der steigenden Kosten durch Naturkatastrophen und der politisch gewollten Risikoteilung zwischen Staat und Wirtschaft könnte das Modell Schule machen – nicht nur in Deutschland.

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