Versicherer fordern Klimafolgenanpassung – Ampel lehnt Elementar-Pflichtversicherung ab
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Drei Jahre nach der Ahrtal-Flut zeigt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Ort der Katastrophe die Folgen fehlender Klimafolgenanpassung auf. „Wir sehen hier, dass viel gebaut und saniert wurde. Aber wie viele andere Orte in Deutschland ist das Tal heute immer noch wenig geschützt. In vielen Regionen in Deutschland liegen Extremwetter-Katastrophen auf Wiedervorlage“, sagt Anja-Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des GDV in Bad Neuenahr.
Nach den Erfahrungen im Ahrtal und den darauffolgenden Hochwasserereignissen, insbesondere den jüngsten Großschadenereignissen in Bayern und Baden-Württemberg wurde die Einführung einer Versicherungspflicht für Elementarschäden on einigen Bundesländern nachdrücklich eingefordert. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte dazu im Bundestag angekündigt, das Thema Elementarschadenversicherung mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder bei einem Treffen am 20. Juni zu erörtern. Noch vor dem Treffen ist durchgesickert, dass die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden vom Tisch zu sein scheint. Das Portal VWheute meldete dazu, dass ihm ein Beschlussvorschlag zur am Mittag beginnenden Ministerpräsidentenkonferenz vorliegt. Demnach hofft die Ampelregierung darauf, mit einer einmaligen Angebotspflicht einen geeigneten Kompromiss zu finden und umsetzen zu können.
Wirksamer Hochwasserschutz erforderlich
Ungeachtet dessen, wie der Lösungsvorschlag der Bundesregierung aussieht, bestärken die Versicherer ihre Forderung nach Klimafolgenanpassung und Hochwasserschutz.
Naturkatastrophen verschonen Häuser doch nicht, nur weil sie versichert sind. Es kommt darauf an, die Menschen und ihren Lebensraum vor Wetterextremen zu schützen.
Forderungskatalog der Versicherer für einen umfassenden Naturgefahrenschutz
Unabhängig von der zukünftigen Ausgestaltung einer Versicherungslösung, sollten nach Auffassung der Versicherer die fünf wichtigsten Punkte berücksichtigt werden:
- Bundesweitetes Naturgefahrenportal für transparente und offene Information über Risiken, Gefahren und Möglichkeiten der Prävention für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer
- Bestehende Regelwerke zu Prävention und Klimafolgenanpassung konsequent anwenden, Schutzmaßnahmen vortreiben und hinreichend finanzieren
- Anpassungen in der Gesetzgebung in Bezug auf klimaangepasstes Planen, Bauen und Sanieren
- Konsequenter Baustopp für Neubauten in Überschwemmungsgebieten
- Entsiegelung von Flächen
Probleme beim Hochwasserschutz
Auch Holger Schüttrumpf, Professor am Lehrstuhl und Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der RWTH Aachen sieht erheblichen Verbesserungsbedarf beim Hochwasserschutz auf allen Ebenen. „Wir müssen insbesondere die Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen beschleunigen. Einen Stillstand können wir uns eigentlich nicht leisten,“ sagt Schüttrumpf. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Cornelia Weigand, Landrätin von Ahrweiler. „Die Flut 2021 hat gezeigt, dass der Katastrophenschutz in der gesamten Bundesrepublik auf allen Ebenen deutlich verbessert werden muss. Wichtig ist zudem vor allem Prävention in Form von baulichem Hochwasser- und Starkregenschutz sowie Maßnahmen zu Eigenvorsorge.“
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