Während in Frankreich fast alle Haushalte gegen Naturkatastrophen versichert sind, liegt die Quote in Deutschland nur bei 50 Prozent. Verbraucherschützer fordern deshalb eine verpflichtende Elementarschadenversicherung nach französischem Vorbild. Was macht das System so erfolgreich, und könnte es auch hierzulande funktionieren?
Nach der Bundestagswahl laufen die Koalitionsverhandlungen auf Hochtouren – und das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz (ZEV) fordert, dass die Elementarschadenversicherung in den Koalitionsvertrag aufgenommen wird. Dabei sollte das französische Modell als Vorbild dienen, fordern die Verbraucherschützer.
Frankreich habe es geschafft, fast alle Haushalte gegen Naturkatastrophen abzusichern – und das zu geringen Kosten. Der Schlüssel zum Erfolg ist das CatNat-System, in dem die Elementarschadenversicherung automatisch in jeder Hausrat- und Gebäudeversicherung enthalten ist. Es besteht aber keine Versicherungspflicht für die eigene Immobilie. Wer nicht versichert ist, kann nicht auf staatliche Hilfen hoffen. Eine individuelle Risikobewertung entfällt, stattdessen wird eine pauschale Prämie auf Basis des Immobilienwerts erhoben.
Staatlicher Rückversicherer sorgt für Stabilität
Ein weiterer Erfolgsfaktor, den das ZEV in einer Studie identifizierte, ist die staatliche Rückversicherung mit „Stop-Loss“-System. Überschreiten die Schäden eine festgelegte Grenze, übernimmt der Rückversicherer das Risiko – mit staatlicher Garantie. Das ermöglicht eine flächendeckende Absicherung, selbst in Hochrisikogebieten. In über 40 Jahren musste der Staat aber nur einmal eingreifen.
Prävention als integraler Bestandteil
Anders als in Deutschland, wo nach Naturkatastrophen oft teure Wiederaufbauhilfen gezahlt werden, setzt Frankreich konsequent auf Prävention. Bestimmte Gebiete dürfen gar nicht erst bebaut werden, und zerstörte Gebäude dürfen nicht an gleicher Stelle neu errichtet werden.
Milliardenschwere Kosten in Deutschland – Frankreich macht Gewinn
Ein weiteres Argument für das CatNat-System: Es entlastet langfristig die Staatskasse. Während Deutschland Milliarden an Soforthilfen zahlt, konnte Frankreich mit seinem System sogar Überschüsse erwirtschaften. Im Jahr 2000 flossen 263 Millionen Euro französischer Steuergelder zum Rückversicherer, ein Bruchteil verglichen zu den 30 Milliarden, die Deutschland fürs Ahrtal bereitstellen musste, schreibt das ZEV.
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