Die Altersvorsorge in Deutschland steht an einem Wendepunkt: Gesetzliche Rente, betriebliche Modelle und private Initiativen wie das geplante Altersvorsorgedepot werden neu verhandelt. Doch viele Reformen bleiben Stückwerk und verschieben die Kostenlast auf die jüngere Generation, warnt Prof. Michael Hauer, Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP). Der Text erschien zuerst im expertenReport 10/25.
Bei der Betrachtung der Altersvorsorge in Deutschland kommt man an der gesetzlichen Rente als zentraler Säule für die Versorgung im Alter nicht vorbei. Neben der privaten und der betrieblichen Altersvorsorge verdienen daher auch die geplanten Reformen der gesetzlichen Rentenversicherung besondere Aufmerksamkeit.
Im Koalitionsvertrag werden bezüglich der gesetzlichen Rente zwei zentrale Punkte hervorgehoben: Die sogenannte Mütterrente sowie die Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent. Für die Mütterrente, die nun unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder einheitlich drei Entgeltpunkte vorsieht (bisher gibt es für vor 1992 geborene Kinder nur 2,5 Entgeltpunkte), hat das Bundeskabinett Anfang August einen Gesetzentwurf beschlossen. Die Umsetzung ist bis spätestens 2028 geplant, mit rückwirkender Auszahlung ab 2027. Auch beim Rentenniveau ist ein Beschluss nur noch eine Frage der Zeit – nicht zuletzt, weil es sich hierbei um ein zentrales Wahlversprechen der SPD handelt. Beide Maßnahmen sind jedoch mit erheblichen Kosten verbunden, die letztlich von den Beitragszahlern – sprich der jüngeren Generation – getragen werden. Der Aspekt der Generationengerechtigkeit gerät dabei deutlich ins Hintertreffen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) greift dieses Thema regelmäßig auf. Zuletzt sorgte es mit Vorschlägen wie einem „Boomer-Soli“ für einkommensstarke Rentner oder einem verpflichtenden sozialen Jahr im Alter für Diskussionen. Beide Ideen erscheinen wenig praxistauglich: Der „Boomer-Soli“ würde die Attraktivität privater Vorsorge erheblich mindern, während ein Pflichtjahr für Rentner weder realistisch noch sachgerecht wäre – angesichts des Fachkräftemangels sollten gesunde und arbeitsfähige ältere Menschen länger im Beruf bleiben. Dennoch ist es notwendig, die Frage der Generationengerechtigkeit stärker zu thematisieren. Ein erster Schritt könnte sein, auf die Festschreibung des Rentenniveaus von 48 Prozent zu verzichten – denn hier zahlen die Jüngeren die Rechnung für die Älteren.
Auch in der betrieblichen Altersversorgung gibt es Bewegung: Im Juli wurde ein Referentenentwurf für das Zweite Betriebsrentengesetz vorgestellt. Dieses soll im Rahmen des Rentenpakets 2025 beschlossen werden. Ziel ist es, Betriebsrenten auf tarifvertraglicher Basis weiter zu stärken und auch kleineren Unternehmen ohne eigene Tarifbindung den Zugang zu entsprechenden Systemen zu ermöglichen. Davon würden insbesondere Beschäftigte mit niedrigeren Einkommen, darunter viele Teilzeitkräfte, profitieren. Ob die neuen Regelungen tatsächlich zu einer spürbaren Verbreitung der Betriebsrenten führen, bleibt nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Ersten Betriebsrentengesetz jedoch abzuwarten.
In der privaten Altersvorsorge steht das geplante Altersvorsorgedepot im Fokus. Es soll einerseits die Riester-Rente ablösen, andererseits Grundlage für die sogenannte Frühstartrente werden. Letztere sieht vor, dass schulpflichtige Kinder zwischen dem sechsten und 18. Lebensjahr monatlich zehn Euro vom Staat erhalten, die in das Depot fließen. Ergänzende Einzahlungen durch Eltern oder Großeltern sind möglich. Die Erträge sollenbis zum Renteneintritt steuerfrei bleiben; mit Erreichen der Regelaltersgrenze kann das Kapital ausgezahlt werden. Geplant ist der Start am 1. Januar 2026 – realistischer dürfte jedoch ein späterer Beginn sein, da noch zahlreiche Detailfragen offen sind, etwa zur konkreten Produktausgestaltung oder zur zulässigen Anlageform. Positiv ist, dass die Förderung an die Schulpflicht gekoppelt wird, wodurch ein Missbrauch im Ausland weitgehend ausgeschlossen werden kann.
Sinnvoll erscheint, das Altersvorsorgedepot nicht nur für die Frühstartrente, sondern auch als Nachfolgemodell der Riester-Rente zu etablieren. Laut Koalitionsvertrag soll diese ohnehin durch eine neue Form der Förderung, insbesondere für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen, ersetzt werden. Wie das endgültige Modell aussehen wird, ist noch offen. Klar ist jedoch: Mit dem Altersvorsorgedepot würde ein durchgängiges Vorsorgeinstrument entstehen – beginnend in der Kindheit, fortgeführt bis in den Ruhestand. Damit wäre ein wichtiger Schritt getan, die private Altersvorsorge stärker im Bewusstsein der Menschen zu verankern.
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