Die Aussetzung von Beiträgen zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) im Zuge der Coronakrise unterliegt einer Prüfung nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit, so das Bundesarbeitsgericht (BAG).
Die Tarifvertragsparteien bei der Lufthansa hatten im Juni 2020 zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie den Tarifvertrag 'Krisenbeitrag und Absicherung Kabine LHA' abgeschlossen. Der Tarifvertrag schloss betriebsbedingte Kündigungen aus, fror tarifliche Vergütungen ein und setzte Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung aus. Bestimmte Arbeitnehmer, die an einem ersten Freiwilligenprogramm teilnahmen, waren von dieser Aussetzung ausgenommen.
Der Kläger, ein ehemaliger Flugbegleiter, nahm nicht an der ersten freiwilligen Austrittsrunde teil, sondern schied später im Rahmen des Programms "Now!Cabin" aus. Er argumentierte, dass er ebenfalls unter die Rückausnahme des Tarifvertrags falle und daher Nachzahlungen für seine bAV-Beiträge erhalten müsse. Das Landesarbeitsgericht Köln gab ihm zunächst Recht.
BAG hebt Urteil auf und verweist Fall zurück
In letzter Instanz entschied der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) am 26. November 2024 (3 AZR 28/24), dass die tarifliche Klarstellungsvereinbarung vom 25. Mai 2022 eindeutig festlege, dass nur Teilnehmer der ersten Freiwilligenrunde von der Aussetzung der bAV-Beiträge ausgenommen seien. Somit finde die Rückausnahme auf den Kläger keine Anwendung.
Allerdings stellte das BAG klar, dass die Aussetzung der Beiträge unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu prüfen sei. Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die "gerechteste" oder "vernünftigste" Lösung zu wählen, doch müssen sie legitime Gründe für den Eingriff in Versorgungsrechte vorlegen. Das Landesarbeitsgericht wird nun die konkreten Auswirkungen auf die Versorgungsberechtigten bewerten müssen.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil könnte weitreichende Folgen für tarifliche Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung haben. Es verdeutlicht, dass wirtschaftliche Krisen zwar Einschnitte in betriebliche Leistungen rechtfertigen können, diese jedoch stets verhältnismäßig sein müssen und den Grundsatz des Vertrauensschutzes berücksichtigen. Eine umfassende gerichtliche Prüfung kann in vergleichbaren Fällen erforderlich werden, wenn Tarifvertragsparteien in bestehende Versorgungsrechte eingreifen.
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