Rechtsanwälte müssen Fristen nicht doppelt prüfen, sofern sie sich auf eine funktionierende Organisation und die Vermerke in den Handakten verlassen können, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG). Das hat nicht nur praktische, sondern auch haftungsrechtliche Konsequenzen.
Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat mit seinem Urteil vom 20. Februar 2025 (Az.: 6 AZR 155/23) eine Entscheidung zur Fristenkontrolle in Kanzleien getroffen. Anwälte müssen nicht zusätzlich den Fristenkalender überprüfen, solange sie sich auf eine funktionierende Organisation und die Vermerke in den Handakten verlassen können.
Das Gericht hatte über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eines Klägers zu entscheiden, dessen Anwalt die Frist zur Revisionsbegründung versäumt hatte. Der Sechste Senat urteilte, dass kein schuldhaftes Versäumnis vorlag, da der Anwalt die Frist anhand der Handakten kontrolliert hatte. Eine eigenständige Überprüfung des Fristenkalenders sei nicht erforderlich gewesen, da keine Anhaltspunkte für Fehler bestanden.
Das Urteil wirkt sich auch haftungsrechtlich aus. Bisher konnten Anwälte für Vermögensschäden haftbar gemacht werden, wenn eine versäumte Frist finanzielle Verluste für Mandanten verursachte. Mit dieser neuen Rechtsprechung reduziert sich das Haftungsrisiko, solange eine gut organisierte Fristenkontrolle innerhalb der Kanzlei existiert.
Wenn Anwälte seltener für Fristenversäumnisse haftbar gemacht werden, könnte das auch zu einer Neubewertung von Risikofaktoren in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (VSH) führen.
Das BAG folgt mit dieser Entscheidung der bisherigen Linie des Bundesgerichtshofs (BGH), der bereits in den Urteilen XII ZB 533/22 und XII ZB 113/21 klargestellt hatte, dass eine funktionierende Kanzleiorganisation für die Fristenkontrolle ausreicht. Auch weitere Senate des BAG haben ihre Zustimmung zu dieser Auffassung erklärt.
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