Die Märkte haben gelassen auf das Wahlergebnis in Deutschland reagiert. Während der Euro leicht zulegte und Aktien-Futures moderat im Plus notieren, bleiben die Bewegungen am Anleihemarkt verhalten. Laut Annalisa Piazza, Anleiheexpertin bei MFS Investment Management, sind viele Risiken bereits eingepreist. Doch der finanzpolitische Kurs der neuen Bundesregierung wird genau beobachtet – insbesondere mit Blick auf Konjunktur, Schuldenbremse und Verteidigungsausgaben.
Der Ausgang der Bundestagswahl hat bislang kaum zu spürbaren Bewegungen an den Finanzmärkten geführt. Wie Annalisa Piazza, Anleiheexpertin bei MFS Investment Management, erklärt, hat der Euro leicht zugelegt, während sich Bundesanleihen seitwärts bewegen. Auch an den Aktienmärkten gab es nur moderate Ausschläge: Aktien-Futures notieren leicht im Plus.
„Am Anleihemarkt war in der Risikoprämie bereits viel eingepreist, was auf die Diskussionen über höhere Haushaltsausgaben, Verteidigung und andere politische Themen zurückzuführen ist“, so Piazza. „Wir gehen davon aus, dass der Markt weiterhin wachsam auf künftige Informationen zur Finanzpolitik und zu den europäischen Maßnahmen in Bezug auf die Ukraine und die Beziehungen zu den USA achten wird.“
Trotz der geringen Marktreaktion bleibt abzuwarten, wie die neue Regierung wirtschafts- und finanzpolitische Herausforderungen angeht. Piazza betont, dass mehr politische Klarheit nötig sei, damit sich die Märkte substanziell bewegen.
Zentrale Herausforderungen: Konjunktur, Schuldenbremse und Verteidigung
Die neue Bundesregierung steht vor einer Vielzahl wirtschaftspolitischer Aufgaben. Besonders brisant sind:
- Die schwache Konjunktur: Seit 2019 bildet Deutschland das Schlusslicht in der Eurozone.
- Strukturelle Fragen: Themen wie Deindustrialisierung, Verkehr, digitale Transformation und Verteidigung erfordern dringende Reformen.
- Finanzpolitik und Schuldenbremse: Obwohl eine Anpassung der Schuldenbremse eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag bräuchte, erwartet Piazza keine kurzfristigen Änderungen. Stattdessen könnten Maßnahmen mit einfacher Mehrheit priorisiert werden, insbesondere im Verteidigungsbereich.
„Deutschland muss schnell handeln, um den Aufbau der Verteidigung zu beschleunigen“, so Piazza weiter. CDU-Chef Friedrich Merz scheint offen für die Schaffung neuer strategischer europäischer Fonds, um aktuelle Herausforderungen auf EU-Ebene zu bewältigen – trotz seines grundsätzlich konservativen Ansatzes in der Finanzpolitik.
Ausblick: Märkte beobachten finanzpolitische Maßnahmen genau
Die kommenden Monate werden zeigen, wie die neue Regierung ihre finanzpolitischen Prioritäten setzt. Insbesondere die Diskussion um Haushaltsdisziplin und strategische Investitionen dürfte für die Märkte entscheidend sein. MFS Investment Management erwartet weiterhin eine zurückhaltende Marktreaktion, solange keine wesentlichen Weichenstellungen in der Steuer-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik erfolgen.
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