Der bloße Kontroll-Verlust über personenbezogene Daten kann einen immateriellen Schadensersatzanspruch begründen, so der Bundesgerichtshof (BGH). Im Fall eines Scraping-Vorfalls bei Facebook wurde die Klage eines Nutzers teilweise erfolgreich zurückverwiesen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 18. November 2024 (Az. VI ZR 10/24) einen Meilenstein im Bereich des Datenschutzes gesetzt. Hintergrund war der sogenannte Scraping-Vorfall bei Facebook im Jahr 2021, bei dem die Daten von 533 Millionen Nutzern öffentlich zugänglich gemacht wurden. Der Kläger machte geltend, dass Facebook unzureichende Sicherheitsmaßnahmen getroffen habe, und forderte Schadensersatz sowie die Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schäden.
Entscheidung des BGH: Kontrollverlust begründet immateriellen Schaden
Der BGH hob die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln teilweise auf und stellte klar, dass bereits der bloße Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten einen immateriellen Schaden gemäß Artikel 82 Abs. 1 DSGVO darstellen kann. Eine missbräuchliche Verwendung der Daten oder spürbare negative Folgen seien hierfür nicht erforderlich.
Der Bundesgerichtshof betonte zudem, dass die Möglichkeit zukünftiger Schäden in diesem Fall hinreichend wahrscheinlich sei, weshalb ein Feststellungsinteresse des Klägers vorliege. Ebenso wurde der Unterlassungsantrag des Klägers teilweise anerkannt, da die voreingestellte Suchbarkeitseinstellung bei Facebook nicht dem Grundsatz der Datenminimierung entsprochen habe.
Auswirkungen des Urteils
Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dabei hat das Gericht auch die Einwilligung des Klägers in die Datenverarbeitung sowie die Bemessung des immateriellen Schadens zu prüfen. Der BGH wies darauf hin, dass ein Ausgleich für den bloßen Kontrollverlust in einer Größenordnung von etwa 100 Euro vertretbar sei.
Bedeutung für Vermittler
Das Urteil kann auf mehreren Ebenen relevant für Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler sein. So verdeutlicht der Karlsruher Richterspruch, wie wichtig es ist, Datenschutzmaßnahmen konsequent umzusetzen und den Anforderungen der DSGVO gerecht zu werden. Vermittler sollten ihre Kunden darauf hinweisen, ihre eigenen Datenschutzstrategien regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auch für die Beratung zu Cyber-Versicherungen könnte dieses Urteil neue Impulse setzen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Datenschutz: Abmahnungen für die Verwendung von Google Fonts
Aktuell häufen sich die Abmahnungen an Webseitenbetreiber im Zusammenhang mit der Nutzung von Google Fonts. Ob eine Abmahnung samt Gebührenforderung rechtmäßig sein könnte, erläutert die Kanzlei Jöhnke und Reichow Rechtsanwälte.
Schadensersatz für unerlaubt übermittelte Patientendaten
Alternativen zum Lohnersatz: Unterhalt, Haushaltsführungsschaden, Mobbingschaden
BGH-Urteil: Hundehalter haften auch für gehorsame Hunde
Hundehalterinnen und Hundehalter müssen auch dann für Schäden haften, wenn ihr Hund gehorsam ist und an der Leine geführt wird. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH, VI ZR 381/23) in einem aktuellen Urteil entschieden.
BGH erklärt Klauseln zu Verwahrentgelten für unwirksam
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Banken und Sparkassen dürfen keine Verwahrentgelte auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten erheben. Zudem wurden Klauseln zu Entgelten für Ersatz-Bankkarten und Ersatz-PINs für unwirksam erklärt. Die Urteile könnten weitreichende Folgen für Banken und Kunden haben.
BGH: Ausschluss von Schwammklauseln unwirksam?
Der BGH prüft den weit verbreiteten Ausschluss von Schwammschäden neu – ist er noch gerechtfertigt? Fachanwalt Stephan Michaelis erklärt im Gastbeitrag, warum der Sachverständigenbeweis im Mittelpunkt steht und was das für Versicherungsnehmer und Makler bedeutet.
BaFin bestraft Tesla-Tochter
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat gegen die Tesla Financial Service GmbH Bußgelder in Höhe von 11.000 Euro verhängt. Der Grund: Verstöße gegen das Kreditwesengesetz.
Verkehrsgerichtstag 2025: Hinterbliebenengeld und Kfz-Schadengutachten im Fokus
Der Verkehrsgerichtstag 2025 widmet sich erneut zentralen Fragen rund um Mobilität und Recht. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) präsentiert dazu klare Positionen und hebt zwei Themen besonders hervor: Hinterbliebenengeld und Standards bei Kfz-Schadengutachten. Was hinter diesen Forderungen steckt.
Mängel in der Wohnung: Was Mieter wissen müssen
Mängel in der Mietwohnung gehören zu den häufigsten Streitpunkten zwischen Mietern und Vermietern. Laut Auswertungen zu Rechtsrisiken bei Privatkunden zählen Mietrechts-Streitigkeiten regelmäßig zu den Top-5. Die ARAG Mietrechts-Expertin Christina Gellert erklärt, welche Rechte und Pflichten Mieter bei Mängeln haben und welche Schritte einzuleiten sind.
Datenschutzskandal: Zehn Versicherer wegen rechtswidriger Datenweitergabe im Visier
Zehn Versicherer in NRW stehen im Verdacht, hochsensible Gesundheitsdaten über einen unsicheren E-Mailverteiler ausgetauscht zu haben. Landesdatenschutzbeauftragte Bettina Gayk erhebt schwere Vorwürfe.
Haftungsfallen, KI und VSH: Kanzlei Michaelis lädt zur Fachtagung
Am 13. Februar 2025 veranstaltet die Kanzlei Michaelis eine umfassende Online-Fachtagung speziell für Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet ein intensiver Weiterbildungstag mit Fachvorträgen zu aktuellen rechtlichen und praktischen Themen im Versicherungsvertrieb.
Rechtliche Stolperfallen an Silvester: Was tun, wenn der Böller nicht nur knallt?
In einem Interview gibt ARAG-Rechtsexpertin Jennifer Kallweit Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um Feuerwerkskörper, Versicherungen und rechtliche Pflichten.