Ein vermeintlich seriöser Autoverkauf entpuppte sich als Betrug – trotz Vorlage eines Fahrzeugbriefs. Das Landgericht Frankenthal verneint einen gutgläubigen Erwerb und erklärt: Wer Warnsignale ignoriert, handelt grob fahrlässig und verliert Eigentum wie Kaufpreis.
Beim Kauf eines Gebrauchtwagens ist die Vorlage des Fahrzeugbriefs (Zulassungsbescheinigung Teil II) ein zentraler Vertrauensfaktor. Doch nicht immer schützt sie vor einem Verlust des Fahrzeugs – insbesondere, wenn die Begleitumstände Zweifel an der Eigentümerstellung des Verkäufers begründen. Das Landgericht Frankenthal hat dies in seinem Urteil vom 03.04.2025 – 3 O 388/24 klargestellt und einen Käufer zum Verlust des Fahrzeugs und des Kaufpreises verurteilt.
Autokauf mit überraschender Wendung
Ein Käufer hatte im Internet einen hochwertigen Gebrauchtwagen entdeckt und sich mit dem vermeintlichen Anbieter in Dillingen/Saar zur Besichtigung verabredet. Kurz vor dem Treffen wurde der Ort kurzfristig auf einen Parkplatz vor einem Krankenhaus in Frankreich verlegt – angeblich wegen eines Unfalls des Kindes des Verkäufers. Dort erfolgte der Kauf: bar, mit einem täuschend echten Fahrzeugbrief und einem belgischen Aufenthaltstitel als Ausweisdokument.
Wenige Tage später beschlagnahmte die Polizei das Fahrzeug. Der wahre Eigentümer hatte es als gestohlen gemeldet und erhielt es zurück. Er veräußerte es schließlich zu einem höheren Preis weiter. Der betrogene Käufer klagte daraufhin auf Herausgabe des Verkaufserlöses gemäß § 285 BGB – ohne Erfolg.
Grobe Fahrlässigkeit schließt Gutgläubigkeit aus
Das Gericht stellte klar, dass der Erwerb eines gestohlenen Fahrzeugs nach § 932 Abs. 2 BGB nur dann gutgläubig erfolgt, wenn dem Käufer der fehlende Eigentümerstatus des Veräußerers weder bekannt ist noch infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt bleibt. Maßgeblich sei dabei eine Gesamtwürdigung der Umstände.
Im konkreten Fall habe der Kläger Warnzeichen ignoriert:
- Der Verkäufer nannte einen Wohnsitz in Frankenthal, wies sich aber mit einem belgischen Ausweis aus.
- Das Fahrzeug war mit deutschem Kennzeichen zugelassen.
- Der Treffpunkt wurde kurzfristig ins Ausland verlegt.
- Die Kaufabwicklung erfolgte in bar auf einem Krankenhausparkplatz.
Diese Umstände seien laut Gericht typisch für betrügerische Fahrzeuggeschäfte. Ein verständiger Käufer hätte Anlass zu Zweifeln haben müssen. Die Berufung auf den vorgelegten Fahrzeugbrief allein genüge unter diesen Umständen nicht für den Erwerb in gutem Glauben.
Klare Linie gegen Nachlässigkeit beim Fahrzeugkauf
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt zur Annahme eines gutgläubigen Erwerbs regelmäßig die Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II – sofern keine Anzeichen für Unregelmäßigkeiten vorliegen. Ergeben sich jedoch konkrete Verdachtsmomente, etwa widersprüchliche Angaben zur Identität oder ungewöhnliche Verkaufsumstände, kann dem Erwerber der Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht erspart bleiben.
Das Urteil zeigt, wie Gerichte zunehmend streng prüfen, ob Käufer sich auf die äußere Seriosität eines Geschäfts verlassen durften – oder ob sie durch kritisches Nachfragen hätten Klarheit schaffen müssen.
Die Entscheidung des Landgerichts Frankenthal folgt einer konsequenten Linie in der Rechtsprechung zum Eigentumserwerb bei beweglichen Sachen. Sie verdeutlicht, dass Käufer sich nicht allein auf scheinbar stimmige Papiere verlassen dürfen, wenn die äußeren Umstände Anlass zur Skepsis geben. Besonders im Onlinehandel und bei kurzfristigen Änderungen des Kauforts ist erhöhte Vorsicht geboten.
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