Lieber Maschine als Mensch?

Smartphone-Sprachassistent-2598422-PB-KaufdexSmartphone-Sprachassistent-2598422-PB-KaufdexKaufdex / pixabay.com

Menschlicher Berater versus Sprachassistent: Immer mehr Verbraucher ziehen Bots einem menschlichen Berater und Verkäufer vor, zeigt die Studie „Smart Talk: How organizations and consumers are embracing voice and chat assistants“ des Capgemini Research Institute.

Vor allem bei der Suche nach neuen Produkten und Services oder bei Fragen nach dem Kauf gaben fast 70 Prozent der Befragten an, dass sie in drei Jahren lieber einen Sprachassistenten verwenden, als einen Laden oder ihre Bankfiliale aufzusuchen.

Achim Himmelreich, der weltweit zum Thema Consumer Engagement im Bereich Konsumgüter und Handel bei Capgemini berät, erläutert:

„Unsere Untersuchung zeigt deutlich, dass deutsche Verbraucher zunehmend Sprachassistenten für sich entdecken. Die Leute diktieren damit längst ihren Einkaufszettel und fragen ihr Smartphone sogar nach günstigen Krediten, am liebsten übrigens bequem vom Sofa aus. ... Voice erobert bereits die frühen und mittleren Teile der Customer Journey vom klassischen Handel bis zur Finanzbranche und beeinflusst immer mehr, was schließlich gekauft wird – nur auf einem weiteren Kanal.“

35 Prozent der Deutschen haben im vergangenen Jahr erstmals einen Sprachassistenten genutzt.

Achim Himmelreich dazu:

„Im Vergleich zu unserer Anfang 2018 veröffentlichten Studie können sich deutlich mehr Verbraucher vorstellen, dass Sprachassistenten innerhalb der nächsten drei Jahre zum Kanal ihrer Wahl werden. Sicherheit bleibt dabei ein Thema: An den Sorgen der Verbraucher, wie sich Sprachassistenten auf ihre Privatsphäre und den Zugriff auf Daten auswirken, hat sich wenig geändert. Jetzt wo Conversational Commerce zum Mainstream wird, müssen Unternehmen sich jedoch stärker bemühen, diesen Bedenken Rechnung zu tragen.“

Verbreitung bleibt hinter Begeisterung zurück

76 Prozent der Unternehmen an, dass sie einen nachweisbaren Mehrwert aus Sprach- oder Chat-Assistenten ziehen konnten. 58 Prozent bestätigen, dass ihre Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen wurden. So konnten durch digitale Assistenten beispielsweise die Kosten für den Kundendienst um mehr als 20 Prozent gesenkt werden. gleichzeitig stieg die Nutzung digitaler Assistenten durch die Verbraucher um 20 Prozent.

Auch wenn Unternehmen sowie Verbraucher von den Vorteilen überzeugt sind, scheint die tatsächliche Verbreitung hinter der Begeisterung und Nachfrage zurückzubleiben: Weniger als die Hälfte der Top-100-Player in den Bereichen Automobil, Konsumgüter und Handel sowie Banken und Versicherungen nutzen Sprachassistenten oder Chats.

Erfahrung steigert Nachfrage der Verbraucher

Ein Vergleich der Ergebnisse von 2017 und 2019 mit Blick auf die vier großen westlichen Märkte USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland zeigt den wachsenden Einsatz von Sprachassistenten für unterschiedliche Zwecke.

Zu diesen zählen der Einkauf von Lebens-, Wasch- oder Reinigungsmitteln (2017: 35 Prozent, 2019: 53 Prozent), der Kundenservice nach dem Kauf (2017: 37 Prozent, 2019: 52 Prozent) und auch der Zahlungsverkehr für Produkte oder Dienstleistungen (2017: 28 Prozent, 2019: 48 Prozent). Verbraucher äußern sich zunehmend positiv über die Erfahrung mit Gesprächsassistenten (2017: 61 Prozent, 2019: 72 Prozent).

Darüber hinaus sind dieses Jahr 64 Prozent der Verbraucher mit der Verwendung eines sprachbasierten Lautsprechers wie Google Home oder Amazon Echo zufrieden (2017: 46 Prozent). 57 Prozent zeigten sich mit einem sprach- und bildschirmgestützten Sprachassistenten (ausgenommen Telefone) wie Amazon Echo Show und Amazon Fire TV (2017: 44 Prozent) zufrieden.

Bequemlichkeit und Personalisierung

68 Prozent der Verbraucher bestätigten, dass ein Sprachassistent ihnen Multitasking und die freihändige Durchführung von Aufgaben ermöglicht. Zudem sind 59 Prozent der deutschen Befragten der Meinung, dass Chat-Assistenten sich im Laufe der Zeit besser an ihren Benutzer anpassen.

56 Prozent wollen ihren Sprachassistenten personalisieren, 53 Prozent wollen ihm einen Namen geben und 52 Prozent würden gar gern einen Charakter auswählen. Verbraucher wünschen sich also eine menschenähnlichere Interaktion mit ihren Assistenten.

Stan Sthanunathan, Executive Vice President bei Unilever bekräftigt die Notwendigkeit für Unternehmen, Sprachassistenten einzusetzen:

„Die größte Erfahrung, die wir gemacht haben, ist es, Gesprächsschnittstellen nicht als Heilmittel für all die Probleme zu betrachten, sondern sie stattdessen zu nutzen, um die menschliche Intelligenz zu erweitern. Das macht sie viel produktiver. Sprach- oder Chat-Bots können mit mehreren Personen gleichzeitig kommunizieren, so tragen sie dazu bei, den Stress und die Belastung unserer menschlichen Mitarbeiter zu reduzieren. Die Interfaces lösen zwischen 20 Prozent und 30 Prozent der Anfragen, bevor sie die menschlichen Agenten erreichen. Und selbst wenn das Thema zu einem Menschen weitergereicht wird, ist es eigentlich viel zielgerichteter."

Vier kritische Erfolgsfaktoren

Die Studie identifizierte vier kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen, um die wachsende Begeisterung für Voice zu nutzen:

  1.  Fast die Hälfte der Verbraucher wäre mit einer menschenähnlicheren KI loyaler gegenüber einem Unternehmen und würde eine höhere Konsumbereitschaft zeigen .
  2.  Fast zwei Drittel der Verbraucher gaben an, dass mehr Informationen es ihnen leichter machen würden, vor allem Bilder (63 Prozent der Verbraucher), Videos (64 Prozent) oder auch mehr Text (65 Prozent).
  3. Während Verbraucher zunehmend bereit sind, den Empfehlungen von Gesprächsassistenten zu vertrauen, bleibt die Sorge um Privatsphäre und Sicherheit hoch. Bei einem geringen Involvement würden 63 Prozent der deutschen Befragten ihrem Sprachassistenten bei Produktempfehlungen vertrauen (weltweit 54 Prozent), dagegen 46 Prozent denen eines Verkäufers (weltweit 49 Prozent). Jeder zweite Deutsche und 46 Prozent der Befragten weltweit befürchten, dass ihre Sprachassistenten im Hintergrund ihre privaten Gespräche belauschen.
  4. Talente in den drei Schlüsselbereichen Experience Design, Architektur/Technologie und Legal/Compliance entwickeln.

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