Die zunehmende Komplexität bei Produkten, fehlender Service und wachsende Frustration: Immer mehr Vermittlerinnen und Vermittler meiden das Gewerbegeschäft. Das zeigt das aktuelle Vermittlerbarometer des AfW – und birgt zugleich Chancen für Versicherer.
Das klassische Bild des "Bauchladenmaklers" hat ausgedient. Immer mehr Vermittlerinnen und Vermittler konzentrieren sich auf ausgewählte Sparten – und lassen das Gewerbegeschäft dabei bewusst links liegen. Das zeigt die jüngste Ausgabe des AfW-Vermittlerbarometers: Rund 20 Prozent der befragten Vermittler geben an, keine gewerblichen Versicherungen mehr zu vermitteln. Der Grund ist klar: Die Betreuung von Gewerbekunden wird als zunehmend aufwändig und ineffizient wahrgenommen.
Vor allem die Produktkomplexität, ein hoher Beratungsaufwand und mangelhafte Schadensregulierung schrecken viele Vermittlerinnen und Vermittler ab. In der aktuellen Umfrage sehen nur noch wenige Teilnehmende keine besonderen Hürden im Gewerbegeschäft – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu früheren Erhebungen.
Franziska Geusen, Vorständin des AfW und selbst Maklerin mit Fokus auf Gewerbekunden, beobachtet eine deutliche Serviceverschlechterung bei vielen Versicherern: „Früher konnte man im persönlichen Austausch unkompliziert maßgeschneiderte Lösungen für Unternehmen entwickeln. Heute dominieren standardisierte Produkte und anonyme Hotlines – auch im Gewerbebereich.“ Der zunehmende Abbau direkter Ansprechpartner, etwa von Underwritern, erschwere die individuelle Betreuung weiter.
Die qualitativen Kommentare aus der Umfrage unterstreichen diesen Trend. So berichten Teilnehmer von "grottenschlechten Schadenbearbeitungszeiten" und fehlendem Außendienst-Support. Besonders oft wird auf die abnehmende Erreichbarkeit hingewiesen: E-Mails blieben unbeantwortet, telefonische Anfragen würden nicht angenommen. Wo im Vorjahr noch vielfach Kooperationen mit spezialisierten Maklern genannt wurden, überwiegen 2024 kritische Stimmen zum Betreuungsaufwand.
Dabei bietet genau dieser Punkt auch eine Chance für Versicherer: Wer im Gewerbebereich wachsen will, kann sich mit konsequenter Serviceorientierung deutlich abheben. „In vielen Bereichen können Risikotträger vor allem im kleinen und mittleren Gewerbesegment eine auskömmliche Marge generieren. Wer es schafft, hier als echter Partner aufzutreten, kann enormes Wachstumspotenzial erschließen“, sagt Franziska Geusen. Vor allem jüngere Vermittlerinnen und Vermittler seien offen für das Gewerbegeschäft – sofern sie Unterstützung erhalten.
Das AfW-Vermittlerbarometer wurde im Oktober und November 2024 online durchgeführt. 1.173 Vermittlerinnen und Vermittler nahmen teil, über 88 Prozent davon mit Erlaubnis nach §34d GewO. Rund 62 Prozent der Befragten sind keine AfW-Mitglieder – das Ergebnis der Umfrage hat also weit über den Verband hinaus Aussagekraft.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Vergleichsportale holen auf – Maklervertrieb trotzt dem digitalen Druck
Der Versicherungsvertrieb in Deutschland verschiebt sich weiter in Richtung hybrider Strukturen. Vergleichsportale etablieren sich nicht nur als Vertriebskanal, sondern auch als erste Anlaufstelle zur Information. Das zeigt der aktuelle „Kundenmonitor e-Assekuranz 2024 – Der Vertriebswege-Monitor“ von Sirius Campus.
„Die Transformation hält die ganze Branche auf Trab“
Die Digitalisierung verändert die Versicherungsbranche, doch eines bleibt konstant: Der Mensch steht im Mittelpunkt. Wie die InterRisk den Spagat zwischen digitalen Prozessen und persönlicher Beratung meistert, welche Rolle Assistance- Leistungen für die Kundenbindung spielen und warum eine stärkere Sichtbarkeit auf der Agenda steht, erklärt der Vorstandsvorsitzende Dr. Florian Sallmann im Interview. Der Text erschien zuerst im expertenReport 03/2025.
„VPV Gewerbe-Schutz“: Versicherer startet in neues Segment
Die VPV Versicherungen erschließen ein neues Geschäftsfeld: Ab sofort bietet der Versicherer unter dem Namen VPV Gewerbe-Schutz auch Kompositprodukte für gewerbliche Kunden an. Damit setzt das Unternehmen einen zentralen Meilenstein seiner strategischen Weiterentwicklung um.
„Jungmakler definieren aktiv die Zukunft des Versicherungsvertriebs“
Jung, digital, anspruchsvoll: Die Studie „Jungmaklermarkt 2025“ zeigt, wie eine neue Maklergeneration den Vertrieb umkrempelt – mit klaren Werten, neuen Tools und viel Gestaltungslust.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Schadenökosysteme in der Assekuranz: Vom Trend zur Transformationsstrategie
Eine aktuelle Verisk-Studie zeigt: Die Versicherungsbranche in Deutschland erkennt zunehmend das Potenzial vernetzter Schadenökosysteme. Wie Versicherer und Dienstleister gemeinsam Effizienz, Innovation und Kundenzufriedenheit steigern wollen – und welche Hürden noch überwunden werden müssen.
Sportunfälle 2024: ERGO veröffentlicht neue Unfallstatistik pünktlich zur Frauen-EM
Fußball, Skisport, E-Bikes – wo Sport zur Gefahr wird: Die neue Unfallstatistik von ERGO zeigt, welche Sportarten 2024 besonders viele Verletzungen verursacht haben. Wer denkt, es trifft nur die Profis, liegt falsch. Besonders auffällig: Eine beliebte Sommersportart ist aus den Top Ten verschwunden.
BaFin deckt Beratungsmängel bei Versicherungsanlageprodukten auf
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat bei einer Mystery-Shopping-Aktion deutliche Defizite bei der Beratung und Dokumentation im Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten festgestellt. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Aufsicht jetzt veröffentlicht hat. Die Aktion war Teil einer europaweiten Untersuchung, die von der Europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA koordiniert wurde und zwischen März und Juni 2024 stattfand.
Altersdiskriminierung trifft nicht nur die Älteren – neue Studie überrascht mit Ergebnissen
Die neueste Ausgabe der DIA-Studie 50plus rückt ein bislang wenig beachtetes Phänomen ins Licht: Jüngere Menschen berichten deutlich häufiger von Altersdiskriminierung als Ältere.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.