Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) warnt davor, eine verpflichtende Elementarschadenversicherung als einfache Antwort auf zunehmende Klimarisiken zu betrachten. Im Rahmen ihres digitalen Jahrespressegesprächs betonte die DAV, dass ein nachhaltiger Versicherungsschutz nur im Zusammenspiel mit risikogerechten Prämien, effektiver Prävention und einem gesicherten Kumulschutz funktionieren könne.
„Eine Pflichtversicherung allein verhindert keine Schäden. Wenn risikogerechte Prämien und gezielte Prävention fehlen, kann sie sogar Fehlanreize schaffen“, erklärt DAV-Past President Dr. Maximilian Happacher. Die DAV fordert daher ein Gesamtkonzept, das auf risikobasierten Prämien fußt. Solidarische Ausgleichsmechanismen sollen nur bei Extremrisiken greifen. Zentral sei zudem ein staatlich abgesicherter Rückversicherungsmechanismus – etwa in Form einer Stop-Loss-Garantie –, um Versicherer im Fall großer Schadenereignisse zu entlasten.
Wie bereits berichtet, plant die schwarz-rote Koalition konkrete Schritte: Künftig sollen Neuverträge in der Wohngebäudeversicherung verpflichtend einen Elementarschadenschutz enthalten. Auch bestehende Verträge könnten zu einem Stichtag erweitert werden. Ziel ist es, die massive Versicherungslücke – aktuell ist nur etwa jedes zweite Haus abgesichert – zu schließen.
Doch es regt sich Kritik: Der Eigentümerverband Haus & Grund warnt vor hohen Mehrkosten und einem Eingriff ins Eigentumsrecht. Auch Jakob Thevis, stellvertretender Vorstand des ZEV, hält wenig von einer Pflichtlösung mit Opt-Out: „Viele Haushalte würden sich gegen eine Elementarschadenversicherung entscheiden – und wir wären wieder am gleichen Punkt wie zuvor.“
Im Vergleich zur deutschen Debatte verweist Thevis auf das französische Modell, in dem sich Staat, Versicherer und Rückversicherer auf einen festen Zuschlag von rund 26 Euro pro Jahr bei jeder Gebäude- oder Hausratversicherung verständigen – ohne Versicherungspflicht. Der bürokratische Aufwand ist gering, eine individuelle Risikobewertung entfällt. Wer versichert ist, erhält im Schadenfall klare Entschädigungsregelungen. Wer nicht versichert ist, kann nicht auf staatliche Hilfe hoffen.
Aus Sicht der DAV kann eine Pflichtversicherung nur dann gesellschaftlich tragfähig und wirtschaftlich effizient sein, wenn sie Teil einer übergreifenden Reform ist. Diese müsse politische Verantwortung in der Bau- und Raumordnung, Prävention und Versicherungsschutz verbinden.
„Eine Pflichtversicherung ist kein Selbstzweck – sie kann nur im Zusammenspiel mit staatlicher Verantwortung, effektiven Risikomodellen und risikogerechten Prämien funktionieren“, betont Happacher. „Der beste Schaden ist immer noch der, der nicht eintritt.“
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