Union und SPD starten Koalitionsverhandlungen – Klarer Kurs bei Migration, Wirtschaft und Sozialpolitik

Nach einer Woche intensiver Sondierungsgespräche haben CDU, CSU und SPD den Weg für Koalitionsverhandlungen freigemacht. Ein gemeinsames Sondierungspapier soll als Grundlage für die kommenden Gespräche dienen, die bereits nächste Woche beginnen könnten. CDU-Chef Friedrich Merz sprach von einem „wichtigen Schritt für Stabilität und Erneuerung“, während SPD-Chef Lars Klingbeil betonte, dass die Parteien Verantwortung übernehmen und das Land voranbringen wollten.

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Union und SPD haben einen pragmatischen Kompromiss gefunden, der wirtschaftliche Impulse setzt, die Migrationspolitik verschärft und soziale Reformen auf den Weg bringtFoto: Deutscher Bundestag, Felix Zahn

Härtere Migrationspolitik: Grenzkontrollen, Rückführungen, Leistungsentzug

In der Migrationspolitik setzen Union und SPD auf einen deutlichen Kurswechsel. Die Grenzkontrollen sollen massiv ausgeweitet, Zurückweisungen an der Grenze deutlich erhöht werden. Gleichzeitig wird das Aufenthaltsgesetz um eine klare Zielsetzung zur Begrenzung der Migration ergänzt. Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte wird ausgesetzt, eine Rückkehroffensive soll Abschiebungen konsequenter durchsetzen. Auch freiwillige Aufnahmeprogramme für Afghanistan werden gestoppt.

Merz machte klar, dass Deutschland „mehr reguläre und weniger irreguläre Migration“ brauche. Die SPD betont hingegen, dass es auch darum gehe, Einwanderung in den Arbeitsmarkt effizienter zu gestalten. Beide Seiten eint das Ziel, Migration stärker zu steuern und den Rechtsstaat durchzusetzen.

Wirtschaft und Energie: Entlastung, Wachstum, Zukunftstechnologien

Auch in der Wirtschaftspolitik setzen die künftigen Koalitionäre klare Akzente. Um den Industriestandort Deutschland zu stärken, sollen die Energiekosten gesenkt werden. Der Strompreis für Unternehmen und Haushalte soll um fünf Cent pro Kilowattstunde sinken, die Stromsteuer wird reduziert. Eine Unternehmenssteuerreform soll Investitionen erleichtern, Bürokratieabbau den Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähiger machen.

Besonders ambitioniert zeigt sich die neue Allianz in der Forschung: Deutschland soll zum Vorreiter in der Kernfusion werden. CSU-Chef Markus Söder erklärte selbstbewusst, dass „der erste Fusionsreaktor der Welt in Deutschland stehen“werde.

Sozialpolitik: Bürgergeld-Reform, Mindestlohn und Steuererleichterungen

In der Sozialpolitik einigten sich Union und SPD auf eine weitreichende Reform des Bürgergelds. Es soll in eine Grundsicherung umgewandelt werden, die Leistungsbeziehern, die eine zumutbare Arbeit verweigern, sämtliche Bezüge streicht. Damit setzt die Koalition ein klares Signal: Fördern ja, aber nur mit Fordern.

Der Mindestlohn soll auf 15 Euro steigen, ein Tariftreuegesetz die Position von Arbeitnehmern stärken. Zudem wird die Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder ausgeweitet. Die Gastronomie profitiert von einer dauerhaften Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent. SPD-Chefin Saskia Esken betonte, dass dies ein entscheidender Schritt sei, um Familien und kleine Unternehmen zu entlasten.

Finanzpolitik: Schuldenbremse gelockert, Sondervermögen geplant

Besonders umkämpft war die Finanzpolitik. Hier hat sich die SPD mit einer Lockerung der Schuldenbremse und der Schaffung eines milliardenschweren Sondervermögens durchgesetzt, das Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung ermöglichen soll. Die Union hat sich diesem Kompromiss angeschlossen, um ihre Forderungen in der Migrationspolitik durchzusetzen.

Allerdings gibt es Widerstand: CDU-Politiker Christian Wirth hat bereits eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, um die Verfassungsmäßigkeit der Finanzpläne zu überprüfen. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther mahnte an, dass der Staat nicht weiter über seine Verhältnisse leben dürfe.

Fahrplan: Koalitionsvertrag bis Ostern?

Die Parteigremien müssen nun grünes Licht für die Koalitionsverhandlungen geben. Ziel ist es, die Gespräche bis Ostern abzuschließen und die Ressortverteilung festzulegen. Besonders die Besetzung des Finanzministeriums dürfte umkämpft sein.

Mit 28,5 Prozent hatte die Union die Bundestagswahl am 23. Februar klar gewonnen. Die SPD erreichte 16,4 Prozent, während die AfD mit 20,8 Prozent zweitstärkste Kraft wurde. Da eine schwarz-grüne Koalition rechnerisch nicht möglich ist und die Union jede Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen hat, bleibt die Neuauflage einer großen Koalition die einzige realistische Option.

Einigung mit klarer Handschrift, aber offenen Fragen

Union und SPD haben einen pragmatischen Kompromiss gefunden, der wirtschaftliche Impulse setzt, die Migrationspolitik verschärft und soziale Reformen auf den Weg bringt. Während die Union bei Bürgergeld und Migration dominierte, konnte die SPD in der Finanz- und Sozialpolitik Akzente setzen.

Dennoch stehen die Parteien vor harten Verhandlungen, insbesondere bei der Ressortverteilung und den Details der Steuerpolitik. CSU-Chef Markus Söder zeigte sich dennoch optimistisch: „Das Ergebnis passt schon.“

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