Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird heute Vormittag den Bundestag auflösen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird heute Vormittag eine wichtige Entscheidung bekannt geben: Ob er den Bundestag auflöst und damit den Weg für vorgezogene Neuwahlen freimacht. Ein Pressestatement ist für 11 Uhr im Schloss Bellevue angesetzt. Politische Beobachter halten es für nahezu sicher, dass Steinmeier der Bitte von Bundeskanzler Olaf Scholz folgt, den Bundestag aufzulösen. Damit würde er auch den Termin für die Neuwahl festlegen, voraussichtlich auf den 23. Februar 2025 – ein Datum, auf das sich die Fraktionsspitzen von SPD und Union bereits verständigt haben.

(PDF)
Die Auflösung des Bundestags ist ein selten genutztes Instrument in der deutschen Politik und wird nur in Ausnahmefällen eingesetzt.Foto: Flickr

Hintergrund der Entscheidung ist das Zerbrechen der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP im November 2024, rund drei Jahre nach ihrer Bildung. Daraufhin stellte Bundeskanzler Olaf Scholz am 16. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage. Diese endete wie von Scholz beabsichtigt: Er erhielt keine Mehrheit, da auch Abgeordnete der ehemaligen Koalitionsparteien gegen ihn stimmten oder sich enthielten. Nach der verlorenen Vertrauensfrage beantragte Scholz beim Bundespräsidenten die Auflösung des Bundestages gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes.

Auflösung liegt im Ermessen des Bundespräsident

Artikel 68 des Grundgesetzes sieht vor, dass der Bundespräsident nach einer gescheiterten Vertrauensfrage entscheiden kann, ob er den Bundestag auflöst oder nicht. Diese Entscheidung liegt im Ermessen des Bundespräsidenten – er ist also nicht verpflichtet, der Bitte des Bundeskanzlers zu folgen. In der Vergangenheit wurde in solchen Situationen immer wieder diskutiert, ob statt einer Auflösung des Parlaments nicht andere Möglichkeiten zur Bildung einer stabilen Regierung in Betracht gezogen werden könnten.

Theoretisch könnte der Bundestag auch eine neue Regierung bilden, ohne dass Neuwahlen erforderlich sind. In diesem Fall müsste eine neue Kanzlerkandidatin oder ein neuer Kanzler von einer Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden. Dies wäre beispielsweise möglich, wenn sich die Parteien im Bundestag auf eine neue Koalition oder eine Minderheitsregierung verständigen könnten. Um solche Optionen zu prüfen, führte Bundespräsident Steinmeier in den vergangenen Tagen Gespräche mit den Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen. Dabei wollte er klären, ob es nicht doch noch eine tragfähige politische Mehrheit im bestehenden Bundestag geben könnte, die eine Neuwahl überflüssig machen würde.

Stabile Mehrheit für Fortführung unrealistisch

Die bisherigen Rückmeldungen aus den Gesprächen deuten jedoch darauf hin, dass es keine realistische Aussicht auf eine neue stabile Mehrheit gibt. Vor allem die unterschiedlichen Interessen der Parteien, insbesondere der Union und der Grünen, scheinen eine schnelle Einigung auf eine alternative Regierungsbildung zu verhindern. Insofern wird erwartet, dass Steinmeier der Einschätzung von Olaf Scholz folgt und den Bundestag auflöst.

Sollte Steinmeier heute tatsächlich die Auflösung des Bundestags verkünden, wären vorgezogene Neuwahlen die logische Konsequenz. Das Grundgesetz schreibt vor, dass diese spätestens 60 Tage nach der Auflösung des Parlaments stattfinden müssen. Mit der Wahl am 23. Februar 2025 würde dieser Zeitrahmen eingehalten. Die Neuwahl bietet den Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit, mit ihrer Stimme die politische Richtung neu zu bestimmen und gegebenenfalls eine neue stabile Regierung zu ermöglichen.

Die Auflösung des Bundestags ist ein selten genutztes Instrument in der deutschen Politik und wird nur in Ausnahmefällen eingesetzt, wenn keine andere Möglichkeit zur Regierungsbildung besteht. Sie zeigt, wie tiefgreifend die politische Krise nach dem Zerbrechen der Ampelkoalition ist. Die Entscheidung Steinmeiers wird heute mit Spannung erwartet und könnte die Weichen für die politische Zukunft Deutschlands neu stellen.

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Franziska Brantner, Co-Vorsitzende der GrünenNils Leon Brauer Pressefotos: Bündnis 90/Die GrünenFranziska Brantner, Co-Vorsitzende der GrünenNils Leon Brauer Pressefotos: Bündnis 90/Die Grünen
Politik

Machtpoker um das Sondervermögen: CDU unter Druck – SPD und Grüne spielen auf Zeit

Der Streit um das milliardenschwere Sondervermögen für Verteidigung entwickelt sich zu einem politischen Machtkampf, in dem CDU-Chef Friedrich Merz zunehmend in die Defensive gerät. Während Grüne und SPD das Paket für eigene Zugeständnisse nutzen, wächst der Druck von rechts und links: Sowohl die AfD als auch die Linkspartei halten die Finanzierung für verfassungswidrig.

Im Plenum flogen die verbalen Angriffe, während sich beide Lager auf den Endspurt im Wahlkampf vorbereiteten (Symbolbild mit KI erstellt).GROKIm Plenum flogen die verbalen Angriffe, während sich beide Lager auf den Endspurt im Wahlkampf vorbereiteten (Symbolbild mit KI erstellt).GROK
Politik

Hitzige Debatte im Bundestag: Scholz und Merz im offenen Schlagabtausch

Nur wenige Tage vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 lieferten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz eine der schärfsten Auseinandersetzungen der Legislaturperiode.

In seiner Rede auf dem Parteitag der SPD warnte Scholz vor einer Regierungsübernahme durch CDU und CSU.Foto: l. Nadine to Roxel, Chefreporterin Politik RTL-MediengruppeIn seiner Rede auf dem Parteitag der SPD warnte Scholz vor einer Regierungsübernahme durch CDU und CSU.Foto: l. Nadine to Roxel, Chefreporterin Politik RTL-Mediengruppe
Politik

Olaf Scholz offiziell als SPD-Kanzlerkandidat bestätigt – Kampf um die Bundestagswahl beginnt

Auf dem SPD-Parteitag in Berlin wurde Olaf Scholz am Samstag offiziell als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl am 23. Februar bestätigt. Die Delegierten sprachen sich mit überwältigender Mehrheit für den 66-jährigen Bundeskanzler aus – lediglich fünf der knapp 600 Delegierten stimmten gegen ihn.

Neben seinen wirtschaftspolitischen Forderungen nutzte Lindner die Bühne, um klare Kritik an den politischen Mitbewerbern zu üben.saarnews / pixabayNeben seinen wirtschaftspolitischen Forderungen nutzte Lindner die Bühne, um klare Kritik an den politischen Mitbewerbern zu üben.saarnews / pixabay
Politik

Christian Lindner: „Alles lässt sich ändern – jetzt erst recht!“

Beim traditionellen Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart hat Parteichef Christian Lindner den Startschuss für den Bundestagswahlkampf 2025 gegeben. In seiner Rede zeichnete er ein klares Bild der Herausforderungen in Deutschland und stellte seine Partei als Garant für einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neuanfang dar.

Unsere Themen im Überblick

Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe aus zentralen Bereichen der Branche.

Themenwelt

Praxisnahe Beiträge zu zentralen Themen rund um Vorsorge, Sicherheit und Alltag.

Wirtschaft

Analysen, Meldungen und Hintergründe zu nationalen und internationalen Wirtschaftsthemen.

Management

Strategien, Tools und Trends für erfolgreiche Unternehmensführung.

Recht

Wichtige Urteile, Gesetzesänderungen und rechtliche Hintergründe im Überblick.

Finanzen

Neuigkeiten zu Märkten, Unternehmen und Produkten aus der Finanzwelt.

Assekuranz

Aktuelle Entwicklungen, Produkte und Unternehmensnews aus der Versicherungsbranche.