Olaf Scholz offiziell als SPD-Kanzlerkandidat bestätigt – Kampf um die Bundestagswahl beginnt

Auf dem SPD-Parteitag in Berlin wurde Olaf Scholz am Samstag offiziell als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl am 23. Februar bestätigt. Die Delegierten sprachen sich mit überwältigender Mehrheit für den 66-jährigen Bundeskanzler aus – lediglich fünf der knapp 600 Delegierten stimmten gegen ihn. Bereits im November hatte der SPD-Bundesvorstand Scholz einstimmig nominiert. Scholz zeigte sich in seiner Rede optimistisch und appellierte an die Partei, die verbleibenden 43 Tage bis zur Wahl für einen engagierten Wahlkampf zu nutzen.

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In seiner Rede auf dem Parteitag der SPD warnte Scholz vor einer Regierungsübernahme durch CDU und CSU.Foto: l. Nadine to Roxel, Chefreporterin Politik RTL-Mediengruppe

Stimmung auf dem Parteitag: Applaus und Zurückhaltung

Der Parteitag war geprägt von Disziplin und Geschlossenheit. Scholz erhielt sechs Minuten stehenden Applaus, doch die insgesamt verhaltene Atmosphäre spiegelte die angespannte Lage der Partei wider. Die SPD steht laut aktuellen Umfragen bei rund 15 Prozent, was sie vor die Herausforderung stellt, ihren Rückstand in den kommenden Wochen aufzuholen. Trotz einiger parteiinterner Wunschkandidaten wie Boris Pistorius gab es kaum Widerstand gegen Scholz' erneute Kandidatur. Scholz betonte in seiner Rede die Notwendigkeit, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, und gab sich selbstkritisch in Bezug auf die Ampel-Koalition: Er hätte früher eingreifen müssen, um Chaos zu vermeiden.

Kampagnenfokus: „Mehr für Dich. Besser für Deutschland.“

Mit dem neuen Slogan „Mehr für Dich. Besser für Deutschland.“ will die SPD Wählerinnen und Wähler für ihre sozialpolitischen Ziele gewinnen. Eine symbolische „Bierdeckel“-Rechnung, die an Friedrich Merz’ berühmte, aber nie umgesetzte Idee erinnert, verdeutlicht das zentrale Wahlversprechen: Eine vierköpfige Familie mit einem Bruttoeinkommen von 75.000 Euro soll durch Steuererleichterungen und Entlastungen jährlich knapp 3000 Euro sparen. Der Fokus der SPD-Kampagne liegt auf sozialer Gerechtigkeit, höheren Löhnen und der Unterstützung von Normalverdienern.

Scholz versprach unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro sowie eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel von 7 auf 5 Prozent. Außerdem plant die SPD Steuerentlastungen für 95 Prozent der Arbeitnehmer und eine Stabilisierung des Rentenniveaus. Besonders betonte Scholz die Bedeutung der Lohnfortzahlung ab dem ersten Krankheitstag und die Beibehaltung der abschlagsfreien Rente nach 45 Beitragsjahren.

Angriffe auf die Union und klare Positionen

In seiner Rede warnte Scholz vor einer Regierungsübernahme durch CDU und CSU. Die geplanten Steuersenkungen der Union würden vor allem Vermögenden zugutekommen, so Scholz. Gleichzeitig befürchte er Kürzungen bei Pflege, Gesundheit und Rente, die die Mittelschicht und Normalverdiener belasten könnten.

Außenpolitisch positionierte sich Scholz erneut klar: Er versprach „volle Solidarität“ mit der Ukraine und hob Deutschlands Rolle als größter Unterstützer in Europa hervor. Gleichzeitig mahnte er zur Besonnenheit, um ein Hineinziehen in den Krieg zu vermeiden.

Wahlprogramm: Investitionen und soziale Gerechtigkeit

Das verabschiedete SPD-Wahlprogramm setzt auf Investitionen und soziale Gerechtigkeit. Kernpunkt ist die Schaffung eines „Deutschlandfonds“ mit einem Grundkapital von 100 Milliarden Euro, um Investitionen zu mobilisieren. Weitere Maßnahmen umfassen eine Reform der Schuldenbremse, die Stabilisierung des Rentenniveaus und den Einsatz für die Mietpreisbremse. Die Partei verspricht, in Zukunft höhere Löhne und bezahlbares Wohnen in den Mittelpunkt zu stellen.

SPD-Chefin Saskia Esken machte in ihrer Rede deutlich, dass die Bundestagswahl eine „Richtungsentscheidung“ sei: „Zurück in die 90er mit Merz oder in die Zukunft mit sozialer Politik.“ Esken betonte die Bedeutung stabiler Renten und bezahlbaren Wohnraums. Sie unterstrich: „Für Dich, für alle, mit Olaf Scholz!“

Optimismus trotz schwieriger Umfragen

Die SPD steht in den Umfragen weiterhin zwischen Opposition und einer möglichen Rolle als Juniorpartner in einer Koalition. Scholz zeigte sich jedoch kämpferisch: „Wir haben 43 Tage, um Skeptiker zu überraschen.“ Die Partei setzt auf ihre Disziplin und Geschlossenheit, um das „rote Wunder“ und die Versprechen des Wahlprogramms bis zur Wahl umzusetzen.


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