Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) steht vor großen Herausforderungen. Laut aktuellen Berichten haben die Kassen 2024 ein Defizit von über sechs Milliarden Euro verzeichnet – mehr als zuvor prognostiziert. Welche Weichenstellungen der GKV-Spitzenverband für die nächste Legislaturperiode fordert.
Die Finanzsituation der GKV ist angespannt. Ursprünglich wurde für 2024 ein Minus von 5,5 Milliarden Euro erwartet, doch aktuelle Zahlen zeigen, dass das Defizit noch größer ausfällt. Besonders betroffen sind die Ersatzkassen mit einem Fehlbetrag von 2,5 Milliarden Euro, gefolgt von den AOKen mit 1,5 Milliarden Euro sowie den Betriebs- und Innungskrankenkassen mit insgesamt über zwei Milliarden Euro.
Der GKV-Spitzenverband fordert, dass der Staat seiner Finanzierungsverantwortung nachkommt. Die Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben, wie die Beiträge für Bürgergeldempfänger oder die Krankenhausstrukturreformen, dürfe nicht länger auf die Beitragszahler abgewälzt werden. Zudem müsse die Finanzautonomie der Krankenkassen gestärkt und die Zweckentfremdung von Beitragsgeldern verhindert werden.
Krankenhausversorgung und ambulante Versorgung modernisieren
Die Krankenhauslandschaft soll stärker am tatsächlichen Versorgungsbedarf ausgerichtet werden. Der Verband spricht sich für bundeseinheitliche Qualitätsanforderungen und eine effizientere Strukturierung der Krankenhausfinanzierung aus. Fehlanreize, wie die automatische Tarifrefinanzierung ärztlichen Personals oder die Meistbegünstigungsklausel, sollten korrigiert werden.
Auch die ambulante ärztliche Versorgung soll reformiert werden. Eine bundesweit zentrale Terminvermittlung könnte helfen, den Zugang zu Fachärzten zu erleichtern. Zudem müssten Medizinische Versorgungszentren (MVZ) besser in die Steuerung eingebunden und ihre ärztliche Unabhängigkeit gestärkt werden.
Notfallversorgung und Arzneimittelmarkt
Die Reform der Notfallversorgung sei überfällig, so der Verband. Zentrale Vorgaben für die Auswahl der Integrierten Notfallzentren (INZ) sowie standardisierte Ersteinschätzungsverfahren sollen bundesweit einheitliche Strukturen schaffen. Auch das Rettungswesen soll effizienter gestaltet und als Leistungsbereich im Sozialgesetzbuch V (SGB V) verankert werden.
Die Kosten für Arzneimittel steigen drastisch. Der Verband fordert, dass nur Medikamente mit nachgewiesenem Zusatznutzen zu höheren Preisen zugelassen werden. Zudem sollen Lieferengpässe durch verpflichtende Erfassungssysteme und gezielte Lagerhaltungspflichten für pharmazeutische Unternehmen abgefedert werden.
Digitalisierung und elektronische Patientenakte (ePA)
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens benötigt verlässliche Rahmenbedingungen. Der GKV-Spitzenverband kritisiert, dass die Krankenkassen zwar die Finanzierungslast tragen, jedoch wenig Mitspracherecht in der gematik haben. Die ePA müsse patientenfreundlicher und besser in bestehende Praxisverwaltungssysteme integriert werden. Zudem sollen Krankenkassen die Möglichkeit erhalten, eigene digitale Mehrwertdienste anzubieten.
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