Für die Vorweihnachtsphase ist der Startschuss längst gefallen. Unbeeindruckt davon ist momentan noch die Kauflaune der Verbraucher, denn aufgrund steigender Energiepreise planen viele verständlicherweise keine großen Ausgaben. Und die Nachrichten über Materialknappheit, fehlende Weihnachtsware, Staus in Häfen und andere Corona-Folgeerscheinungen werfen zahlreiche rechtliche Fragen insbesondere zu möglichen Lieferverzögerungen auf.
Felix Korten, Partner der internationalen Kanzlei gunnercooke gibt Antworten
Können Weihnachtsshopper vom Kauf zurücktreten, wenn die bestellte Ware doch erst an Ostern geliefert werden kann?
Aus rechtlicher Sicht ist bei verspäteter Lieferung ein formaler Rücktritt, der an Konditionen wie etwa einen Sachmangel geknüpft ist, nicht nötig. In den allermeisten Fällen genügt ein Widerruf. Voraussetzung ist dabei jedoch, dass Kunden eine solche Willenserklärung fristgerecht tätigen. Hier räumt der Gesetzgeber Verbrauchern 14 Tage ab Ablieferung der Ware ein.
Treffen die bestellten Artikel mit Verzug dann an Ostern ein, können sie nach erfolgtem Widerruf binnen 14 Tagen zurückgeschickt werden. Ausgenommen vom Widerrufsrecht sind allerdings individuell angefertigte Artikel, schnell Verderbliches, Zeitungen und Zeitschriften sowie Pauschalreisen und Tickets mit einem feststehenden Datum.
Ist die Einhaltung einer genau bestimmten Lieferzeit wie etwa vor Weihnachten wichtig, haben Käufer die Option, mit Onlinehändlern ein sogenanntes ‚absolutes Fixgeschäft‘ zu vereinbaren. Am einfachsten funktioniert das, wenn Shops ihre Waren bereits mit Slogans wie ‚Lieferung bis Weihnachten garantiert‘ anpreisen. Hier genügt es, den Verkäufer per Mail darüber zu informieren, dass eine verspätete Lieferung nach dem 24. Dezember keine Erfüllung mehr darstellt, und gegebenenfalls um Rücksprache zu bitten. Das untermauern im Idealfall Screenshots vom Angebot oder eine Kopie der Bestellbestätigung mit dem
Lieferdatum.
Haben Verbraucher neben dem Recht auf Erstattung des Kaufpreises auch ein Recht auf Schadensersatz, wenn aufgrund von coronabedingten Lieferproblemen ein Produkt nicht geliefert werden kann?
Grundsätzlich haben geprellte Käufer ein Recht auf Schadensersatz. Laut Gesetz muss dieser allerdings genau bestimmbar und kausal sein. Ein Argument wie ‚Es lagen keine Weihnachtsgeschenke unterm Baum‘ genügt nicht. Wer welche Ansprüche erheben kann, gilt es im Einzelfall genau zu prüfen.
Wie sieht es bei Käufen im Ausland, beispielsweise in China, aus?
Welches Recht Anwendung findet, hängt vom Einzelfall ab. Neben den AGBs spielt hier auch das Internationale Privatrecht (IPR) eine Rolle. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, wirft vor dem Kauf nicht nur einen Blick auf die Zahlungsmodalitäten und Bewertungen, sondern auch ins Impressum.
Oft haben chinesische Händler eine Gesellschaft innerhalb der EU in Spanien oder Luxemburg gegründet, was es im Streitfall einfacher macht, mögliche Forderungen, wenn nötig auch gerichtlich, durchzusetzen. Grundsätzlich ist es aber bei Onlinegeschäften außerhalb der EU unbedingt ratsam, nicht in Vorleistung zu gehen. Nach chinesischem Prozessrecht Forderungen in China geltend zu machen, ist praktisch aussichtslos.
Zum Autor
Felix Korten ist ein auf Wirtschaftsrecht spezialisierter Rechtsanwalt und Partner bei der Großkanzlei gunnercooke, eine der führenden internationalen Rechtsberatungen mit deutschen Standorten in Berlin, Düsseldorf, München und Hamburg.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Beratungsverzicht per Vordruck? OLG Nürnberg stärkt Versicherer und sorgt für Kritik
Ein Beratungsverzicht bei Versicherungsverträgen muss nicht zwingend in einem separaten Dokument erklärt werden, sondern kann auch innerhalb eines Antragsformulars erfolgen, sofern er optisch hervorgehoben und vom Kunden unterschrieben ist. So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg (Az. 8 U 1684/24).
BGH: Datenschutzverstoß bei Facebook führt zu Schadensersatzanspruch
Der bloße Kontroll-Verlust über personenbezogene Daten kann einen immateriellen Schadensersatzanspruch begründen, so der Bundesgerichtshof (BGH).
KMU-Studie 2024: Relevanz von Nachhaltigkeit ist ungebrochen
Dass Unternehmen ihre Geschäftspraktiken nachhaltig ausrichten sollten, ist bei vielen KMU angekommen. Dennoch gibt es einige Herausforderungen, die eine nachhaltige Transformation behindern. Genannt werden fehlende finanzielle Ressourcen, knappe Zeit und kaum klare Vorstellungen darüber, in welcher Form sie betroffen sind.
Pflichtteilsentzug beim Erbe: Unter welchen Umständen ist er möglich?
Die rechtlichen Grundlagen für das Pflichtteilsrecht finden sich vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), das die wesentlichen Bestimmungen regelt. Diese definieren die Pflichtteilsberechtigten sowie die Höhe des Pflichtteils, der grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt. Weitere relevante Bestimmungen betreffen das Pflichtteilsstrafrecht, das die Möglichkeiten des Erblassers beschreibt, den Pflichtteil unter bestimmten Umständen zu entziehen.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Bürgergeld gestrichen trotz Erbengemeinschaft: Landessozialgericht schafft Klarheit
Darf eine Erbin mit Millionenvermögen weiter Bürgergeld beziehen, solange sie aus der Erbengemeinschaft nicht auszahlen kann? Ein Gericht hat dazu eine klare Antwort – und verändert damit die Dynamik in blockierten Erbengemeinschaften.
„Musik ist erlaubt – aber nicht grenzenlos“: Was beim Musikhören rechtlich zu beachten ist
Ob beim Autofahren, Üben in der Mietwohnung oder Klingeltonnutzung – Musik im Alltag ist rechtlich klar geregelt. Eine Sammlung aktueller Urteile zeigt, wann es teuer werden kann und welche Rechte Mieter, Musiker und Verkehrsteilnehmer haben.
Gebrauchtwagenkauf: Kein Eigentum trotz Fahrzeugbrief
Ein vermeintlich seriöser Autoverkauf entpuppte sich als Betrug – trotz Vorlage eines echten Fahrzeugbriefs. Das Landgericht Frankenthal verneint einen gutgläubigen Erwerb und erklärt: Wer Warnsignale ignoriert, handelt grob fahrlässig und verliert Eigentum wie Kaufpreis.
Leitsatzurteil: Verletzung der Masseerhaltungspflicht führt zum Leistungsausschluss in der D&O-Versicherung
Ein Geschäftsführer, der bei Zahlungsunfähigkeit keinen Insolvenzantrag stellt, riskiert nicht nur straf- und zivilrechtliche Haftung – sondern auch den Verlust des D&O-Versicherungsschutzes.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.