Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass Ärztinnen und Ärzte, die bis zum 7. April 2023 Corona-Schutzimpfungen verabreichten, nicht persönlich für mögliche Aufklärungs- oder Behandlungsfehler haften. Die Verantwortung liegt beim Staat. Das Urteil hat Grundsatzcharakter für die Haftungsfrage bei Corona-Impfungen.
Hoheitliche Aufgabe statt privater Tätigkeit
In dem Verfahren (Az. III ZR 180/24) klagte ein Patient gegen eine Allgemeinmedizinerin auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von mindestens 800.000 Euro. Nach seiner Auffassung war eine Booster-Impfung im Dezember 2021 fehlerhaft durchgeführt worden und habe eine Herzkrankheit verursacht. Zudem sei er nicht ausreichend über mögliche Risiken aufgeklärt worden.
Nachdem bereits das Landgericht Dortmund und das Oberlandesgericht Hamm die Klage abgewiesen hatten, bestätigte nun auch der Bundesgerichtshof: Eine persönliche Haftung der Ärztin bestehe nicht. Sie habe im Rahmen eines öffentlichen Auftrags gehandelt – genauer gesagt in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes im Sinne von Artikel 34 Grundgesetz. Damit kommt für etwaige Impfschäden ausschließlich eine Amtshaftung des Staates in Betracht.
Ärztinnen und Ärzte als „Verwaltungshelfer“ des Staates
Laut BGH waren Ärztinnen und Ärzte, die Impfungen gegen SARS-CoV-2 vornahmen, in die staatliche Impfkampagne eingebunden und handelten in Erfüllung eines hoheitlichen Anspruchs: dem durch die Coronavirus-Impfverordnung geregelten Anspruch auf Schutzimpfung. Dieser Anspruch diente nicht nur dem individuellen Gesundheitsschutz, sondern vor allem der Pandemiebekämpfung und der Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen.
Die Richter hoben hervor, dass der Staat durch das Bundesministerium für Gesundheit detaillierte Vorgaben machte – etwa zu Aufklärung, Ablauf und Dokumentation der Impfung. Ärztinnen und Ärzte hatten somit nur einen stark eingeschränkten Entscheidungsspielraum. Sie fungierten als Erfüllungsgehilfen des Staates, nicht als eigenverantwortlich handelnde Privatpersonen.
Rechtliche Konsequenzen
Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für mögliche Schadensersatzforderungen im Zusammenhang mit Impfungen, die bis zum 7. April 2023 verabreicht wurden. In allen Fällen, in denen Ärztinnen oder Ärzte auf Grundlage der Coronavirus-Impfverordnung handelten, ist der Staat haftbar, nicht die impfende Person selbst.
Ab diesem Zeitpunkt wurden Corona-Impfungen rechtlich nicht mehr als Teil der hoheitlichen Impfkampagne, sondern als Privatleistungen gesehen – mit entsprechenden Haftungsfolgen für Behandler.
Mit der Entscheidung zieht der BGH eine klare Linie zwischen staatlicher Pandemiebewältigung und privatärztlicher Tätigkeit. Die Verlagerung der Haftung auf den Staat betont den öffentlichen Charakter der Impfkampagne und sichert Ärztinnen und Ärzte ab, die im Auftrag handelten. Gleichzeitig werden Betroffene auf das Amtshaftungsrecht verwiesen – ein Weg, der zwar offensteht, aber in der Praxis hohe Hürden mit sich bringt.
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