Die jüngste Zinserhöhung der Federal Reserve um 75 Basispunkte wurde von einem differenzierteren Kommentar begleitet. Sie betonte die anhaltende Wachsamkeit bei der Inflationsbekämpfung, räumte aber auch die Verlangsamung in bestimmten Wirtschaftssegmenten ein.
Ein Kommentar von Robert Tipp, Chief Investment Strategist, Head of Global Bonds, PGIM Fixed Income und Ellen Gaske, Lead Economist G10 Economies, bei PGIM Fixed Income
An diesem Punkt des Straffungszyklus deutet Powell an, dass es angebracht sei, zu einem stärker datenabhängigen Ansatz überzugehen - eine Erkenntnis, die Risikoanlagen Auftrieb verlieh. Der Wunsch, die Angebotssituation zu verbessern, zeigt, dass die Landung von hier aus schwierig, aber nicht unerreichbar ist. Die Zinssätze werden nun wahrscheinlich in eine Plateauphase eintreten, da der Markt darauf wartet, dass die Fed die Marktpreise einholt. Längerfristig betrachtet, könnte dies auch für die Zinsentwicklung gelten, wenn das nominale Wachstum und die Inflation ein Mehrjahrzehnthoch erreicht haben.
Die Erklärung des Fed lässt sich in der Sicht verstehen, dass die Zentralbank nach wie vor eine niedrigere Inflation anstrebt. Der Vorsitzende Powell unterstrich diese Botschaft gleich zu Beginn der Pressekonferenz, indem er bekräftigte, dass die Fed fest entschlossen sei, die Inflation zu senken. Die Fed verwies zwar auf die jüngste Abschwächung der Ausgaben- und Produktionsdaten, wies aber auch auf die anhaltend robusten Beschäftigungszuwächse und die niedrige Arbeitslosigkeit hin, was darauf hindeutet, dass sie der Meinung ist, dass sie noch weitere Zinserhöhungen durchführen wird. Nachdem sie den Leitzins in den Bereich angehoben hat, den die meisten Fed-Vertreter für neutral halten, deutete Powell an, dass die Fed von nun an ihre Entscheidungen von Sitzung zu Sitzung treffen wird.
Angesichts des Zusammentreffens von eher gemischten Wirtschaftsdaten und der Erwartung, dass die niedrigeren Energiepreise zumindest dazu beitragen werden, die Gesamtinflation im Juli zu mäßigen, gehen wir davon aus, dass die Fed das Tempo der Zinserhöhungen von nun an wahrscheinlich etwas verlangsamen wird. Die quantitative Straffung der Fed wird im September auf Hochtouren laufen und die durch die bisherigen Zinserhöhungen der Fed verursachte Verschärfung der finanziellen Bedingungen weiter verstärken. Darüber hinaus dürften die Auswirkungen der bisherigen Straffung der Fed noch nicht voll zum Tragen gekommen sein - ein wichtiger Aspekt, da die Fed an der Schwelle zu einer ihrer Meinung nach restriktiven Politik steht.
Allerdings hat das derzeitige wirtschaftliche Umfeld - mit seinen großen Problemen und sich verändernden Bedingungen bei Angebot und Nachfrage - ein ungewöhnlich hohes Maß an Unsicherheit darüber geschaffen, wie es mit der Wirtschaft weitergeht. Powell wies mehrfach darauf hin, dass das übergeordnete Ziel der Fed darin besteht, das Wirtschaftswachstum nicht nur auf das Potenzial zurückzubringen, sondern es auch vorübergehend etwas unter das Potenzial zu senken, um den Angebotsbedingungen Zeit zum Aufholen zu geben.
Dies deutet jedoch auf einen engen Zielbereich für die Fed hin, denn es könnte ein schmaler Grat sein zwischen einer ausreichenden Straffung, um die Nachfragebedingungen einzuschränken, und einer nicht so starken Straffung, dass dringend benötigte Investitionen abgewürgt werden, die den Angebotsbedingungen zugute kämen. Dennoch sind auch wir der Meinung, dass eine weiche Landung immer noch möglich ist. Und die Tatsache, dass die Fed in dieser Phase ihres Straffungszyklus zu einer wesentlich stärkeren Datenabhängigkeit übergegangen ist, trägt wahrscheinlich zu dieser Möglichkeit bei.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Markt-Auswirkungen der Fed-Zinserhöhung
Die US-Notenbank hat ihre Entschlossenheit signalisiert, die Inflation zu senken und den Leitzins am 21. September um 75 Basispunkte nach oben korrigiert. Der Markt setzt sein Vertrauen nach wie vor in die Kompetenz der Fed, die Inflation zu stabilisieren.
DIW-Konjunkturbarometer springt über 100-Punkte-Marke
Das Konjunkturbarometer springt im April auf nun 101,5 Punkte – fast zehn mehr als im März. Damit liegt der Barometerwert erstmals seit gut einem Jahr wieder leicht über der neutralen 100-Punkte-Marke, die ein durchschnittliches Wachstum der deutschen Wirtschaft anzeigt.
Nicht die Zinspolitik bestimmt das Ausmaß der Rezession
Nicht die heutige Inflation und der Verlauf der Zinserhöhungen, sollte die Aufmerksamkeit der Ökonomen beherrschen, sondern vielmehr wie die gaspreissenkenden Bemühungen der Regierungen in Europa, das Verbraucherverhalten von morgen beeinflussen werden.
Leichte Trendwende nach den jüngsten Zinserhöhungen
EZB-Präsidentin Lagarde betonte, dass es für weitere Erhöhungen "noch Luft nach oben" gebe, aber die Zentralbank erhebliche Fortschritte auf dem Weg zur Normalisierung gemacht habe. So könnten die Zinserhöhungen in Europa kurz vor dem Höhepunkt stehen.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
„Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es meistens auch“
Von unseriösen Werbeversprechen bis KI-Euphorie: Im zweiten Teil des Interviews mit Tim Grüger geht es um Trends im Daytrading, die Erwartungen von Kunden und den Kampf gegen Finanz-Fake-News. Plus: Was TradingFreaks für die Zukunft plant – und welchen Rat der Gründer Anfängern mit auf den Weg gibt.
Trading lernen statt kopieren: Warum Eigenverantwortung Trumpf ist
Vom Seychellen-Urlaub zur Trading-Ausbildung: Tim Grüger, Gründer der TF Daytrading GmbH, erklärt im Gespräch, warum seine Methode bewusst gegen Copy Trading positioniert ist, wie Daytrading funktioniert und wer überhaupt geeignet ist. Einblicke in eine Branche zwischen Hype, Disziplin und echter Verantwortung.
Vom Glimmstängel zum Depot: So können Ex-Raucher 500.000 Euro ansparen
Anlässlich des Welt-Nichtrauchertags zeigt Verivox in einer neuen Modellrechnung auf, wie ein Rauchstopp nicht nur der Gesundheit, sondern auch dem Vermögen hilft: Wer heute täglich eine Schachtel Zigaretten konsumiert, gibt in 30 Jahren rund 169.000 Euro aus. Das entspricht einem monatlichen Betrag von etwa 265 Euro – Geld, das anders eingesetzt eine beachtliche Rendite bringen kann.
Riskante Hebel – eine wachsende Gefahr für Kleinanleger
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat mit ihrer aktuellen Studie zum Handel mit Turbo-Zertifikaten eine brisante Debatte angestoßen.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.