In diesem Jahr wurden wir gleich mit mehreren Krisen konfrontiert, deren Auswirkungen auch im kommenden Jahr noch lange zu spüren sein werden, insbesondere die tragischen Folgen des Ukraine-Krieges. Auch an den Finanzmärkten gab es durchgreifende Veränderungen mit einem Kurswechsel in der Geldpolitik. Nachdem diese viele Jahre weltweit eine Stütze für die Märkte war, ist sie nun auf die Bekämpfung der Inflation ausgerichtet. Welche Trends, die Märkte 2023 erwarten.
Ein Beitrag von Andrew McCaffery, Global CIO bei Fidelity International
Die Inflation hat die Märkte in diesem Jahr fest im Griff. Auch in nächster Zeit wird sie hoch bleiben und das Ende der Ära des billigen Geldes besiegeln. Damit wächst das Risiko, dass die Zentralbanken die geldpolitischen Zügel zu stark anziehen und eine tiefe Rezession auslösen.
Nur zu gerne möchten die Märkte glauben, dass den Währungshütern Zweifel an ihrer Politik kommt. Sie sehnen sich nach einer Kehrtwende, die der Wirtschaft eine weiche Landung ermöglichen könnte. Eine harte Landung bleibt unseres Erachtens aber das wahrscheinlichste Szenario für 2023. Die Maxime der Zentralbanken während der Finanzkrise und der Pandemie, „alles zu tun, was nötig ist“, gilt nun nicht mehr.
Solange die Märkte dies noch nicht verinnerlicht haben, könnte es in der Hoffnung auf Zinssenkungsmaßnahmen der Fed immer wieder zu starken Kursrallys kommen. Diese dürften wie ein Soufflé zusammenfallen, wenn die Zentralbank nicht wie erhofft liefert. Letztlich werden sich die Zinsen auf höheren Niveaus einpendeln. So gut wie niemand geht davon aus, dass die Inflation nicht über zwei Prozent verharrt. Somit ist ein schneller Zinsrückgang ausgeschlossen.
Höhenflug des Dollars
Zu den Faktoren, die Anleger im Auge behalten sollten, gehört die Entwicklung des US-Dollars. Die starke US-Devise war in diesem Jahr für viele Volkswirtschaften außerhalb der USA eine große Belastung. Nicht nur für Industrieländer, sondern auch für die Schwellenländer, deren Auslandsverbindlichkeiten zu großen Teilen auf Dollar lauten.
Setzt die Fed ihre Zinserhöhungen fort, könnte der Dollar weiter aufwerten und damit den Beginn einer Rezession in anderen Ländern beschleunigen. Dagegen könnte eine deutliche Abwertung des Greenbacks vielerorts für Erleichterung sorgen und die schwierige Liquiditätslage in Ländern entspannen, denen eine Rezession droht.
Geografische Diversifizierung
Nicht alle Länder haben den gleichen Kurs eingeschlagen. Die japanische Zentralbank hält bislang an ihrer lockeren Geldpolitik fest. Ein Abrücken von ihrer Strategie der Renditekurvensteuerung könnte jedoch unbeabsichtigte Folgen für den Yen haben und die bereits hohe Volatilität an den Devisenmärkten weiter anfachen.
Auch China befindet sich auf einem anderen Weg mit seiner Null-Covid-Politik und der Drosselung des heimischen Immobilienmarktes. In den nächsten zwölf Monaten dürfte sich Peking darauf konzentrieren, den Wirtschaftsmotor durch längerfristige Investitionen in grüne Technologien und die Infrastruktur auf Touren zu bringen. Eine Lockerung der Coronaauflagen wird den Konsum ankurbeln. Die Deglobalisierung, eine Folge der Pandemie und der Spannungen mit den USA, wird sich erst nach und nach bemerkbar machen. Sie ist jedoch ein Thema, das an Bedeutung gewinnen wird.
Anlagen in Schwellen- und asiatischen Ländern, deren Wirtschaftswachstum weniger von der Konjunktur in den USA und Europa abhängt, sind eine Möglichkeit, Portfolios stärker zu diversifizieren. Geldmarktinstrumente und Anleihen höchster Bonität sind dagegen wegen ihrer defensiven Merkmale interessant.
Gezielter anlegen
Da die Renditeunterschiede größer werden, können Anleger gezielter bestimmte Elemente in ihren Portfolios betonen, anstatt die Entwicklung ganzer Märkte zu setzen. Gute Anlagemöglichkeiten dürften sich zunehmend auch bei Wertpapieren bieten, die von längerfristigen Themen wie der Dekarbonisierung und Reindustrialisierung profitieren. Sie könnten schon bald die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich ziehen.
Um den vollständigen Anlageausblick von Fidelity International für 2023 zu lesen, klicken Sie bitte hier.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Die Märkte unterschätzen die Auswirkungen der Inflation
Immer mehr Marktteilnehmer erwarten für 2023 eine deutlich sinkende US-Inflation, die sich im Laufe des Jahres wieder an das zwei Prozent-Ziel der Fed annähert. Doch sollte das Gewicht der Energiekrise bei den Inflationsprognosen nicht unterschätzt werden.
Aussicht auf moderates Wachstum bei moderater Inflation
Die Anzeichen für einen nachlassenden Inflationsdruck sind inzwischen an vielen Stellen erkennbar: Sowohl Lieferketten als auch Rohstoff- und US-Immobilienpreise stabilisieren sich. Und für 2024 wird ein positives Wirtschaftswachstum erwartet.
Wind aus den Segeln der internationalen Aktienmärkte
Die Aktienmärkte verzeichnen leichte Verluste, während die US-Futures vor der Eröffnung unverändert sind. Die Erholungsrallye hat an Schwung verloren, was nach dem letzten Arbeitsmarktbericht verständlich ist. Das heißt nicht, dass der Optimismus nicht zurückkehren kann.
Nicht die Zinspolitik bestimmt das Ausmaß der Rezession
Nicht die heutige Inflation und der Verlauf der Zinserhöhungen, sollte die Aufmerksamkeit der Ökonomen beherrschen, sondern vielmehr wie die gaspreissenkenden Bemühungen der Regierungen in Europa, das Verbraucherverhalten von morgen beeinflussen werden.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Zwischen Zauber und Zahlen: Warum deutsche Aktien wieder Chancen bieten
Trotz Konjunktursorgen, geopolitischer Spannungen und struktureller Probleme sehen viele Anleger wieder Potenzial im deutschen Aktienmarkt. Portfoliomanager Olgerd Eichler von MainFirst nennt sechs gute Gründe – mit überraschend positiven Langfristaussichten.
Höhere Pfändungsfreigrenzen ab 1. Juli 2025: Was das für Gläubiger bedeutet
Zum 1. Juli 2025 steigen die Pfändungsfreigrenzen – für Schuldner:innen bedeutet das mehr finanzieller Spielraum, für Gläubiger hingegen weniger pfändbare Beträge und längere Rückzahlungszeiträume. Was das konkret heißt und worauf Gläubiger jetzt achten müssen.
In der Steuerung des Kreditrisikos liegt ein strategischer Hebel
Protektionismus, Handelskonflikte, geopolitische Risiken – die Unsicherheit an den Märkten bleibt hoch. Passive Kreditstrategien stoßen in diesem Umfeld schnell an ihre Grenzen. Warum gerade aktives Management und ein gezielter Umgang mit Kreditaufschlägen den Unterschied machen können, erklärt Jörg Held, Head of Portfolio Management bei Ethenea.
Mehrheit befürwortet Rüstungsinvestments – Akzeptanz steigt auch bei nachhaltigen Fonds
Private Geldanlagen in Rüstungsunternehmen polarisieren – doch laut aktueller Verivox-Umfrage kippt die Stimmung: 56 Prozent der Deutschen halten solche Investments inzwischen für legitim. Auch nachhaltige Fonds greifen vermehrt zu.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.