Wenn Bankkunden nicht mehr zur Filiale kommen, muss die Filiale zum Kunden kommen: Videoberatung trifft die Erwartungen einer wachsenden Kundengruppe und eröffnet gerade klassischen Finanzdienstleistern neue Möglichkeiten, das Customer Engagement zu steigern. Dabei gilt es jedoch, einiges zu beachten und wichtige Voraussetzungen zum Beispiel bezüglich Integrierbarkeit und Datenschutz zu erfüllen.
Ein Beitrag von Andreas Grassmeier, Head of Enterprise Sales D/A, Pexip Germany GmbH und Lorenz Strobbe, Key Account Manager, Skedify - a Pexip Company
Beratungsgespräche per Videochat sind gerade im Kundenmanagement von Banken mehr als nur eine vorübergehende Ersatzlösung während der Pandemie. Tatsächlich trifft das Angebot der Videoberatung die Erwartungen einer wachsenden Kundengruppe und bietet Banken die Chance, durch höheres Customer Engagement die Kundenbindung wieder zu stärken. Denn die jahrzehntelange Treue zur Hausbank ist heute nicht mehr die Regel. So geben in einer aktuellen Bitkom-Umfrage 47 Prozent der Befragten an, ihr Hauptkonto schon mindestens einmal gewechselt zu haben.1
Was Bankkunden erwarten
Um Kunden nachhaltig zu binden und aktiv einzubeziehen, müssen Banken ihre Interaktionen an die veränderten Erwartungen der Kunden anpassen. Das heißt einerseits, viele Kommunikationskanäle parallel zu bedienen. Ob per App, über integrierte Chatfunktionen, per Mail, Telefon oder Videoanruf – bei Fragen oder Anliegen möchten Nutzer die Wahl haben.
Banking bedeutet heute andererseits aber vor allem: Online-Banking. Basistransaktionen wie Überweisungen oder Kontoverwaltung wollen Kunden zumeist selbst erledigen, per Laptop oder Smartphone-App und unabhängig von Öffnungszeiten. Gewünscht ist eine reibungslose und zügige Abwicklung, die möglichst keine Fragen aufwirft – somit aber auch kaum Ansatzpunkte für eine Interaktion bietet.
Wann persönliche Beratung gefragt ist
Anders ist die Situation jedoch, wenn es um weitreichende Entscheidungen geht wie etwa Geldanlagen zur Altersabsicherung, Kredite oder Investitionen. Hier sind Kunden von sich aus bereit, Zeit und Aufwand zu investieren. Und sie möchten diese wichtigen Fragen mit einem menschlichen Gegenüber besprechen. Denn jenseits aller Fakten sind solche Finanzentscheidungen eben immer auch eine Frage des Vertrauens. Nonverbale Kommunikation spielt dabei eine große Rolle, deshalb möchte man die Person auch sehen, mit der man spricht.
Persönliche Beratung durch kompetentes Personal in den Filialen – das ist nun genau die Kernkompetenz der klassischen Banken, auch in Differenzierung zu reinen Direktbanken. Nur wollen oder können längst nicht mehr alle Kunden eine Filiale aufsuchen. Gerade jüngere Nutzer sind es ohnehin gewohnt, ihren Alltag per Smartphone zu organisieren. Auch für Bankkunden, die beruflich und familiär stark eingespannt sind oder für Geschäftskunden ist daher Videoberatung die bessere, weil zeitsparende Alternative.
Bankberatung per Video verspricht Potenzial
Welches Potenzial in der Videoberatung steckt, zeigt ein Vergleich der verschiedenen Beratungsarten der eingangs erwähnten Bitkom-Studie. Demnach haben sich erst sieben Prozent der Befragten schon einmal per Videoanruf beraten lassen, aber die Zufriedenheit ist hier mit 79 Prozent am höchsten, noch vor der Vor-Ort-Beratung (61 Prozent)2. Eine aktuelle Befragung von Bankkunden in der DACH-Region kommt zu vergleichbaren Ergebnissen: Weniger als zehn Prozent haben bereits Erfahrung mit Videoberatung der Banken, aber 73 Prozent dieser Nutzer (in Deutschland) waren mit dem Service zufrieden.
Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz der Videoberatung
Um dieses Potential zu heben, müssen also zum einen mehr Kunden zur Nutzung der Videoberatung gewonnen werden, zum anderen muss eine überzeugende Customer Experience geboten werden. Damit das gelingt, sollte die eingesetzte Video-Plattform folgenden Anforderungen genügen:
1. Datensicherheit:
Hohe Audio- und Videoqualität einmal vorausgesetzt, ist in stark regulierten Branchen wie dem Finanzsektor der Datenschutz ein Hauptkriterium. Trotz der Vorteile skalierbarer Cloudlösungen bevorzugen Banken daher oft den Betrieb self hosted, weil sie im eigenen Rechenzentrum oder im eigenen Tenant des bevorzugten Hyperscalers die volle Kontrolle über Daten und Sicherheitsvorkehrungen haben. Als Lösung, die beide Vorteile verbindet, bietet sich daher eine flexible Videokonferenz-Plattformen wie Pexip an, die dediziert auch auf eigenen Servern gehostet werden kann.
2. Interoperabel und komplett integriert:
Die Integrierbarkeit in die bestehenden Systeme ist eine weitere Voraussetzung. Um Kunden die Nutzung so einfach wie möglich zu machen sollte die Videofunktion vollständig in die Arbeitsabläufe und die Benutzeroberflächen des Finanzinstituts integriert werden. Denn zeitraubende Installation von Zusatzsoftware oder die Weiterleitung auf bankfremde Software-Plattformen können die Nutzer abschrecken und verunsichern.
Die Integration der Videoberatung in die bestehenden Workflows stellt sicher, dass die Bankkunden diese neue Option über ihre jeweils bevorzugten Kommunikationskanäle direkt starten können. Ob direkt in der Homebanking App direkt zum Videochat, Terminbuchung über ein interaktives Online-Formular oder die Bitte um Rückruf zur Terminvereinbarung – die Vorlieben unterscheiden sich ebenso wie die Prozesse der einzelnen Bankinstitute.
Auch deshalb spielt eine einheitliche Customer Experience im Branding der jeweiligen Bank hier eine bedeutende Rolle. Auf der anderen Seite sollte die Teilnahme an den Videomeetings auf Seiten der Bankberater ebenfalls so flexibel wie möglich gestaltet werden. Durch eine interoperable Lösung wie Pexip können Bankberater sich sowohl vom Laptop als auch Videokonferenzraumsystemen zu den Gesprächen mit ihren Kunden zuschalten.
Deshalb sollte die Videolösung auf die Prozesse des Unternehmens und die Bedarfe der Kunden angepasst sowie mit den umliegenden Systemen wie CRM und CMS, Dokumentationssoftware und Terminierungsplattformen verknüpft werden. Die Anpassung und Integration einer Videoplattform erfordert also Planung und entsprechendes Know-How, sodass sich eine externe Unterstützung oftmals anbietet.
Wie ein Beratungsgespräch via Video-Plattform ablaufen kann
Dafür kann eine sorgfältig angepasste Lösung aber durch Effizienz und eine inspirierende Customer Experience überzeugen: Kunden sparen sich Anfahrtswege und Parkplatzsuche, zum Termin loggen sie sich einfach und sicher mit ihren Kundendaten auf dem Portal oder der Banking-App ein. Im Vorfeld der Beratung werden im personalisierten virtuellen Empfangsbereich die Informationen zum Termin eingeblendet, etwa die einzelnen Punkte, die besprochen werden sollen, Grafiken sowie Informationen zum jeweiligen Thema.
Während des Gesprächs können parallel Dokumente auf dem Monitor angezeigt, besprochen und auch unter den Teilnehmenden ausgetauscht werden. Zudem besteht die Möglichkeit, auch weitere Experten von anderen Standorten zu bestimmten Fragen dazu zu schalten. Im Anschluss werden Dokumente und Aufzeichnungen in einem passwortgeschützten virtuellen Abschlussraum (Closing Room) für einige Wochen zum Download bereitgestellt, auch mit der Möglichkeit, direkt einen Folgetermin zu buchen.
Eine solche Videolösung hat auch den Vorteil, dass die gesamte Kommunikation inklusive aller Medienströme wie Audio, Video, Chatverlauf, Unterlagen und Screenshots automatisiert aufgezeichnet wird. Damit ist die in der europäischen Union gesetzlich vorgeschriebene Dokumentationspflicht für Beratungsgespräche erfüllt, ohne dass zusätzlicher Aufwand entsteht.
Erstberatung per Video als Auftakt zu weiteren Gesprächen
Zudem haben Berater die Möglichkeit, eigene Vermerke zu bestimmten Gesprächspassagen zu hinterlegen, um etwa Fragen später noch einmal aufzugreifen oder Kunden passende Angebote für Webinare oder Online-Vorstellungen neuer Finanzprodukte anzubieten. Aufbauend auf einem erfolgreichen initialen Video-Beratungsgespräch lassen sich also auch in der Folge weitere Interaktionen zu Themen oder Fragen generieren, die den jeweiligen Kunden oder die Kundin auch wirklich interessieren.
Videoberatung bietet Banken und Finanzdienstleistern somit gute Chancen, das Customer Engagement zu erhöhen und die Kundenbindung zu stärken – wenn sie, wie beschrieben, nahtlos in bestehende Systeme integriert und auf spezifischen Anforderungen der Bank und ihrer Kunden abgestimmt ist.
Quellen:
1 Digital Finance 2021 – Die Transformation der Finanzindustrie in Zahlen. Bitkom e.V., Berlin, Oktober 2021, S. 5. Online verfügbar unter: https://www.bitkom.org/sites/default/files/2021-10/20210909_chartbericht_digitalfinance2021_vfinal-1.pdf
2 S. Ebd., S. 17
3 Videoberatungen von Banken – Potenzialgruppen verstehen. Eine Analyse unter Verbrauchern in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Thema Video-Beratungsangebote von Banken. YouGov, 2021. S. 6. Online verfügbar unter https://commercial.yougov.com/-05-21-Videoberatung.html?utm_medium=website&utm_source=article&utm_campaign=WP-2021-05-DACH-Video-Bankberatung
Themen:
LESEN SIE AUCH
Jugendliche verfügen im Schnitt über 427 Euro im Monat – Jungen deutlich besser gestellt
Jugendlichen stehen monatlich im Durchschnitt 427 Euro für private Ausgaben zur Verfügung. Jungen haben jedoch deutlich mehr finanziellen Spielraum als Mädchen, zeigt die Jugend-Digitalstudie der Postbank.
Wie ein Dokumentenmanagement-System zu mehr Erfolg verhelfen kann
In Zeiten, in denen Finanzdienstleister auf allen Kanälen um neue Kunden buhlen, sind effiziente und kundenorientierte Geschäftsprozesse, modernste Technologien sowie eine gesetzeskonforme Datenverarbeitung ein Muss. Eine integrierte DMS-Lösung kann hier unterstützen.
Kundendepots ab sofort in der blau direkt App
Mit dem integrierten Investmentbereich in simplr wird Maklerpartner*innen nun die Möglichkeit geboten, ihrem Kundenstamm eine digitale und innovative Financial-Home-Plattform anzubieten, die alle benötigten Anwendungen in einem Tool bündelt.
Digital Commerce: Was der Kunde wünscht
Im Bereich Finance informiert sich nur noch ein Fünftel der unter 45-Jährigen offline. Der Abschluss von größeren Investitionen und Girokonto-Eröffnungen wird noch auf dem persönlichen Weg bevorzugt. So gewinnt ein nahtloser Übergang von Online- zu Offline-Kontakt deutlich an Relevanz.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
KI in der Versicherungsbranche: BaFin sieht Verantwortung bei den Unternehmen
Auf dem Vorlesungstag des Instituts für Versicherungswissenschaften e. V. an der Universität Leipzig sprach Julia Wiens, Exekutivdirektorin der BaFin, über die Chancen und Risiken der Künstlichen Intelligenz in der Versicherungsbranche. Sie betonte, dass die Verantwortung für den ethischen und sicheren Einsatz von KI bei den Unternehmen selbst liegt.
GPT-4.5: Inkrementelle Optimierung statt bahnbrechender Fortschritt
Mit der Veröffentlichung von GPT-4.5 am 27. Februar 2025 setzt OpenAI den Weg der schrittweisen Modellverbesserung fort. Die neue Version bringt eine effizientere Rechenleistung, reduziert Fehler und verarbeitet längere Kontexte zuverlässiger.
Leitungswasserschäden: INTER testet KI-gestützte Lösung zur Früherkennung
Leitungswasserschäden mit Hilfe von KI rechtzeitig erkennen - das ist das erklärte Ziel einer Kooperation zwischen der INTER und dem Start-Up Enzo. Für ausgewählte INTER-Kunden beginnt eine Testphase.
Elektronische Patientenakte gestartet: Modellregionen testen neues System
Seit Mitte Januar wird die „ePA für alle“ schrittweise eingeführt – zunächst in ausgewählten Regionen. Der GKV-Spitzenverband betont, dass das System ausreichend getestet werden muss.