Kassen-Spitzenverband warnt: Höhere Belastung Pflegebedürftiger durch Spahn-Reform

Der Spitzenverband der gesetzlichen Kassen (GKV) warnt vor Mehrkosten für Pflegebedürftige durch die Pflegereform von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Wegen der geplanten Tarifbindung für Pflegekräfte seien höhere Heimbeiträge zu befürchten, sagte GKV-Vize Gernot Kiefer im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).

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Ohne ein Nachbessern müssten Pflegebedürftige nahezu 100 Prozent der zusätzlichen Lohnkosten für die Pflegebeschäftigten tragen.

Kiefer sagte: "Schon jetzt sind immer weniger Menschen in der Lage, die Heimkosten aus eigenen Alterseinkünften zu stemmen. Es muss also ganz dringend gegengesteuert werden."

Scharf kritisierte der GKV-Vize, dass die zunächst von Spahn geplante Deckelung der Eigenanteile auf 700 Euro vom Tisch ist.

Kiefer erläutert weiter: "Ein Eigenanteil-Deckel war der Regierung wohl zu teuer. Stattdessen sollen Zuschüsse für die reinen Pflegekosten gezahlt werden, wodurch jährlich etwa drei Milliarden Euro auf die Pflegeversicherung zukämen."

GKV fordert Anstieg der Leistungsbeiträge um fünf Prozent

Kiefer kritisiert: "Die Zuschussvariante macht es für die Staatskasse günstiger, die Bedürftigen werden allerdings weniger entlastet. Werden nicht parallel die Leistungsbeträge mindestens entsprechend der Inflation angehoben, reicht das bei Weitem nicht aus, um die hochschnellenden Eigenanteile so zu begrenzen, dass nicht immer mehr Bedürftige überfordert wären."

Konkret forderte Kiefer einen Anstieg der Leistungsbeträge um fünf Prozent. Spahn hatte am Montag auf Druck der SPD einen Gesetzentwurf eingebracht, der durch eine Tarifpflicht für alle Pflegeeinrichtungen zu höheren Pflegegehältern führen soll.

Kiefer moniert:

"Im Gesamtergebnis bekommen wir jetzt wohl ein Flickwerk, das vorne und hinten nicht zusammenpasst."

Zusätzlich zur Tarifpflicht müssten sich die Vertragspartner bei der Vergütungsfindung an die regionalen Tarifverträge binden.

Kiefer erläutert weiter: "Dadurch entsteht ein furchtbares Kuddelmuddel. Die Konstruktion taugt allemal als Gehhilfe, um ein, zwei Jahre nicht umzufallen."

Keine solide Gegenfinanzierung zur Tarifbindung

Der GKV-Vize erklärte in der NOZ: "Die Umsetzung der Tarifbindung würde im Zusammenhang mit dem ebenfalls angekündigten Personalzuwachs auf zusätzliche Kosten von 3 bis 3,5 Milliarden Euro pro Jahr hinauslaufen. In den vorliegenden Gesetzeskomponenten ist das nicht solide gegenfinanziert. Das zeigt: Hier geht es um eine Notoperation. Kurz vor Ende der Legislaturperiode soll das Thema nur noch schnell abgeräumt werden."

Eine Finanzierung über Beiträge würde eine Anhebung von 0,1 Punkten auf 3,15 Prozent erforderlich machen, sagte Kiefer weiter. Spahn will die Finanzierung anders regeln: Die Rentenbeiträge für Pflegebedürftige sollen aus Steuermitteln gezahlt und der Beitragssatz für Kinderlose erhöht werden.

Der GKV-Vize sagte: "Ob diese Rechnung vor allem über einen längeren Zeitraum wirklich aufgeht, ist kaum zu sagen; wir haben erhebliche Zweifel."

Die Last liegt bei den Pflegebedürftigen

Ein weiterer Kritikpunkt des Spitzenverbandes lautet:

"Spahn lässt die Bundesländer vom Haken, sodass auch die Investitionskosten weiter bei den Pflegebedürftigen abgeladen werden. Das kritisieren wir scharf."

Der Ankündigung des Gesundheitsministers, Länder und Kommunen endlich in die Verantwortung zu nehmen, seien keine Taten gefolgt. Es gehe um rund eine Milliarde Euro pro Jahr, die noch vor Monaten im Arbeitsentwurf aus dem Ministerium gestanden hätten.

Kiefer kritisiert weiter: "Die Abstinenz der Länder ist absolut inakzeptabel, da sie auf Kosten der Pflegeversicherung Jahr für Jahr erheblich an Sozialausgaben einsparen."

Kiefer interpretierte die Kehrtwende des Gesundheitsministers abschließend: "Spahn ist eingeknickt, um diese Änderungen noch auf den letzten Drücker durch den Bundestag zu bekommen. Die eigentlichen Pflege-Baustellen - sowohl bei der dauerhaften Finanzierung der Pflegeversicherung als auch bei der Entlastung Pflegebedürftiger - werden großzügig der nächsten Regierung übertragen." Ein Beitrag der Neue Osnabrücker Zeitung über news aktuell

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