Das System der sozialen Pflegeversicherung steht unter Druck – demografisch, finanziell, strukturell. Mit einem 10-Punkte-Plan legt der PKV-Verband nun konkrete Reformvorschläge vor und fordert damit nichts geringeres als einen Paradigmenwechsel.
PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther fordert einen „echten Paradigmenwechsel“: Die umlagefinanzierte Pflegeversicherung solle durch kapitalgedeckte Vorsorge ergänzt werden – etwa durch private und betriebliche Pflegezusatzversicherungen. Zudem schlägt der Verband unter anderem Leistungsvereinfachungen, mehr Prävention, den Ausbau digitaler Pflegeberatung und eine Entlastung der Pflegekräfte vor. Der Reformvorschlag umfasst 10 Punkte, die nachfolgend kurz zusammengefasst sind:
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1. Kapitaldeckung stärken
Statt die Umlage zu erhöhen, will der PKV-Verband die kapitalgedeckte Vorsorge ausbauen – durch individuelle und betriebliche Pflegezusatzversicherungen. So soll die Finanzierung demografiefest und generationengerecht werden. -
2. Betriebliche Pflegevorsorge fördern
Der Verband schlägt steuerliche Anreize für Arbeitgeber vor, die eine betriebliche Pflegeversicherung anbieten. Das Modell orientiert sich an der bewährten Logik der betrieblichen Altersversorgung. -
3. Leistungsansprüche vereinfachen
Komplexe Leistungsbürokratien sollen reduziert werden. Pflegebedürftige sollen künftig einfacher und flexibler auf Leistungen zugreifen können – auch durch pauschalierte Geldleistungen. -
4. Eigenverantwortung stärken
Wer kann, soll für den Pflegefall vorsorgen. Die PKV schlägt vor, Versicherte über Bonusmodelle oder steuerliche Vergünstigungen zu einer frühzeitigen privaten Pflegevorsorge zu motivieren. -
5. Prävention vor stationärer Pflege
Gezielte Maßnahmen sollen helfen, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder hinauszuzögern. Dazu gehören Beratungsangebote, Präventionsleistungen und ein stärkerer Fokus auf Erhalt der Selbstständigkeit. -
6. Pflegeberatung ausbauen
Pflegeberatung soll besser erreichbar und verständlicher werden – etwa über digitale Formate, einheitliche Plattformen und zielgruppengerechte Informationen. -
7. Innovationen fördern
Digitale Tools, Assistenzsysteme und moderne Versorgungskonzepte sollen systematisch erprobt und in die Regelversorgung überführt werden, um Effizienz und Qualität zu steigern. -
8. Pflegekräfte entlasten
Weniger Bürokratie, mehr Pflege: Die Dokumentationspflichten sollen reduziert und moderne Softwarelösungen stärker genutzt werden, um das Personal zu entlasten. -
9. Pflegegrade überprüfen
Der Verband fordert eine wissenschaftliche Evaluation der Pflegegrade – insbesondere mit Blick auf deren Praxistauglichkeit, Transparenz und Bedarfsorientierung. -
10. Private Pflegepflichtversicherung erhalten
Die PKV spricht sich gegen eine Einheitsversicherung aus. Sie betont die Leistungsfähigkeit der privaten Pflegepflichtversicherung und will diese weiterhin als Ergänzung zur sozialen Pflegeversicherung positionieren.
Zum vollständigen 10-Punkte-Plan des PKV-Verbands mit dessen Erläuterungen dazu.
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