Pflegekosten steigen weiter: „Wahlprogramme dürfen keine Worthülsen sein“

Die Eigenbeteiligung von Pflegebedürftigen in Heimen ist erneut gestiegen – trotz Pflegezuschüssen und Leistungsanpassungen. Der Verband der Ersatzkassen (vdek) fordert deshalb konkrete Maßnahmen zur Begrenzung der Kosten. Besonders die Länder sieht der Verband in der Pflicht.

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Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek.Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek.Georg J. Lopata

Die finanzielle Belastung für Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen nimmt weiter zu. Zum Jahresbeginn 2025 stieg die monatliche Eigenbeteiligung im ersten Jahr des Heimaufenthalts bundesweit auf durchschnittlich 2.984 Euro – ein Plus von knapp 300 Euro im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Zuschläge der Pflegekassen, die mit zunehmender Aufenthaltsdauer steigen, konnten diesen Trend nicht aufhalten.

Angesichts dieser Entwicklung fordert der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) eine klare Begrenzung der Eigenanteile und eine nachhaltige Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung (SPV). „Die Wahlprogramme dürfen keine Worthülsen sein“, betont vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl. „Die Belastungen für die Menschen sind zu hoch.“

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600 Euro monatliche Entlastung möglich

Der vdek sieht vor allem die Länder in der Pflicht. Eine vollständige Übernahme der Investitionskosten durch die Bundesländer könnte Pflegebedürftige um rund 498 Euro im Monat entlasten. 2022 trugen die Länder lediglich 876 Millionen Euro dieser Kosten, während die Bewohner der Pflegeeinrichtungen 4,4 Milliarden Euro selbst zahlen mussten.

Zudem fordert der vdek die Übernahme der Ausbildungskosten durch die Länder. Aktuell werden diese auf die Heimbewohner umgelegt, obwohl Ausbildung eine Staatsaufgabe sei. Eine Entlastung um durchschnittlich 113 Euro im Monat wäre dadurch möglich – insgesamt könnten Pflegebedürftige also um rund 600 Euro monatlich entlastet werden.

Langfristig müsse zudem die automatische Anpassung der Pflegeleistungen an wirtschaftliche Entwicklungen eingeführt werden, um die kontinuierliche Kostensteigerung für Heimbewohner zu stoppen.

So setzt sich die Eigenbeteiligung zusammen

Die von Pflegebedürftigen zu tragenden Kosten in Pflegeheimen bestehen aus drei Hauptkomponenten:

  1. Pflegekosten (einrichtungseinheitlicher Eigenanteil, EEE):

    • Durchschnittlich 1.760 Euro pro Monat (2024: 1.507 Euro)
    • Nach Abzug der Pflegezuschüsse:
      • Erstes Jahr: 1.496 Euro (2024: 1.281 Euro)
      • Zweites Jahr: 1.232 Euro (2024: 1.055 Euro)
      • Drittes Jahr: 880 Euro (2024: 754 Euro)
      • Viertes Jahr: 440 Euro (2024: 377 Euro)
  2. Investitionskosten:

    • Durchschnittlich 498 Euro pro Monat (2024: 485 Euro)
  3. Unterkunft und Verpflegung:

    • Durchschnittlich 990 Euro pro Monat (2024: 921 Euro)

Trotz der Erhöhung der Pflegeleistungen um 4,5 % zum 1. Januar 2025 sind die Kosten für Pflegeheimbewohner weiter gestiegen. Der vdek appelliert deshalb an die Politik, ihren Ankündigungen Taten folgen zu lassen und eine verlässliche Entlastung für Pflegebedürftige zu schaffen.

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