BU: Jöhnke & Reichow erreicht Vergleichssumme von AachenMünchener Lebensversicherung AG
Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow erwirkt in einem außergerichtlichen Leistungsverfahren „Berufsunfähigkeit“ für den Mandanten die Zahlung einer beträchtlichen Vergleichssumme von der AachenMünchener Lebensversicherung AG.
AachenMünchener Lebensversicherung AG lehnte zunächst Leistungen ab
Die Mandantschaft der Kanzlei Jöhnke & Reichow war als Unternehmensberater (Senior Consultant) bei Kunden vor Ort regelmäßig 50 Stunden pro Woche, das heißt 10 Stunden pro Tag tätig. Der Mandant musste mit der Bahn, mit dem Auto oder Flugzeug reisen und beriet Kunden deutschlandweit sowie auch im Ausland. Eine Kundenberatung beispielsweise aus dem Home-Office war dem Versicherungsnehmer dabei nicht möglich. Stets der persönliche Kontakt war notwendig, um Kunden zu akquirieren und zu beraten. Die Tätigkeit des Versicherten war wie folgt zu verteilen: 80 Prozent Außendienst und 20 Prozent Reisetätigkeit.
Die langwierige, der Versicherung aber bekannte Krankheit des Mandanten wirkte sich im Laufe der Jahre negativ auf dessen psychische Verfassung aus, sodass dieser der hohen Stressbelastung „am Arbeitsplatz“ nicht mehr gewachsen war.
Überstunden, ungeregelte Arbeitszeiten und auch der Druck durch Verantwortung führten hierbei zu Schlaflosigkeit und Schlafstörungen sowie zu Erschöpfungszuständen. Hinzu kamen die Schmerzen einer Narbe, die bis zu sechsmal am Tag behandelt (Salbe) werden musste. Diese Schmerzen führten dazu, dass der Mandant kaum sitzen konnte. Außerdem litt dieser unter einem vehementen urologischen Problem, weshalb ein Toilettengang bis zu 60 Minuten dauern konnte.
Demnach waren der Mandantschaft jegliche Reisetätigkeiten und damit die Beratung von Kunden vor Ort nicht mehr zuzumuten, da der Versicherte gesundheitlich stets „mit sich selbst beschäftigt“ war und keine durchgängige Beratung mehr gewährleisten konnte. Die zunehmende psychische Belastung führte letztlich dazu, dass der Mandant die Konzentrationsfähigkeit bei Beratungsgesprächen verlor. Unter Beachtung des Zustandes lag die Einschränkung des Versicherungsnehmers nahezu bei 100 Prozent, so zumindest die Einschätzung der Kanzlei Jöhnke & Reichow.
Die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente hatte die AachenMünchener Lebensversicherung AG (die AachenMünchener Lebensversicherung AG heißt jetzt Generali Deutschland Lebensversicherung AG) bereits abgelehnt. Der Versicherungsnehmer beauftragte daraufhin die Kanzlei Jöhnke & Reichow zur außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche aus dem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag.
„Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht gleich Berufsunfähigkeit“
Die AachenMünchener Lebensversicherung AG vertrat die Auffassung, dass von dem Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit nicht automatisch auf das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50 Prozent geschlossen werden könne. Auch wenn erst eine weitere Operation zu einer gesundheitlichen Verbesserung führen könnte, sage dies nichts über das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit aus, so die AachenMünchener Lebensversicherung AG.
Evident bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit
Nach Auffassung der Kanzlei Jöhnke & Reichow lag bei dem Mandanten eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor, da die Fülle der medizinischen Unterlagen dafür gesprochen haben. Weitere Berufsunfähigkeitsversicherungen hatten dies bereits ebenfalls bestätigt und eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vertragsgemäß anerkannt.
Äußerst fragwürdig erschien daher, warum lediglich und ausschließlich die AachenMünchener Lebensversicherung AG in Verbindung mit dem Institut für Versicherungsmedizin zu dem Schluss kam, dass eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit bei der Mandantschaft nicht vorliege.
Des Weiteren hatte die Kanzlei Jöhnke & Reichow in dem außergerichtlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass die Gutachter zu dem Ergebnis kamen, dass eine operative Harnröhrenkonstruktion mit entsprechenden Voruntersuchungen unter stationären Bedingungen (Aufenthalt circa 2 bis 3 Wochen) notwendig wäre, um gesundheitliche Verbesserungen bei unserer Mandantschaft herbeizuführen. Einem Versicherungsnehmer sind derartige Operationen jedoch gerade nicht zumutbar (OLG Saarbrücken v. 19.11.2003 – 5 U 168/00 – 11).
Formale Mängel des Sachverständigengutachtens
Die Kanzlei Jöhnke & Reichow war der Auffassung, dass die Versicherung sich mit dem an ihren Versicherungsnehmer übersandten Gutachten nicht ausreichend auseinandergesetzt hatte. Die Versicherung hatte ihren Versicherungsnehmer lediglich und ausschließlich auf das beiliegende Gutachten verwiesen, was nicht ausreichend ist, so die Kanzlei.
Die AachenMünchener Lebensversicherung AG habe sich nicht einmal die Arbeit gemacht, dem Versicherten die Gründe der Ablehnung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag selbst darzulegen. Es hatte die Kanzlei Jöhnke & Reichow auch nicht überrascht, dass sich das Institut für Versicherungsmedizin weder mit den prägenden Tätigkeiten der Mandantschaft auseinandergesetzt habe sowie zu dem fragwürdigen Ergebnis kam, dass eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht vorläge.
AachenMünchener Lebensversicherung AG zahlt erhebliche Vergleichssumme
Nach Auffassung der Versicherung war von dieser nicht eine Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherungsnehmers, sondern von diesem das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nachzuweisen. Der Nachweis sei jedoch nicht geführt worden, so die Versicherung. Die AachenMünchener Lebensversicherung AG führte weiter aus, dass der Vorwurf mangelnder Objektivität des beauftragten Gutachteninstituts in Anbetracht von nicht näher begründeten Vermutungen zurückzuweisen sei.
Die Entscheidung über eine Leistung aus dem Versicherungsvertrag sei auch nicht auf der Grundlage von Entscheidungen der Mitversicherer zu treffen. Vor diesem Hintergrund verwies die Kanzlei Jöhnke & Reichow dazu auf den Hinweis-Beschluss des BGH vom 15. Februar 2017, Aktenzeichen IV ZR 280/15, welcher sich zur Treuwidrigkeit eines befristeten Anerkenntnisses eines Berufsunfähigkeitsversicherers äußerte.
Die Kanzlei zitierte aus dem Beschluss:
„Objektiv treuwidrig handelt der Versicherer, der bei naheliegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungspflicht durch das Angebot einer befristeten Kulanzleistung hinausschiebt und so das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterläuft.“
Der Entscheidung des BGH ist dabei ebenfalls zu entnehmen, dass ein Berufsunfähigkeitsversicherer die ihm vorliegenden Unterlagen zweifelsfrei in der Gesamtheit auszuwerten habe. Liegt eine Berufsunfähigkeit nahe, so hat der Versicherer weitere eigene Erhebungen anzustellen.
Die Kanzlei Jöhnke & Reichow war der Auffassung, dass die Entscheidungen der Mitversicherer ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit darstellen.
Letztendlich konnte im Rahmen der außergerichtlichen Verhandlungen mit dem Versicherer die Zahlung einer erheblichen Vergleichssumme durch die AachenMünchener Lebensversicherung AG an die Mandantschaft erwirkt werden. Dieses Vorgehen war von der Mandantschaft gewünscht und akzeptiert. Die durchaus beträchtliche Vergleichssumme stellte eine sehr gute Lösung für den Versicherten dar, so dass diese Angelegenheit erfolgreich und wunschgemäß erledigt werden konnte.
Fazit zu dem Leistungsverfahren
Die Kanzlei Jöhnke & Reichow freut sich, dass für den Mandanten die Zahlung einer hohen Vergleichssumme erwirkt werden konnte. Die außergerichtliche Verhandlung hat gezeigt, dass bei einer konstruktiven Auseinandersetzung mit der Versicherung und einer guten Verhandlung in Berufsunfähigkeitsangelegenheiten unzureichende Darlegungen aufgedeckt und dadurch die zunächst abgelehnte Leistung einer Versicherung aus dem Versicherungsvertrag wieder erwirkt werden kann, respektive Vergleichslösungen erarbeitet werden können.
Hilfe von Spezialisten für Berufsunfähigkeit
Aus diesem Grunde macht es Sinn sich stets und von Anfang in die Hände versierter Rechtsanwälte zu begeben, die praktisch ausgebildet im Versicherungsrecht sind. Dabei ist stets anzuempfehlen sich Rat und kompetente Unterstützung von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht zu holen. Auch dabei ist es vorteilhaft sich an Fachanwälte zu wenden, die auf eine langjährige Erfahrung in Versicherungsprozessen mit Berufsunfähigkeitsversicherungen zurückblicken können.
Nur die Erfahrung aus der Praxis führt zu guten und adäquaten Ergebnissen, da die rechtlichen Fallstricke im Bereich des Berufsunfähigkeitsrechts kaum noch überschaubar ist und nur die tägliche Praxis eine entsprechende Kenntnis sichert.
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