Das von der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte erwirkte Urteil des LG Hanau hatte auch vor dem Berufungsgericht bestand. Die Generali Lebensversicherung AG hat der Versicherungsnehmerin Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu zahlen, so das OLG Frankfurt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Ein Beitrag von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Gewerblichen Schutz und Informationstechnologierecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Die Versicherungsnehmerin ging von 2008-2015 einer Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsleitung in der Handelsbranche nach. Ihre Aufgaben waren dabei vielfältig. Neben Telefonaten, Faxen und der Kundenbetreuung war sie insbesondere auch für die Reiseorganisation und die Urlaubsplanung des Betriebes zuständig. Auch spontane Reisen ihrerseits konnten teilweise notwendig werden.
Daneben kümmerte sich die Versicherungsnehmerin um die Post, koordinierte die täglichen Termine, überwachte die Arbeitszeiten der Angestellten und fertigte die Gleitzeitabrechnungen an. Auch die Kontrolle von Geldeingängen gehörte zu ihren Aufgaben. Außerdem war die Versicherungsnehmerin teilweise für die Produktpflege zuständig, sowie für die Überwachung der Einhaltung der Bildrechte der für die Werbung verwendeten Bilder.
Die Betreuung und Organisation erfolgten dabei nicht nur für die Geschäftsführer des Unternehmens, sondern darüber hinaus noch für zwei Abteilungsleiter. Üblicherweise begann die Versicherungsnehmerin ihren Arbeitstag gegen 7:30 Uhr und beendete diesen je nach Bedarf nach 8-10 Stunden, wenn es viele Aufgaben gab teilweise auch erst nach 12 Stunden. Diese regelmäßigen Überstunden konnte sie durch früheres Gehen an anderen Tagen kompensieren, sodass sich eine mittlere Arbeitszeit von 40 Wochenstunden ergab.
Nachdem die Versicherungsnehmerin seit 2014 an einer schweren depressiven Episode litt und insbesondere die spontanen Reisen sie sehr belasteten, lag zunächst seit Ende 2014 eine Arbeitsunfähigkeit vor. Ein stationärer Aufenthalt folgte. Die Versicherte konnte ihren bisherigen Beruf in diesem Umfang mit der vorliegenden Krankheit nicht mehr ausüben. Deshalb entschied sie sich, einen Antrag auf Leistung wegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit bei der Generali Lebensversicherung AG zu stellen.
Depressionen und Angststörungen
Bei der Versicherungsnehmerin wurde eine schwere Depression und eine Angststörung diagnostiziert. Diese äußerten sich bei ihr in ausgeprägten Symptomatiken. Die Versicherungsnehmerin litt unter einer für sie ungewöhnlichen stark gedrückten Stimmung, die täglich und anhaltend auftrat. Es fehlte der Versicherten an Energie. Tätigkeiten, die ihr bisher Freude machten, wichen einer Interessen- und Antriebslosigkeit.
Zudem wurde ein mangelndes Selbstvertrauen, welches von Schuldgefühlen begleitet wurde, deutlich. Es stellte sich auch ein nachweislich vermindertes Denk- und Konzentrationsvermögen ein. Begleitet wurden diese Symptome von erheblichen Schlafstörungen. Auch die medizinischen Sachverständigen stimmten dahingehend überein, dass die Versicherte an einer schweren depressiven Episode litt.
Zusätzlich litt die Versicherungsnehmerin an Innenohrschwierigkeiten, einem Tinnitus, Schwindel, einer Schmerzstörung sowie einem psychosomatischen Syndrom. Das machte eine Berufsausübung für die Versicherungsnehmerin unmöglich.
Sodann wurde bei der Generali Lebensversicherung AG ein Leistungsantrag eingereicht. In der daraufhin folgenden Leistungsprüfung wurde das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit durch die Versicherung verneint (siehe dazu auch: Wann liegt eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor).
Die Versicherungsnehmerin entschied sich daraufhin die Unterstützung der Fachanwälte für Versicherungsrecht der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte aus Hamburg in Anspruch zu nehmen. Die Fachanwälte der Kanzlei sind auf Streitigkeiten mit Berufsunfähigkeitsversicherungen spezialisiert und begleiten Versicherten durch alle Stadien eines Berufsunfähigkeitsverfahrens.
Gerichtliches Verfahren
Nach zunächst außergerichtlicher Geltendmachung der Ansprüche der Versicherungsnehmerin erkannte die Generali Lebensversicherung AG die Leistung weiterhin nicht an. Die Versicherung lehnte ihre Leistungsverpflichtung kategorisch ab. Folglich entschied sich die Versicherungsnehmerin gegen die Versicherung Klage vor dem Landgericht Hanau zu erheben.
Das Landgericht Hanau gab der Versicherungsnehmerin Recht und verurteilte die Generali Lebensversicherung AG zur Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente sowie zur Freistellung hinsichtlich der zukünftigen Beiträge. Weiterhin steht der Versicherungsnehmerin ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der zu viel gezahlten Beiträge sowie ein Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten zu. Der Bericht zum erstinstanzlichen Verfahren vor dem LG Hanau ist hier nachzulesen.
Erfolgreich im Berufungsverfahren
Die Generali Lebensversicherung AG legte gegen das Urteil des LG Hanau Berufung ein, sodass sich in der nächsthöheren Instanz das OLG Frankfurt mit der Sache zu befassen hatte. Die Versicherung bestritt insbesondere die berufliche Tätigkeit der Versicherungsnehmerin sowie das Vorliegen einer schweren depressiven Episode. Weiterhin rügte die Versicherung die – vermeintlich – „unzureichenden“ Sachverständigengutachten.
Dem erteilte das OLG Frankfurt (Urteil v. 18.01.2023, AZ 3 U 87/22), wie schon das LG Hanau als Vorinstanz, eine Absage. Das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen wurde dem OLG nach mehr als ausführlich dargelegt. Die Darlegungen seien zudem schlüssig und widerspruchsfrei.
Die Einwände des Versicherers vermochten das OLG nicht zu überzeugen. Wie die vorherige Instanz bereits richtigerweise festgestellt habe, bestehe für den Versicherer zweifelsohne eine Leistungsverpflichtung. Diese Leistungspflicht bestehe auch schon seit dem Zeitpunkt, an welchem erstmalig eine Depression diagnostiziert wurde. Das OLG Frankfurt stimmte den rechtlichen Erwägungen der ersten Instanz vollumfänglich zu und bestätigte damit das Urteil.
Hilfe von Spezialisten zur Berufsunfähigkeit
Der vorliegende BU-Fall zeigt, dass es sinnvoll ist, sich im Bereich der Berufsunfähigkeit stets und auch von Anfang in die Hände versierter Rechtsanwälte zu begeben, die im Versicherungsrecht praktisch ausgebildet sind. Nur die Erfahrung aus der Praxis führt zu guten und adäquaten Ergebnissen, da die rechtlichen Fallstricke im Bereich des Berufsunfähigkeitsrechts kaum überschaubar sind und nur die tägliche Praxis im Bereich von BU-Leistungsfällen eine entsprechende Kenntnis und Expertise sichert.