Innovatorenquote im Mittelstand sinkt auf 40 Prozent

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Der Anteil der innovativen Unternehmen im deutschen Mittelstand beläuft sich aktuell auf 40 Prozent, wie der neue KfW-Innovationsbericht von KfW Research zeigt. Damit haben in den zurückliegenden drei Jahren 2019-2021 insgesamt 1,5 Millionen Mittelständler mindestens eine Innovation hervorgebracht. In der Vorperiode 2018-2020 hatte der Innovatorenanteil bei 42 Prozent gelegen.

Es zeigt sich folglich, dass die Innovationsaktivitäten der kleinen und mittleren Unternehmen nach einem kurzen Boom zu Beginn der Pandemie im zweiten Coronajahr wieder nachgelassen haben. Neben dem schwierigen Konjunkturumfeld dürfte ein wesentlicher Grund dafür gewesen sein, dass vielen Firmen mit zunehmender Krisendauer die finanziellen Mittel für die Durchführung von Innovationsaktivitäten gefehlt haben.

Die Innovationsausgaben im Mittelstand erreichen im Jahr 2021 insgesamt 33,9 Mrd. Euro und haben sich damit gegenüber dem Vorjahr stabil entwickelt (2020: 33,7 Mrd. Euro). Gleichzeitig setzt sich ein seit Jahren anhaltender Konzentrationsprozess fort: Immer weniger und vor allem größere Unternehmen investieren in innovative Produkte oder Prozesse. Die Gruppe der großen Mittelständler mit mehr als 50 Beschäftigten – das sind 2 Prozent der insgesamt 3,8 Mio. mittelständischen Unternehmen in Deutschland – tätigt mit 18,5 Mrd. Euro mehr als die Hälfte aller Innovationsausgaben des Mittelstands.

Verbreitung und Anpassung neuer Technologien und Methoden

Schaut man auf die verschiedenen Arten von Innovationen, so zeigt sich, dass sich die Prozessinnovatorenquote mit 34 Prozent stabil entwickelt hat, während die Produktinnovatorenquote um 4 Prozentpunkte auf 28 Prozent zurückgegangen ist. Bei der Mehrzahl der hervorgebrachten Produktinnovationen handelt es sich um Weiterentwicklungen oder Imitationsinnovationen.

Nur jeder 14. mittelständische Produktinnovator bringt eine Marktneuheit hervor. Die Innovationsaktivitäten im Mittelstand zielen überwiegend auf die Verbreitung und Anpassung neuer Technologien und Methoden ab, wie beispielsweise an Kundenwünsche oder spezifische Einsatzfelder. Eigene Forschung und Entwicklung betreiben kleine und mittlere Unternehmen nur selten (8 Prozent beziehungsweise 300.000 Unternehmen).

Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil innovativer Unternehmen in allen Unternehmensgrößenklassen zumindest geringfügig zurückgegangen. Der Anteil innovativer Unternehmen steigt mit zunehmender Unternehmensgröße. Mit aktuell 72 Prozent liegt die Innovatorenquote bei den Unternehmen über 50 Beschäftigten deutlich höher als bei den kleinen Unternehmen (unter 5 Beschäftigte) mit 37 Prozent. Kleine Unternehmen verfügen über weniger Ressourcen und über eine kleinere Marktabdeckung. Dies erschwert das Hervorbringen von Innovationen und schmälert die Gewinne, die kleine Unternehmen aus Innovationen erzielen können.

Innovationen als Treiber des Wirtschaftswachstums

„Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sind Innovationen entscheidende Triebfedern für Wirtschaftswachstum und Produktivitätsentwicklung. Gerade Deutschland als Land ohne wesentliche, eigene Rohstoffvorkommen muss auf zentralen wirtschaftlichen Feldern seinen technologischen Vorsprung sichern und ausbauen, um Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand auch in Zukunft zu gewährleisten“, sagt. Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW.

Neben der wieder gesunkenen Innovatorenquote unterstreiche deshalb auch die Nachricht, dass in den vergangenen 15 Jahren in nahezu allen Segmenten des Mittelstands die Betroffenheit von Innovationshemmnissen zugenommen hat, die Dringlichkeit strukturelle Herausforderungen jetzt anzugehen: Kompetenz- sowie finanzierungsbezogene Hemmnisse rangieren auf den vorderen Positionen. Am häufigsten bremsen der Mangel an Fachkräften und hohe Innovationskosten.

Fachkräfte sind zentral für Innovationen

„Die Linderung des Fachkräftemangels ist eine zentrale Stellschraube für mehr Innovationen im Mittelstand. Alle Maßnahmen, die das Angebot an qualifizierten Mitarbeitenden auf dem deutschen Arbeitsmarkt erhöhen, stellen indirekt auch Innovationsfördermaßnahmen dar – von Maßnahmen im schulischen Bereich über die berufliche und akademische Aus- und Weiterbildung bis hin zur Mobilisierung des inländischen Arbeitskräfteangebots und der Migrationspolitik“, so Köhler-Geib.

Ein Ausbau der finanziellen Förderung sei insbesondere für die Zielgruppe der innovationsorientierten mittelständischen Unternehmen ohne eigene Forschung und Entwicklung vielversprechend. Vor allem diese Unternehmen waren zuletzt zunehmend mit Innovationshemmnissen konfrontiert. Gleichzeitig nahm ihr Anteil an der Innovationsförderung überproportional ab, sodass sie aktuell im Vergleich zu ihrem Beitrag zum mittelständischen Innovationssystem deutlich unterrepräsentiert sind.

„Empfehlenswert ist zudem eine Stärkung der Innovationskompetenz durch eine Verbesserung der Strategiefähigkeit im Mittelstand. Viele kleine Unternehmen mit gut etablierten, jedoch wenig innovativen Geschäftsmodellen widmen dem Aspekt der strategischen Weiterentwicklung des Unternehmens wenig Aufmerksamkeit, da das Tagesgeschäft vorgeht. Hierfür Aufmerksamkeit zu schaffen, ist ein zentraler Ansatzpunkt.“

Der aktuelle KfW-Innovationsbericht ist abrufbar unter: www.kfw.de/innovationsbericht

Zum Datenhintergrund

Der KfW-Innovationsbericht basiert auf den Daten der Hauptbefragung des KfW-Mittelstandspanels vom 10.2. bis 17.6.2022 zur Innovationstätigkeit. Die Angaben sind repräsentativ für die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland mit max. 500 Mio. Euro Jahresumsatz ist. Im Jahr 2018 hat die OECD die Innovationsdefinition geändert.

Neben technischen zählen nun auch organisatorische und Marketinginnovationen als Produkt- beziehungsweise Prozessinnovationen. Im KfW-Mittelstandspanel wird diese Definition seit der Erhebung des Jahres 2021 erstmalig berücksichtigt, sodass der aktuelle KfW-Innovationsbericht vergleichbare Daten auf Basis der neuen OECD-Definition für die Perioden 2018-2020 und 2019-2021 bietet.