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Auch wenn die deutsche Wirtschaft über den kompletten Verlauf von 2023 in etwa stagnieren dürfte, wird die BIP-Realwachstumsrate für das Gesamtjahr 2023 leicht negativ sein. In der aktuellen Herbstprognose erwartet KfW Research, dass das BIP in diesem Jahr um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr schrumpft (Vorprognose bestätigt).
Für die Erwartungen von KfW Research sind zwei statistische Effekte ausschlaggebend: Zum einen der aus dem deutlichen Rückgang des BIP im Schlussquartal 2022 resultierende statistische Unterhang, der das diesjährige Wirtschaftswachstum von einem Niveau aus starten ließ, das um 0,2 Prozent niedriger ist als der Durchschnitt über alle vier Quartale von 2022. Dieser Rückstand hätte zunächst aufgeholt werden müssen, bevor 2023 im Gesamtjahresvergleich überhaupt ein Wachstum erzielt wird. Zudem stehen 2023 zur Erwirtschaftung des BIP zwei Arbeitstage weniger zur Verfügung als 2022, was als negativer Kalendereffekt das Jahreswachstum allein bereits um rund 0,2 Prozentpunkte schmälert.
2024 dürfte die deutsche Wirtschaft dann zu einem moderaten Realwachstum zurückkehren, mit leicht anziehenden Quartalsraten ab dem Frühjahr. Vor allem eine Wiederbelebung der privaten Kaufkraft, die den Konsum im Jahresverlauf anschieben wird, stützt die Konjunktur. Die Konsumerholung wird allerdings etwas später einsetzen als noch im Sommer angenommen – KfW Research revidiert daher die BIP-Prognose für 2024 etwas nach unten auf 0,6 Prozent (Vorprognose: +0,8 Prozent).
Hinter der zurückkehrenden Kaufkraft stehen anziehende Nominallöhne und eine deutlich rückläufige Teuerung: KfW Research erwartet, dass sich die deutsche Inflationsrate (HVPI) von 6,1 Prozent in Jahr 2023 auf 2,5 Prozent im Jahr 2024 verlangsamen wird.
"Steigende Reallöhne bei gut stabiler Beschäftigung lassen die Lohnsumme auch in realer Rechnung 2024 spürbar steigen und bescheren den Privathaushalten einen Zuwachs an Kaufkraft, den sie für den Konsum verwenden können. Die Rückkehr zu einem konsumgestützten, wenigstens moderaten Wachstum ist immerhin ein erster Silberstreif am Horizont angesichts der zahlreichen Krisen und großen Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW.
Die mittel- und langfristig wohl größte dieser Herausforderungen ist der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft hin zu CO2-Neutralität, denn der klimapolitische Handlungsdruck bleibt unverändert hoch. Nach unserem Ende 2022 neu eingeführten Indikator, dem Ökologischen Preisschild für das BIP, impliziert die aktuelle Konjunkturprognose, dass der Ausstoß von Treibhausgasen im laufenden und kommenden Jahr um jeweils rund 5 Prozent höher sein wird, als es dem interpolierten Zielpfad einer Einsparung von 65 Prozent bis 2030 gegenüber dem Niveau von 1990 entspricht.
Der geldpolitisch induzierte Zinsanstieg und die eingetrübten Geschäftserwartungen lasten zwar auf den Unternehmensinvestitionen. Gleichwohl werden sie in diesem wie auch im kommenden Jahr wachsen. Gerade bei Energiewende, Klimaneutralität und Digitalisierung existieren drängende Investitionsbedarfe, die nun verstärkt angegangen werden können, nachdem die vormals von Störungen in den Wertschöpfungsketten blockierten Investitionsgüterhersteller nun wieder ausreichend lieferfähig sind. Bei den Bauinvestitionen ist hingegen mit weiteren Rückgängen zu rechnen, vor allem im Wohnbau, denn hier schlagen die durch die Zinswende der Europäischen Zentralbank stark erhöhten Finanzierungskosten besonders ein.
Aussichten für die Eurozone
Für die Eurozone erwartet KfW Research ein BIP-Realwachstum von 0,5 Prozent im laufenden Jahr (Vorprognose: +0,7 Prozent) und 0,8 Prozent im kommenden Jahr (Vorprognose +1,0 Prozent). Die Inflationsraten (HVPI) werden dort voraussichtlich bei 5,5 Prozent im Jahr 2023 und bei 2,3 Prozent im Jahr 2024 liegen. Wie in Deutschland sind auch in der Eurozone insgesamt Reallohnsteigerungen in Verbindung mit einer stabilen Beschäftigungslage der Schlüssel für einen Konsumimpuls, der sich mit der weiter sinkenden Inflation entfalten wird.
Neben geopolitischen und geoökonomischen Risiken im Zusammenhang mit Russlands Invasion in der Ukraine, dem Nahostkonflikt sowie den Spannungen zwischen China und Taiwan gehören Engpässe und abrupte Preissteigerungen an den Energiemärkten weiterhin zu den größten Risiken der Konjunkturprognose.
Unwägbarkeiten bestehen außerdem über die Auswirkungen der geldpolitischen Straffung. "Es gibt allerdings auch Chancen auf eine besser als erwartete Konjunkturentwicklung. Wenn die Inflation weltweit schneller als erwartet zurückgeht, und damit auch die Zinsen früher sinken können, wird gerade die Konjunktur in Deutschland davon profitieren. Denn Deutschland ist im Handel auf die Produktion hochwertiger Investitionsgüter spezialisiert", fügt Köhler-Geib hinzu.