Die AOK-Gemeinschaft schließt das erste Halbjahr 2022 mit einem Defizit von 98 Millionen Euro ab. Bei den Leistungsausgaben je Versicherten ist ein Anstieg von 4,7 Prozent zu verzeichnen.
Angesichts immer weiter steigender Ausgaben sei auch im weiteren Verlauf des Jahres keine Entspannung der Finanzlage in Sicht, betont die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, anlässlich der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen: "Das aktuelle Ergebnis bestätigt unsere Befürchtungen. Die Gesetzliche Krankenversicherung wird 2023 in schweres Fahrwasser kommen. Mit dem sogenannten GKV-Finanzierungsstabilisierungsgesetz werden die größten Löcher nur notdürftig und kurzfristig gestopft - vor allem zu Lasten der Beitragszahlenden. Von einer wirklichen und nachhaltigen Stabilisierung kann aber angesichts der großen Herausforderungen für die GKV überhaupt keine Rede sein."
Kritik am GKV-Finanzstabilisierungsgesetz
Reimann kritisierte in diesem Zusammenhang vor allem den mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz geplanten erneuten Zugriff auf die verbliebenen Rücklagen der Kassen. Damit verletze der Gesetzgeber die organisatorische und finanzielle Autonomie der Kassen und verstoße gegen verfassungsrechtliche Vorgaben.
"Wenn jetzt nochmals auf die letzten Reserven zugegriffen wird, droht bei vielen Kassen eine Unterschreitung der Mindestrücklage von 0,2 Monatsausgaben", so Reimann.
Der Zugriff auf die Reserven der gesetzlichen Krankenkassen habe die AOK-Gemeinschaft schon im vergangenen Jahr mit rund 4,2 Milliarden Euro belastet, für die GKV insgesamt waren es acht Milliarden Euro. Bei einem weiteren Anstieg der Ausgaben könnte die Wegnahme der letzten Reserven unkalkulierbare Risiken für die gesetzlichen Krankenkassen auslösen. "Die Folge sind deutlich steigende Zusatzbeiträge, die die Beitragszahlenden und Unternehmen zusätzlich zu den steigenden Energie- und Verbraucherpreisen belasten", so die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. Auch die Insolvenz einzelner Kassen sei nicht ausgeschlossen.
Reimann erneuerte die AOK-Forderungen nach den im Koalitionsvertrag vorgesehenen höheren Beiträgen für die Versorgung der ALG-II-Beziehenden, einer Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf 7 Prozent und nach weiteren Maßnahmen zur Senkung der Ausgaben. "Wir hoffen, dass im Bundesrat und in den Beratungen im Deutschen Bundestag noch die dringend notwendigen Nachbesserungen am Gesetz erfolgen."
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