Bausparkassen dürfen für die Verwaltung der Bausparkonten kein Jahresentgelt verlangen – auch nicht in der Sparphase. Das hat das Oberlandesgericht Celle nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die BHW Bausparkasse entschieden und die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Dieser hatte zuvor bereits Kontoführungsgebühren für Bauspardarlehen für unwirksam erklärt.
Viele Bausparkassen verlangen bis zur Zuteilung des Bausparvertrags jedes Jahr Kontogebühren, Jahresentgelte oder sogenannte Servicepauschalen. Diese Praxis könnte und sollte nun in letzter Instanz vom Bundesgerichtshof auf den Prüfstand gestellt werden, so David Bode, Rechtsreferent beim vzbv.
BHW verlangte jährlich 12 Euro pro Bausparkonto
In ihren Tarifbedingungen hatte die BHW für jedes Bausparkonto ein Jahresentgelt von zwölf Euro erhoben. Die Gebühr rechtfertigte die Bausparkasse damit, dass sie das Bausparkollektiv steuern und die einzelnen Bausparverträge laufend bewerten müsse, um Kund*innen den Rechtsanspruch auf ein Bauspardarlehen zu verschaffen.
Kontoverwaltung ist keine Sonderleistung
Das Oberlandesgericht Celle schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass das Jahresentgelt die Bausparer*innen unangemessen benachteiligt und unzulässig ist. Damit bestätigte das Gericht das Urteil des Landgerichts Hannover in erster Instanz.
Ein Entgelt für die Kontoführung in der Ansparphase widerspreche dem gesetzlichen Leitbild eines Bausparvertrages. In dieser Phase sei der Bausparkunde der Darlehensgeber, der nach der gesetzlichen Regelung kein Entgelt für die Hingabe des Darlehens schulde. Die Bausparkasse verwalte die Bausparkonten zudem im eigenen Interesse. Bausparer erhielten durch die Verwaltungstätigkeiten keinen besonderen Vorteil, sondern nur das, was sie nach dem Vertrag und den gesetzlichen Bestimmungen ohnehin erwarten dürfen. Auch das Bausparkollektiv habe durch das Jahresentgelt keinen Vorteil. Das Geld fließe nicht in die Zuteilungsmasse, sondern stelle eine Ertragsposition dar, die das Jahresergebnis der Bausparkasse erhöht.
Mehrere Gerichte lehnen Kontogebühr ab
Das Urteil ist ein weiterer juristischer Erfolg der Verbraucherschützer*innen zum Thema Bausparen. Erstmals hat nun ein Oberlandesgericht entschieden, dass Entgelte für die Kontoverwaltung in der Sparphase generell unwirksam sind, nicht nur deren nachträgliche Einführung.
Zuvor hatte der Bundesgerichtshof 2017 nach einer Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen entschieden, dass Kontoführungsgebühren für Bauspardarlehen in der Darlehensphase unzulässig sind (Az. XI ZR 308/15). Das Oberlandesgericht Koblenz wiederum gab 2019 einer Klage der Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Debeka Bausparkasse statt (Az. 2 U 1/19). Diese hatte nachträglich eine „Servicepauschale“ von zwölf und 24 Euro pro Jahr während der Ansparphase eingeführt. 2018 war der vzbv beim Landgericht Hannover erfolgreich gegen die Landesbausparkasse Nord vorgegangen – das Geldinstitut hatte versucht, über eine Änderung der Vertragsbedingungen ein Jahresentgelt von 18 Euro zu berechnen (Az. 74 O 19/18).
Revision beim Bundesgerichtshof zugelassen
Das OLG Celle hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits die Revision beim Bundesgerichtshof zugelassen. Der vzbv würde es begrüßen, wenn die Bausparkasse damit den Weg zu einem Grundsatzurteil freimacht. "Eine BGH-Entscheidung würde Rechtssicherheit auch für Kund*innen anderer Bausparkassen bringen und viele weitere Klagen überflüssig machen“, sagt David Bode.
Urteil des OLG Celle vom 17.11.2021, Az. 2 U 1/19 – nicht rechtskräftig
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