Verjährung von Darlehen und Schenkung im Steuerrecht und bei Insolvenz

Der Bundesfinanzhof entschied durch Beschluss vom 09.02.2015 (Az. I B 32/14), dass das „Verjähren lassen“ von Forderungen mit anschließender Ausbuchung bei einer Kapitalgesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu versteuern ist. Nach Auffassung des Gerichts hätte ein ordentlicher Geschäftsleiter dafür Sorge getragen, dass keine Verjährung der Forderung gegenüber einer nahestehenden Person eingetreten wäre. Nahestehend können nicht nur Verwandte sein, sondern beispielsweise auch langjährige Kunden, Freunde und Bekannte.

(PDF)
sanduhr-anzugtareger-uhrkopf-45299083-fo-brian-jacksonsanduhr-anzugtareger-uhrkopf-45299083-fo-brian-jackson
cms.znaor.x *von Dr. Johannes Fiala, RA

Bei der vGA wird (fiktiv) unterstellt, dass die Forderung wie Gewinn ausgeschüttet wurde, um dann diesen tatsächlich nicht erfolgten Geldfluss zu besteuern. Dabei handelt es sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofes (BGH) eigentlich nur um einen Aktivtausch in der Bilanz, denn der Geschäftsführer haftet der Gesellschaft für das Fristversäumnis im Rahmen der sogenannten Managerhaftung auf entsprechende Regresszahlung.

Verdeckte Gewinnausschüttung oder verdeckte Einlage

Ähnlich der vGA funktioniert die verdeckte Einlage – nur eben wirtschaftlich umgekehrt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Geschäftsleiter auf seine Pensionszusage verzichtet, weil das Unternehmen verkauft werden soll oder eine Sanierung ansteht. Dann wird beim Unternehmen die Pensionsrückstellung aufgelöst und dies mehr oder weniger durch eine verdeckte Einlage in Höhe der Wiederbeschaffungskosten (Teilwert) kompensiert.

Beim Gesellschafter führt dies zu einem (fiktiven) Zufluss wie Arbeitslohn in Höhe des Teilwertes, also abermals zur Steuerzahlung ohne Geldfluss, denn eine Abfindungszahlung liegt nicht vor, §§ 19, 34 EStG. In Höhe des Teilwertes entstehen für den Gesellschafter nachträgliche Anschaffungskosten, die zu 60 Prozent später – etwa bei Liquidation zur Schadensminderung - steuerlich abgesetzt werden können, § 3 EStG. Solche steuerlichen Folgen beruhen meist auf Unkenntnis des Beraters, etwa wenn eine Pensionszusage fachlich fehlerhaft von einer Gesellschaft auf eine andere übertragen wird.

Verjähren lassen von Forderungen

cms.ckjwh.x * und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, , Sachverständiger für Versicherungsmathematik

Nach seiner Promotion im Steuerstrafrecht ließ sich ein Staatsanwalt bestechen, indem er ein Darlehen entgegen nahm. Für den Darlehensnehmer erscheint dies als steuerfrei – in Wirklichkeit war das Darlehen ein Scheingeschäft gewesen, mit voller Steuerpflicht beim Geldzufluss, § 11 EStG. Üblich ist es, auch solche „privaten“ Darlehen gegebenenfalls einfach verjähren zu lassen, wie auch beispielsweise (gesetzlich oder vertraglich vorbehaltene) Rückforderungsansprüche betreffend vormalige Schenkungen.

Darlehen in Verbindung mit einem Kaufvertrag verjähren regelmäßig binnen dreier Jahre zum Jahresende – allerdings tritt ab Verzug der Rückzahlung eine bis zu 10-jährige Hemmung ein, § 497 Abs. 3 S. 3 BGB. Nur bei Darlehen als Unterhalt oder zur Ausbildung, auf die verzichtet wird, ohne weiter hinzutretendes Erbe, tritt eine sachliche Steuerbefreiung ein, § 13 ErbStG.

Werden echte Schenkungen dem Finanzamt gemeldet, kann der Steuerfalloffen gehalten werden, wenn eine Auflage oder ein Vorbehalt vereinbart ist oder eine Rückforderung möglich bleibt. Ist die vertragliche Regelung zunächst lückenhaft, kann Schenkungsteuer abermals anfallen – also bei der Rückübertragung bzw. Rückforderung.

Ein steuerlicher Berater aus Baden-Württemberg riet seinem Mandanten zu einer Pensionszusage mit Verpfändung einer Forderung aus Gesellschafterdarlehen als Sicherheit. Später erschien der Betriebsprüfer, als bereits ein Insolvenzverwalter das Regiment übernommen hatte, und glaubte rechtsirrig, dass ohne Zahlungsvorgang bei der seit Insolvenzeröffnung fälligen Pension und mangels Masse diesbezüglich keine Abgaben anfallen.

Auch unentgeltliche Verträge können zur Steuerpflicht führen

Unentgeltlich sind insbesondere der Auftrag, die Schenkung, sowie die Leihe. So kann man anstatt eines Wohnrechts in notarieller Form auch eine Leihe formfrei vereinbart werden (BGHZ 82, 354). Soweit eine Bereicherung den alle 10 Jahre neu entstehenden Freibetrag von mindestens 20.000 Euro übersteigt, tritt Schenkungssteuerpflicht ein. Bei Leibgeding, Hofübergabe und Altenteil ist dies als vorweggenommene Erbfolge gleichlaufend der Fall, wobei etwaige Gegenleistungen zum Teilwert steuermindernd abgezogen werden können.

Wird bei einem typischerweise entgeltlichen Vertrag die Gegenleistung abbedungen, also beispielsweise ein zinsloses Darlehen überlassen, so handelt es sich um eine „freigiebige Zuwendung“ (BFH, Urteil vom 27.11.2013, Az. II R 25/12) nach § 7 I 1 ErbStG, also eine Schenkung in Höhe des für Darlehen bei Ausreichung üblichen Marktzinses – der § 15 BewG legt 5,5 Prozent zugrunde.

Dem gegenüber wäre in angemessener Höhe bezahlter Unterhalt beispielsweise für einen nichtehelichen oder geschiedenen Partner häufig steuerfrei – oder beim Unterhaltsschuldner steuerlich absetzbar, und beim Empfänger damit auch zu versteuern.

Zu preiswerte Verträge mindern den Abzug von Werbungskosten

Wird zu weniger als 2/3 der Marktmiete an einen Angehörigen (einschließlich die eigene Gesellschaft) vermietet, so werden die Werbungskosten anteilig gekürzt. Bei Einrichtungsgegenständen wird der übliche Preis durch Verteilung der Anschaffungskosten etwa auf 10 Jahre ermittelt, zuzüglich 4 Prozent Eigenkapitalzins p.a. (FG Niedersachsen, Urteil vom 07.12.2010, Az. 3 K 251/08).

Doppelte Schenkung- oder Erbschaftsteuer?

Gelegentlich wurde Vermögen unentgeltlich Jahrzehnte vor dem Tode übertragen, und versteuert. Kann der Beschenkte keinen Steuerbescheid mit Zahlungsbeleg mehr vorweisen, könnte es zur (faktisch) doppelten Besteuerung kommen. Das Finanzamt hat für die Steuerfestsetzung vier Jahre Zeit, gerechnet ab dem Ende des Jahres in dem das Ereignis eintritt, bis Verjährung eintritt. Ereignis wäre die Kenntnis des Finanzamtes von einer Schenkung, der Tod des Schenkers, sowie die Eröffnung des Testamentes beim Nachlassgericht, § 170 V Abgabenordnung (AO). Bei einer Schenkung entsteht der Steueranspruch im Zeitpunkt der Zuwendung, § 9 I 2 ErbStG, so dass auch noch 0,5 Prozent p. M. als Zinsen hinzukommen können. Bei Hinterziehung beträgt die Anfechtungsfrist allerdings 10 Jahre.

Strafrechtlich beginnt die Verjährung sobald vier Monate lang keine Anzeige der Vermögensübertragung beim zuständigen Finanzamt erfolgt ist, § 30 I ErbStG (BGH, vom 25.07.2011, 1 StR 631/10). Die strafrechtliche Verjährung beträgt fünf Jahre, und nur dann 10 Jahre wenn ein Wert von über 100.000 Euro bzw. eine Steuerverkürzung von über 50.000 Euro vorliegt (BGH, vom 02.12.2008, 1 StR 416/08). Auch das Verschweigen einer Vorschenkung, für die noch Steuer festgesetzt werden könnte, führt zur Strafbarkeit (BGH, vom 10.02.2015, 1 StR 405/14).

Rückabwicklung durch Anfechtung?

Kommt es später durch einen Gläubiger oder den Insolvenzverwalter zur Anfechtung, so bleibt die ursprüngliche Schenkung bestehen und es ist rückabzuwickeln, beispielsweise durch Rückabtretung, oder etwa Herausgabe (BGH, Urteil vom 21.09.2006, Az. IX ZR 235/04). Dabei ist auch das nicht rechtzeitige Unterbrechen der Verjährung bei einer Forderung anfechtbar als Unterlassung, § 129 InsO, § 1 AnfG. Gleichgestellt ist der Verzicht auf eine Einrede oder das Unterlassen einer Irrtumsanfechtung.

Die vierjährige Frist zur Schenkungsanfechtung wäre durch Rückdatierung aushebelbar, sofern nicht ein Sachverständiger das Alter einer Urkunde bestimmt. Nicht anfechtbar wäre hingegen die Nichtannahme einer Schenkung, der Verzicht auf ein Vermächtnis oder die Erbausschlagung, sowie die Nichtgeltendmachung von Pflichtteils- und Zugewinnansprüchen, denn dabei handelt es sich um höchstpersönliche Rechte, die niemand anderes geltend machen kann.

*von Dr. Johannes Fiala, RA (München), RB, VB, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (www.fiala.de)

und

Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de).

Bild: © Brian Jackson / fotolia.com (2) © Fiala (3) © Schramm

(PDF)

LESEN SIE AUCH

selective focus of excited businessman showing win gesture near advocate and prosecutor in courtselective focus of excited businessman showing win gesture near advocate and prosecutor in courtLIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com
Recht

Leere Hoffnung: Begünstigung durch Bezugsrecht in der Lebensversicherung

Das Bezugsrecht regelt, wem im Versicherungsfall die vereinbarte Leistung zusteht. Warum trotz Bezugsrecht im Zweifel jemand ganz anderes Begünstigter werden kann, erklären RA Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm.
BFH: Keine Pflicht zur Kostenbeteiligung bei Ein-Personen-Haushalt im Rahmen der doppelten Haushaltsführung – eine wichtige Klarstellung für Steuerpflichtige.BFH: Keine Pflicht zur Kostenbeteiligung bei Ein-Personen-Haushalt im Rahmen der doppelten Haushaltsführung – eine wichtige Klarstellung für Steuerpflichtige.ADOBE
Steuern

Doppelte Haushaltsführung: BFH konkretisiert Anforderungen an eigenen Hausstand bei Ein-Personen-Haushalten

Der Bundesfinanzhof hat die steuerliche Anerkennung der doppelten Haushaltsführung präzisiert: Bei einem Ein-Personen-Haushalt ist keine finanzielle Beteiligung an den Lebenshaltungskosten erforderlich. Das Urteil stärkt insbesondere junge Berufstätige, die im elterlichen Haus wohnen und aus beruflichen Gründen eine Zweitunterkunft benötigen.
Heute weiß Max: Mit einer frühzeitigen Steuerberatung hätte er Tausende Euro einsparen können.Heute weiß Max: Mit einer frühzeitigen Steuerberatung hätte er Tausende Euro einsparen können.Foto: Adobestock
Steuern

Immobilienkauf und Steuerfallen: Max Pfefferminz‘ Erfahrung mit anschaffungsnahen Herstellungskosten

Max Pfefferminz* war ein vorausschauender Investor. Am 15. März 2022 unterzeichnete er den Kaufvertrag für eine vermietete Eigentumswohnung in Rostock.
Anzugtraeger-erschoepft-Kaffee-Laptop-105098129-FO-Romario-IenAnzugtraeger-erschoepft-Kaffee-Laptop-105098129-FO-Romario-IenRomario Ien / fotolia.com (2) © Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala
Recht

Alternativen zum Lohnersatz: Unterhalt, Haushaltsführungsschaden, Mobbingschaden

Wer infolge eines fremdverschuldeten Gesundheitsschadens in der Erwerbsfähigkeit gemindert ist, erhält dafür Schadenersatz, der zu versteuern ist, da er Erwerbseinkommen ersetzt.

Unsere Themen im Überblick

Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe aus zentralen Bereichen der Branche.

Themenwelt

Praxisnahe Beiträge zu zentralen Themen rund um Vorsorge, Sicherheit und Alltag.

Wirtschaft

Analysen, Meldungen und Hintergründe zu nationalen und internationalen Wirtschaftsthemen.

Management

Strategien, Tools und Trends für erfolgreiche Unternehmensführung.

Recht

Wichtige Urteile, Gesetzesänderungen und rechtliche Hintergründe im Überblick.

Finanzen

Neuigkeiten zu Märkten, Unternehmen und Produkten aus der Finanzwelt.

Assekuranz

Aktuelle Entwicklungen, Produkte und Unternehmensnews aus der Versicherungsbranche.

Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk

Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.

"Viele Eltern unterschätzen die finanziellen Folgen, wenn ihr Kind berufsunfähig wird."
Ausgabe 10/25

"Viele Eltern unterschätzen die finanziellen Folgen, wenn ihr Kind berufsunfähig wird."

Jens Göhner, Leiter Produktmanagement der Stuttgarter
"Unabhängigkeit hat viele Gesichter"
Ausgabe 07/25

"Unabhängigkeit hat viele Gesichter"

Was bedeutet Unabhängigkeit im Versicherungsvertrieb wirklich?
"Das Gesamtpaket muss stimmen"
Ausgabe 05/25

"Das Gesamtpaket muss stimmen"

Bernd Einmold & Sascha Bassir
Kostenlos

Alle Ausgaben entdecken

Blättern Sie durch unser digitales Archiv im Kiosk und lesen Sie alle bisherigen Ausgaben des ExpertenReports. Zur Kiosk-Übersicht